Fehlerhafte Bafög-Anträge:Überforderte Studenten

99 Prozent der Studenten scheitern an ihrem Bafög-Antrag. Nicht aus Dummheit, sondern weil die Unterlagen zu kompliziert sind. Das soll sich jetzt ändern.

Wolfgang Luef

Man könnte den Eindruck gewinnen, deutsche Abiturienten seien dumm. Um die acht Formblätter für ihre Studienförderung auszufüllen, brauchen sie im Schnitt fünfeinhalb Stunden. Manche verbringen sogar einen ganzen Tag mit den Bafög-Fragebögen. Und das mit äußerst bescheidenem Ergebnis: Nur ein bis zwei Prozent aller eingereichten Anträge sind vollständig und fehlerfrei.

Doch die jungen Leute sind nicht dumm. Dumm sind die Formulare. Wie soll ein angehender Student wissen, worin der Unterschied zwischen dem Bafög und dem sogenannten "Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz" besteht, das im Antrag plötzlich auftaucht? Und wie soll er sicher sein, welche Dokumente er beilegen muss, wenn sich die Anweisungen dazu manchmal im Formular finden, dann wieder in den beigefügten Anmerkungen verstecken?

Für immer unverständlich

Fast die Hälfte der Studenten hält die Bafög-Formulare für unverständlich. Und daran wird auch die für Herbst geplante Änderung des Bafög-Gesetzes nichts ändern. Der Bund allein kann sie nicht korrigieren, neue Texte müssen Bund und Länder später noch gemeinsam erarbeiten.

Verständlichere Formulare - das empfehlen die Bundesregierung und der Normenkontrollrat in einer gemeinsamen Studie. Zweiter zentraler Vorschlag: Die Studenten sollen die Förderung endlich auch im Internet beantragen können. Das ist bisher nirgendwo möglich. Bayern will diese Option ab dem Sommersemester 2010 anbieten.

Hinweis auf Fehler

Ein Online-System könnte die Studenten automatisch auf unvollständige Angaben hinweisen, und ihre Anträge müssten nicht mehr von den Mitarbeitern der Bafög-Ämter abgetippt werden. Denn auch diese sind mit dem derzeitigen System überfordert. Im Schnitt brauchen sie 56 Tage, um einen Antrag zu bearbeiten, in Extremfällen dauert es sogar ein halbes Jahr.

Immerhin: Einige der Empfehlungen aus der Studie sind in dem Entwurf für die Bafög-Novelle enthalten. Künftig müssen Studenten ihre Mietkosten nicht mehr einzeln nachweisen, es wird eine Pauschale geben. Auch die Leistungsnachweise sollen einfacher zu erbringen sein. Zusammen mit der Gesetzesänderung wird außerdem der Bafög-Satz um zwei Prozent erhöht. Er hängt vom Einkommen der Eltern ab - wobei die Hälfte des Geldes ein zinsloses Darlehen ist.

Verzicht auf Sprachnachweis

Im Schnitt erhält ein Student derzeit knapp 400Euro monatlich, der Höchstsatz liegt bei 648 Euro. Zwei Prozent Erhöhung entsprechen also höchstens 13 Euro. Andere Vorschläge der Experten finden sich im neuen Gesetzentwurf nicht wieder. So raten die Fachleute etwa, auch die Krankenkassenbeiträge pauschal zu berechnen. Und beim Auslands-Bafög könnte man auf einen Sprachnachweis verzichten. Das fordert auch das Studentenwerk.

Doch in vielen Fällen wären schon kleine Änderungen in der Verwaltung ausreichend, um die Situation für alle Beteiligten zu vereinfachen. Eltern und Studenten wünschen sich beispielsweise, bei Behörden per E-Mail nachfragen zu können. Den Mitarbeitern der Bafög-Ämter würde es viel Zeit ersparen, wenn es in den Behörden für die Antragsteller Kopiergeräte gäbe. Denn bisher sind sie dazu verpflichtet, jedes einzelne Original selbst abzulichten.

Nützliche Angaben

Und wenn die Angabe von E-Mail-Adresse und Telefonnummer in den Formblättern obligatorisch wäre, könnten die Ämter bei Fehlern unkompliziert nachfragen. Gerade das erscheint Studenten und Experten bei 99 Prozent fehlerhaften Erstanträgen ganz nützlich.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: