Führung:Toben, labern, mauscheln

Ein cholerischer Chef ist eine echte Herausforderung für die Mitarbeiter

Ihr Chef ist ein Choleriker? Bei verbalen Totalausfällen ist es wichtig, Grenzen zu ziehen.

(Foto: iStockphoto)

Manche Vorgesetzte machen ihren Mitarbeitern das Leben zur Hölle. Die sechs häufigsten Führungsfehler - und wie Arbeitnehmer damit umgehen können, ohne zu verzweifeln oder um ihren Job fürchten zu müssen.

Von Bettina Levecke/dpa

Niemand will Ärger mit dem Chef. Doch manch einer raubt Mitarbeitern den letzten Nerv. Lässt das Verhalten des Vorgesetzten zu wünschen übrig, ist die richtige Ansprache entscheidend. Experten erklären, wie man Veränderungen erreicht, ohne den Arbeitsplatz zu gefährden.

Der Chef flippt aus. Ein cholerischer Vorgesetzter kann für Mitarbeiter die Hölle sein - besonders, wenn sich die Wut gegen einzelne Personen richtet. Sie sollten versuchen, das Verhalten nicht persönlich zu nehmen. "Machen Sie sich klar: Der ist so, und das hat nichts mit mir zu tun", sagt Michael Rossié, Kommunikationstrainer aus Gräfelfing bei München. Gelingt das Prinzip "links rein, rechts raus" nicht, etwa weil der Wutausbruch sehr heftig ist, suchen Arbeitnehmer am besten das Gespräch.

Rossié empfiehlt, die Widerworte in ein Hilfsangebot zu verpacken: "Lieber Chef, Sie haben sich gestern furchtbar aufgeregt, das hat mich sehr erschreckt. Kann ich etwas tun, damit so etwas nicht wieder passiert?" Bei verbalen Totalausfällen ist es wichtig, Grenzen zu ziehen. "Sagen Sie freundlich, dass es bis hierhin okay war, Sie das Gespräch aber nun beenden und morgen weiterreden möchten."

Der Chef zerredet alles. Besprechungen werden zur Geduldsprobe, wenn sie sich endlos ziehen, weil der Chef nicht zum Punkt kommt. Am besten ist es in so einer Situation, ihn gemeinsam mit Kollegen auf das Zeitproblem anzusprechen, sagt Karrierecoach Ute Bölke aus Wiesbaden. Dabei gilt die Regel: Erst einmal loben! Mitarbeiter können sich etwa beim Chef bedanken, dass er in Meetings immer viel Input gibt. Im zweiten Schritt weisen sie dann darauf hin, dass die Zeit knapp ist und nicht jeder zu Wort kommt. Das kombinieren Mitarbeiter mit dem Angebot, eine Agenda einzuführen, damit Meetings klarer strukturiert werden. Weiter ernennen sie einen Zeitrichter, der überwacht, dass es feste Redezeiten gibt. Sie gelten dann auch für den Vorgesetzten.

Überstunden und krumme Deals

Der Chef fordert ständig Überstunden. Noch eine wichtige Akte kurz vor Feierabend, Anrufe am Wochenende oder spät abends: Manche Arbeitgeber verlangen ständige Bereitschaft. "Es hilft nichts, hier muss man Grenzen setzen - und zwar je früher, desto besser", erklärt Svenja Hofert, Karriereberaterin aus Hamburg. Sonst wird das Verhalten schnell zur Gewohnheit. Viele Arbeitgeber testen gezielt aus, wie weit sie gehen können. Wer sich dann freundlich, aber konsequent positioniert und sein Recht auf Freizeit einfordert, kann nicht selten sogar an Ansehen gewinnen: "Oft steigt der Respekt, wenn man Grenzen setzt."

Der Chef macht krumme Deals. Er unterschreibt falsche Abrechnungen oder beschäftigt Schwarzarbeiter: Mauschelt der Vorgesetzte, kommen Mitarbeiter in eine rechtliche und moralische Grauzone. Kann und will ich das mittragen? "In meinen Augen darf hier niemand solidarisch sein", findet Rossié. Neben drohenden rechtlichen Konsequenzen schaden Mitarbeiter sich psychisch: "Man kann nicht mehr gut schlafen, verliert die Freude an der Arbeit und das Vertrauen zu den Kollegen."

Rossié empfiehlt, so früh wie möglich das Gespräch mit dem Vorgesetzten zu suchen - und zwar ohne Anschuldigungen. "Mag sein, dass ich da was missverstanden habe, aber kann es sein, dass . . .?" oder "Entschuldigen Sie, mir ist in der Abrechnung ein Fehler aufgefallen" sind mögliche Ansätze. Stellt der Arbeitgeber auf stur oder blockt ab, ziehen Arbeitnehmer diskret eine dritte Instanz hinzu, um auf Missstände aufmerksam zu machen.

Kollegen bevorzugt und "Machen Sie mal"

Der Chef bevorzugt Kollegen. Die Lieblingskollegin darf immer nettere Jobs machen oder sogar früher nach Hause? Wer sich benachteiligt sieht, sollte das Gefühl erst einmal hinterfragen, rät Bölke. Manche Bevorzugungen haben einen guten Grund. "Vielleicht hat die Kollegin ein krankes Kind oder muss häufig zum Arzt."

Oft sorgen Missverständnisse dafür, dass Neid unter Kollegen entsteht. Ist eine Bevorzugung ungerechtfertigt, haken Mitarbeiter am besten beim Chef nach, zum Beispiel so: "Ich interessiere mich auch für die Tätigkeiten, die Kollegin XY macht. Was kann ich tun, um ebenso in diesem Bereich eingesetzt zu werden?"

Der Chef erklärt nichts. "Machen Sie mal" - solche Anweisungen sind nicht immer hilfreich. "Es gibt Chefs, die stoßen einen ins kalte Wasser und erwarten, dass man sich dort zurechtfindet", sagt Hofert. Für manche Kollegen ist das kein Problem. Allen anderen rät Hofert, immer wieder nachzufragen und den Chef um Erläuterungen zu bitten. "Fragen Sie zum Beispiel, welche konkrete Erwartung der Chef an das Projekt hat. Oder bitten Sie um eine genaue Anleitung für das weitere Vorgehen."

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