Frage an den SZ-Jobcoach:Schiebt man mich aufs Abstellgleis?

Abteilungsleiter Thomas W. ist 51 Jahre alt und hat beträchtliche Erfolge für sein Unternehmen erzielt. Jetzt wurde ihm ein wichtiger Verantwortungsbereich entzogen. Soll er sich nun vorsorglich nach einer Alternative umsehen? Der SZ-Jobcoach weiß es.

SZ-Leser Thomas W. fragt:

Ich bin Abteilungsleiter, 51 Jahre alt und habe in den letzten Jahren beträchtliche Erfolge für unser Unternehmen erzielt. Umso überraschter war ich, als ich erfuhr, dass wegen einer umfassenden Umstrukturierung ein Teil meines Verantwortungsbereichs bei einer anderen Abteilung angesiedelt wird. Es handelt sich dabei um ein Aufgabenfeld, das mir besonders zukunftsträchtig erscheint und sehr am Herzen liegt. Die Gesamtstrategie leuchtet mir ein, trotzdem fühle ich mich aufs Abstellgleis geschoben. In meiner Branche heißt es oft, Führungskräfte würden nicht älter als 55 Jahre. Soll ich mich vorsorglich nach Alternativen umsehen?

Georg Kaiser antwortet:

Lieber Herr W., ich entnehme Ihrer Frage, dass Sie gerne weiter im Unternehmen arbeiten wollen, falls Ihnen auch nach der Umstrukturierung interessante, zukunftsweisende Aufgabenfelder anvertraut werden. Dafür lohnt es sich zu kämpfen. Nur in direkten, offenen und auch offensiven Gesprächen mit Ihrem Vorgesetzten finden Sie heraus, ob Ihnen neue Aufgabenfelder anvertraut werden oder ob Sie aufs Abstellgleis geschoben werden sollen.

Bitten Sie Ihren Vorgesetzten um ein Gespräch, in dem es um Ihre Perspektiven gehen soll. Stellen Sie Ihr Dilemma dar, dass Sie einerseits gerne im Unternehmen arbeiten und stolz auf die Erfolge sind, die Sie in den letzten Jahren realisieren konnten, andererseits aber irritiert sind, dass Sie gerade von dem Aufgabenbereich entbunden werden, der Ihnen besonders am Herzen liegt, ohne dass er durch ein anderes innovatives Aufgabenfeld ersetzt wurde.

In diesem ersten Teil des Gesprächs geht es darum, Ihre Loyalität zum Arbeitgeber und Ihren Wert fürs Unternehmen zu verdeutlichen. Damit schaffen Sie die Basis dafür, dass Sie im weiteren Verlauf des Gesprächs Wünsche anmelden und Forderungen stellen können. Heben Sie hervor, dass Sie die Gesamtstrategie gutheißen, die der geplanten Umstrukturierung zugrunde liegt, dass Sie aber nicht nachvollziehen können, dass das zu einer Reduzierung Ihres Verantwortungs- und Aufgabenbereichs führen muss, über die Sie sehr unglücklich sind.

Viel hängt dann von der Reaktion Ihres Vorgesetzten ab. Antwortet er ausweichend, fragen Sie ihn nach den konkreten Perspektiven, die das Unternehmen Ihnen bieten kann. Er hatte seit dem Zeitpunkt, zu dem Sie um dieses Gespräch baten, Gelegenheit, über Angebote oder Ideen nachzudenken. Eine fehlende oder nichtssagende Antwort deutet darauf hin, dass nicht viel Energie aufgewendet wird, um Sie im Unternehmen zu halten, vielleicht sogar, dass man Sie nicht mehr als geeignete Führungsperson in einer innovativen Abteilung sieht.

Die Stimmigkeit dieser Ausdeutung können Sie überprüfen, indem Sie deutlich zu verstehen geben, dass der neue Aufgabenbereich Ihnen zu wenig Herausforderungen bietet. Fragen Sie ihn, welche neuen zukunftsweisenden Aufgaben in Ihrer Abteilung angesiedelt werden können oder ob Sie ein innovatives Projekt übernehmen können. Bitten Sie bis zum Zeitpunkt x um zusätzliche Perspektiven, da Sie sich ansonsten auch für andere Alternativen öffnen würden. Sie warnen das Unternehmen, dass es Gefahr läuft, Sie als Mitarbeiter zu verlieren und dass die Klärung dieser Frage nicht auf die lange Bank geschoben werden kann. In dieser Gesprächsphase kommt es darauf an, dass Sie freundlich und sachlich, aber mit hohem Nachdruck Ihre Wünsche und Erwartungen vertreten.

Wenn Ihrem Unternehmen daran liegt, Sie als Mitarbeiter zu halten, wird es Ihnen konstruktive Perspektiven bieten wollen, die Sie im besten Fall gemeinsam mit Ihrem Vorgesetzten oder den Entscheidungsträgern erarbeiten. Vage Vertröstungen auf die Zukunft sind zu wenig. Wenn keine Sie zufriedenstellende Alternative gefunden werden kann, wird es Zeit, den Markt nach besseren Angeboten zu sondieren.

Sie können sich natürlich auch sofort auf die Suche nach Alternativen machen und dadurch ihren Marktwert checken und sich - bei guten Alternativen - eine hervorragende Verhandlungsposition schaffen für das Gespräch mit Ihrem Vorgesetzten.

Haben Sie auch eine Frage zu Bewerbung, Berufswahl, Etikette, Arbeitsrecht, Karriereplanung oder Führungsstil? Schreiben Sie ein paar Zeilen an coaching@sueddeutsche.de. Unsere sechs Experten beantworten ausgewählte Fragen im Wechsel. Ihr Brief wird selbstverständlich anonymisiert.

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