SZ-Leser Abbas A. fragt:
Ich bin staatlich geprüfter Übersetzer und Dolmetscher, habe aber inzwischen festgestellt, dass mir der Beruf nicht besonders liegt. Seit fast zwei Jahren arbeite ich im arabischen Raum bei einer deutschen Institution, wo ich recht gut verdiene. Das Problem ist jedoch, dass ich eigentlich etwas anderes machen möchte. Ich möchte am liebsten BWL studieren. Ich bin mittlerweile 27 und frage mich, ob es sinnvoll ist, so spät noch damit anzufangen. Ich habe Auslandserfahrung in einem Krisenland vorzuweisen und verfüge insgesamt über acht Jahre Arbeitserfahrung. Sollte ich den Sprung wagen?
Christine Demmer antwortet:
Lieber Herr A., es gibt anderthalb Punkte, die bei Ihnen gegen ein BWL-Studium sprechen. Der ganze Punkt: Selbst wenn Sie zügig zum Bachelor kommen, haben Sie dann schon das vierte Lebensjahrzehnt erreicht. Das macht Sie zu einem, Pardon, recht alten Berufsanfänger. Dafür jedoch werfen Sie eine vorangegangene Ausbildung und acht Jahre Berufserfahrung in die Waagschale. Das hat Gewicht und bringt das Gesamtbild ins Lot.
Christine Demmer arbeitet als Wirtschaftsjournalistin. Sie ist Managementberaterin, Coach und Autorin zahlreicher Sachbücher.
Der halbe Punkt: Was hat Betriebswirtschaftslehre mit Ihrer bisherigen Biografie zu tun? Diese Frage erübrigt sich, wenn die von Ihnen gewählte Hochschule und der Studienschwerpunkt einen internationalen Bezug aufweisen, sich also als logische Folge Ihres ersten Berufslebensabschnittes darstellen lassen.
Das wäre der Fall, wenn Sie sich zum Beispiel auf International Management, International Relations oder Global Investor Policy verlegen würden. Oder wenn Ihr Studienschwerpunkt etwas mit Energiepolitik, Tourismus oder Entwicklungshilfe zu tun hat. Auch das passt gut zu einem Übersetzer und Dolmetscher, der sich im arabischen Raum auskennt. Mit einem Studium an einer Hochschule außerhalb Deutschlands oder mit Auslandssemestern unterstreichen Sie noch dazu Ihren internationalen Ansatz. Machen Sie's, ich wünsche Ihnen gutes Gelingen.
Haben Sie auch eine Frage zu Berufswahl, Bewerbung, Arbeitsrecht, Etikette oder Führungsstil? Schreiben Sie ein paar Zeilen an coaching@sueddeutsche.de. Unsere sechs Experten wählen einzelne Fragen aus und beantworten sie im Wechsel. Ihr Brief wird komplett anonymisiert.
