Frage an den Jobcoach:Hat jeder Anspruch auf ein Sabbatical?

Philipp D. hat ein Sabbatical genehmigt, muss die Zusage wegen eines Personalengpasses aber zurücknehmen. Er bittet den SZ-Jobcoach um Rat.

SZ-Leser Philipp D. fragt:

Ich leite ein Fortbildungszentrum mit etwa 30 Mitarbeitern. In den letzten Jahren haben mehrere Mitarbeiter ein Sabbatical (zwischen zwei bis zwölf Monaten) genommen, was sich in allen Fällen positiv auf die Motivation und das gesamte Betriebsklima ausgewirkt hat. Die Arbeit konnte jeweils gut auf andere Kollegen verteilt werden. Nun habe ich einer Mitarbeiterin im persönlichen Gespräch ein Sabbatical genehmigt und erst zwei Tage später realisiert, dass es im betreffenden Zeitraum zu Problemen führen wird, weil dann vier andere Kollegen in Elternzeit sein werden. Ich habe daraufhin meine Zusage zurückgezogen. Ich weiß, dass es keinen Rechtsanspruch auf ein Sabbatical gibt. Dennoch ist es mir unangenehm, dass die Mitarbeiterin nun irritiert ist. Wie gehe ich mit meinem Fehler um?

Georg Kaiser antwortet:

Lieber Herr D., die beste Art, mit einem Fehler umzugehen, besteht darin, ihn offen zuzugeben. Sagen Sie Ihrer Mitarbeiterin, dass Sie bei Ihrer Zusage nicht bedacht haben, dass zu diesem Zeitpunkt vier Kollegen in Elternzeit sind, dass Sie nachvollziehen können, dass sie enttäuscht ist, dass sie das Sabbatical erst zu einem späteren Zeitpunkt nehmen kann, und dass es Ihnen leid tut.

Fehler sind menschlich, und auch einem Chef dürfen sie unterlaufen. Wichtig ist, aus ihnen zu lernen und das offen zu kommunizieren. Für Sie könnte das bedeuten, dass Sie ab sofort Wünsche nach einem Sabbatical mit sonstigen Abwesenheiten von Mitarbeitern abgleichen und erst zeitversetzt eine Entscheidung treffen - und nicht im gleichen Gespräch, in dem das Sabbatical angefragt wird.

Wahrscheinlich wird Ihre Mitarbeiterin nach einer solchen Erklärung wissen wollen, wann sie ihr Sabbatical nun wird nehmen können. Und auch wenn sie nicht explizit danach fragt, wird sie wissen wollen, nach welchen Kriterien Sie entscheiden. "Wie viele Mitarbeiter können zur gleichen Zeit abwesend sein, ohne dass der Fortbildungsbetrieb gefährdet ist?" "Muss ich ein etwa in zehn Monaten geplantes und genehmigtes Sabbatical erneut verschieben, wenn ein Mitarbeiter kurzfristig und unerwartet Elternzeit beantragt oder für längere Zeit krankgeschrieben wird?"

Derartige Irritationen von Mitarbeitern lösen Sie auf, indem Sie eine klare Orientierung geben, unter welchen Umständen Sie längere Abwesenheiten genehmigen und unter welchen nicht. Diese Orientierung muss verlässlich sein. Sie verlieren Ihre Glaubwürdigkeit, wenn Sie ein zweites Mal Ihre Zusage zurücknehmen.

Gerade weil Sabbaticals einen so positiven Einfluss auf die Motivation der Mitarbeiter und auf das Betriebsklima haben - und damit für Ihr Institut identitätsstiftend sind - halten Sie dieses Angebot unbedingt aufrecht. Bei 20 Mitarbeitern ist ein gemeinsamer Reflexionsprozess möglich, wie Elternzeit und wenigstens ein Sabbatical pro Jahr unter einen Hut zu bringen sind und wer welchen Einsatz zu geben bereit ist, um das zu ermöglichen. So verteilen Sie die Verantwortung auf viele Schultern und halten sich die letzte Entscheidung offen, falls die Gesamtgruppe sich nicht einigen kann.

Ein solches Vorgehen verlangt allerdings Mitarbeiter, die fähig und bereit sind, eigene Partikularinteressen zum Wohle des gesamten Teams zurückzunehmen. Und zu Beginn eines solchen Prozesses müssen gruppendynamische Klärungen einkalkuliert werden. Falls Ihnen ein gemeinsamer Klärungsprozess zu aufwendig oder nicht durchführbar erscheint, erarbeiten Sie selbst ein entsprechendes Vorgehen und stellen Sie es Ihren Mitarbeitern als verbindliche Regel vor. Auch das können Sie als Lernschritt aus dem Fehler Ihrer unbedachten Zusage darstellen.

Georg Kaiser arbeitet als Wirtschaftsmediator, Managementtrainer, Supervisor, Coach und Gestalttherapeut in Bremen.

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