Frage an den SZ-Jobcoach:Kann ich während der Elternzeit eine Firma gründen?

SZ-Leserin Anna K. möchte wissen, ob sie während der Babypause eine Firma gründen und gegen Ende der Elternzeit erst ihren Job kündigen kann? Müssen dann Kosten erstattet werden?

SZ-Leserin Anna K. fragt:

Ich bin 30 Jahre alt und arbeite nach dem BWL-Studium bei einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Im nächsten Jahr möchte ich noch das Examen zum Steuerberater machen und mich für den Kurs drei Monate freistellen lassen. Nun frage ich mich, was passiert, wenn ich vor oder während der anschließenden Prüfungszeit (während der ich wieder Vollzeit arbeiten werde) schwanger würde, dann zwei oder drei Jahre Elternzeit nehmen und zum Ende der Elternzeit kündigen würde? Müsste ich dann gegebenenfalls Rückzahlungen leisten, da man ja auch während der Elternzeit finanziell unterstützt wird? Außerdem wüsste ich gerne: Könnte ich mich bereits während der Elternzeit als Steuerberaterin selbständig machen und gegen Ende kündigen?

Ina Reinsch antwortet:

Liebe Frau K., Sie sind jemand, dem eine gute Planung ein sicheres Gefühl vermittelt - habe ich recht? Ich möchte daher zunächst mit einem Sprichwort antworten: Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. Sie sind 30 Jahre alt, haben den Einstieg ins Berufsleben geschafft, wollen sich qualifizieren, ein Kind bekommen. Großartig! Und Sie überlegen schon jetzt, ob Sie in drei bis vier Jahren möglicherweise kündigen und ob Sie dann etwas an Ihren Arbeitgeber zurückzahlen müssen? Das ist, um es vorsichtig auszudrücken, sehr vorausschauend.

Der SZ-Jobcoach

Ina Reinsch lebt als Rechtsanwältin, Autorin und Referentin in München und befasst sich schwerpunktmäßig mit dem Thema Arbeitsrecht.

Vielleicht werden Sie sich auch darauf freuen, nach kurzer Babypause wieder an Ihren alten Arbeitsplatz zurückzukehren? Vielleicht bekommen Sie noch ein weiteres Kind und bleiben länger zu Hause? Was ich damit sagen möchte ist: Rechtliche Überlegungen sollten bei Ihrer Berufs- und Familienplanung zunächst keine übergeordnete Rolle spielen. Denn oft kommt alles ganz anders.

Lassen Sie uns dennoch einen Blick auf Ihre Planung werfen. Sie befürchten vermutlich, bei einer Kündigung die Weiterbildungskosten für den Steuerberaterkurs an Ihren Arbeitgeber zurückzahlen zu müssen - falls Sie diesen nicht ohnehin selbst finanzieren. In Betracht käme auch noch eine Rückzahlung des Lohns, falls Ihr Chef Sie für den Kurs unter Fortzahlung der Bezüge freistellt. Das hat aber nichts mit der Elternzeit zu tun. Eltern- oder Erziehungsgeld müssen Sie selbstverständlich nicht zurückzahlen. Auch nicht das Mutterschaftsgeld sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt. Die gesetzlichen Krankenkassen zahlen hier maximal 13 Euro pro Kalendertag, der Arbeitgeber gleicht die Differenz zum Nettolohn mit einem Zuschuss aus.

Was die Weiterbildung betrifft: Grundsätzlich hat der Arbeitgeber keinen Rückzahlungsanspruch, es sei denn, eine entsprechende Klausel ist wirksam vereinbart. Ist das der Fall und hat Ihr Chef unter Fortzahlung der Bezüge die Lehrgangskosten übernommen, könnten Sie bei einer Eigenkündigung zur Rückzahlung der Bezüge und der Lehrgangskosten verpflichtet sein. Allerdings darf der Arbeitgeber Sie nicht unangemessen lange an das Arbeitsverhältnis binden. Unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen muss das Verhältnis zwischen der Fortbildungsdauer und der Bindungsdauer immer angemessen sein. Als Richtschnur können bei einer drei- bis viermonatigen Lehrgangsdauer etwa zwei Jahre gelten. Eine Rückzahlungsklausel kann aber auch unwirksam sein und muss im Einzelfall immer überprüft werden.

Wenn Sie während der Elternzeit arbeiten möchten, müssen Sie folgende besonderen Regelungen beachten: Zum einen haben Sie die Möglichkeit, bei Ihrem Hauptarbeitgeber einen Antrag auf Teilzeittätigkeit mit bis zu 30 Wochenstunden zu stellen. Sie dürfen grundsätzlich aber auch extern arbeiten. Das regelt das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG). Eine Teilzeittätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber oder eine selbständige Tätigkeit beispielsweise als Steuerberaterin bedarf aber immer der Zustimmung des Hauptarbeitgebers und darf 30 Wochenstunden im Monatsdurchschnitt nicht überschreiten (§ 15 Abs. 4 Satz 1 BEEG).

Ihr Arbeitgeber darf seine Zustimmung nur aus dringenden betrieblichen Gründen verweigern. Dazu würde zählen, dass Sie ihm als Steuerberaterin Konkurrenz machen wollen. Sollte er etwas dagegen haben, müsste er seine Ablehnung aber innerhalb von vier Wochen nach Stellung Ihres Antrags schriftlich begründen. Zum Ende der Elternzeit können Sie natürlich kündigen, hier gilt eine Frist von drei Monaten (§19 BEEG).

Haben Sie auch eine Frage zu Berufswahl, Bewerbung, Arbeitsrecht, Etikette oder Führungsstil? Schreiben Sie ein paar Zeilen an coaching@sueddeutsche.de. Unsere sechs Experten wählen einzelne Fragen aus und beantworten sie im Wechsel. Ihr Brief wird komplett anonymisiert.

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