Frauen und Karriere:Karrieretipps von der Präsidententochter

Können Frauen, die in Reichtum und in Führungspositionen hineingeboren werden, anderen den Job erklären? Ivanka Trump versucht es - und hinterlässt ein seltsames Gefühl.

Von Eva Steinlein

Manchmal steht Ivanka Trump im avocadoverschmierten Morgenmantel in der Küche und schaltet so sehr auf "Überlebensmodus", dass sie sich nicht einmal eine Massage gönnt. Aber Frauen sollten sich auch keine Illusionen machen, schreibt die "First Daughter" in ihrem neuen Buch "Women Who Work": Die vielbeschworene Work-Life-Balance sei für arbeitende Frauen ein Mythos, der nicht zu erreichen sei.

Mit dem Buch will die 35-Jährige das Empowerment von Mädchen und Frauen fördern und ihnen erklären, wie sie als Mütter, Ehepartnerinnen und Geschäftsfrauen zugleich erfolgreich werden. Als Tochter eines Milliardärs und Unternehmers, der schon aufgrund ihres Namens Türen geöffnet wurden, fühle sie sich dafür verantwortlich. Doch Szenen wie diese zeigen, dass sie sich wohl kaum in das Leben von Frauen hineinversetzen kann, die nicht reich geboren sind, an der Spitze dreier Firmen stehen und dem Schönheitsideal der Werbe-Industrie entsprechen.

Ein erfolgreiches Frauenleben stellt sich Ivanka Trump vor, wie das ihrer Mutter: "Kompromisslos feminin in einer männlichen Branche" sei die Skifahrerin und spätere Mitarbeiterin der Trump Organization gewesen, wenn sie "komplett geschminkt und auf hohen Absätzen" das Plaza Hotel in New York inspizierte, während die achtjährige Ivanka über die Gänge rannte: eine "multidimensionale Frau" und "Mode-Ikone", die sich nicht darum kümmerte, dass einer Geschäftsfrau Kinder damals oft als Schwäche ausgelegt worden seien. Ein Vorbild!

Eigene Erfahrungen hat Trump nur bedingt gesammelt

Das also ist der Maßstab für ihre Anleitung zum Frausein im Jahr 2017: Das Buch will laut Untertitel nicht weniger, als die Regeln des Erfolgs neu schreiben und Frauen im Arbeitsleben "von überkommenen Stereotypen befreien". Auf knapp 250 Seiten erklärt die Präsidententochter, wie Frauen sich Ziele setzen, Reden halten, netzwerken, Mentorinnen finden, delegieren, ihr Gehalt verhandeln, Zeit für die Familie schaffen und einen grazilen Abgang nach der Kündigung hinlegen sollen. Aus eigenen Erfahrungen kann sie dabei nur bedingt schöpfen.

In erster Linie, betont Trump unzählige Male, sei sie Ehefrau und Mutter. Doch das ändert nichts an ihrem Anspruch an sich und andere moderne Frauen: Sie sollen ein ganzheitliches Leben führen, zu dem Beruf und Privatleben gleichermaßen gehören und dabei flexibel bleiben. Und wohl deshalb sind auch ihre Tipps ein Sammelsurium aus Lebensratgeber ("Entdecke deine Leidenschaft!"), US-amerikanischer Frohsinnsverbreitung ("das Leben als Mutter ist chaotisch und unordentlich, aber wunderschön und großartig"), Karriereknigge ("sei ein Teamplayer", "umgib dich mit exzellenten Leuten", "sei ein Vorbild") sowie ein bisschen Graswurzelfeminismus auf der Mikro- ("Verhandle jedes Gehalt!") und Makroebene ("Stelle Frauen als Führungskräfte ein!").

Gesetze zu Lohngleichheit und Elternzeit müssten geändert werden

Apropos Sammelsurium: Bei ihrem Geschäftsmodell hat Ivanka Trump wohl bei ihrem Vater abgeschaut. Das Buch besteht an vielen Stellen mehr aus Zitaten denn aus Fließtext: Arbeit anderer zusammentragen, an den eigenen Geschmack anpassen und in glänzender Aufmachung unter dem Namen Trump vermarkten - Nachahmen sollte der gemeinen Leserin schwerfallen.

Die sollte allerdings nicht warten, bis die Wirtschaft von sich aus auf die Idee kommt, Frauen zu befördern, sondern mit gutem Beispiel vorangehen - Ivanka selbst macht es nach eigenen Angaben ja auch so: "Ich habe darauf geachtet, nicht zu behaupten, es sei einfach, denn das ist es nicht", gibt sie zu Protokoll.

Abgesehen von ihrem "unglaublich unterstützenden" Ehemann Jared Kushner habe sie selbst auch niemanden, der ihr beim Frau- und Muttersein zur Seite steht, suggeriert das Buch. Nur ein einziges Mal taucht ein Kindermädchen auf: Das schicke ihr tagsüber Fotos ihrer drei Kinder aufs Handy. "In zehn Jahren werde ich mir sicher eingeredet haben, ich hätte sie selbst geschossen!" - das eröffnet natürlich ganz neue Chancen auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Von Chauffeuren, Bodyguards und Lehrern ist im Buch genauso wenig die Rede, wie diese auf ihrem augenringbereinigten Instagram-Profil zu sehen sind. Das zeigt meist die Präsidentenenkel in adretter, pastellfarbener Kleidung mit ihrer ewig strahlenden Mutter in High Heels und Etuikleidern. "Wo du nicht glaubwürdig sein kannst, sei glanzvoll", scheint die unausgesprochene Devise von Trump und "Women Who Work" zu sein.

Helfen kann Ivanka Trump den Frauen wenig

Immerhin: Im letzten Kapitel schreibt die Präsidententochter noch einmal, dass die Bedingungen für die Mütter da draußen anders seien als für sie selbst: Die geltenden Gesetze zu Lohngleichheit, Elternzeit und Kinderbetreuung seien seit 65 Jahren unverändert geblieben und entsprächen nicht der modernen Realität, heißt es da. Und sie fordert: "Wir müssen für eine Veränderung kämpfen, ob durch die Gesetzgebung oder am Arbeitsplatz."

Hoffnungen, dass sie als Präsidententochter und -beraterin für die Frauen im Land etwas bewirken könnte, hält sie klein: Im Wahlkampf habe sie "geholfen", "eine Diskussion beider Parteien über diese wichtigen Themen anzustoßen und dadurch die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass sich antiquierte Gesetze und Grundsätze ändern werden." Den Rest müssen die arbeitenden Frauen offenbar selbst aushandeln. Wie sie in Trumps Welt bestehen, wissen sie ja nun.

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