Feedback in Unternehmen:Sag was Nettes, Chef

Im Job bekommen wir oft nur dann eine Rückmeldung vom Chef, wenn etwas schiefgelaufen ist. Das hilft keinem. Ausgewogenes Feedback ist für jeden Mitarbeiter wichtig. Doch viele Chefs wissen nicht, wie sie es übermitteln sollen. Und auch die Angestellten machen Fehler.

Maria Holzmüller

Woche für Woche, Tag für Tag, immer das Gleiche. Wer morgens ins Büro kommt, weiß oft schon haargenau, wie der Vormittag ablaufen wird, was es mittags in der Kantine gibt und welche Aufgaben nachmittags auf dem Schreibtisch warten. Einmal gefangen in der Routine, kommen Beschäftigte nur schwer wieder heraus. Das kann ermüden. Vor allem, wenn ihnen nie jemand sagt, wie gut sie ihre Aufgaben erledigen - und wo es noch Verbesserungsmöglichkeiten gibt.

Sekretärin in den 50ern

Jede Arbeit geht leichter von der Hand, wenn der Chef regelmäßig konstruktives Feedback gibt.

(Foto: Getty Images)

Regelmäßig klagen Angestellte darüber, dass sie von ihrem Chef nur dann eine Rückmeldung auf ihre Tätigkeit bekommen, wenn er unzufrieden ist. Lob oder ausgewogenes Feedback vermissen viele.

Dabei wäre genau das enorm wichtig, sagt Karsten Müller, Professor für Wirtschaftspsychologie an der Universität Mannheim. "Feedback ist eine unserer wichtigsten Lernquellen. Wenn es im Unternehmen kein Feedback gibt, dann sind Zusammenarbeit und Lernen nicht optimal", sagt er.

Eigentlich ist es doch ganz einfach: Wir verraten dem anderen, was wir für gut und was für verbesserungswürdig an seiner Arbeit halten - und der bedankt sich, denkt über unsere Wahrnehmung nach und stellt sein Verhalten möglicherweise um.

In der Praxis des deutschen Arbeitsalltags haftet jedem Feedback jedoch noch immer ein Schrecken an - für Vorgesetzte ebenso wie für Angestellte. Solange alles gut läuft, sehen Chefs keinen Anlass, sich in die Arbeitsabläufe des Beschäftigten einzumischen - und tun sie es doch, empfinden die Mitarbeiter das Gesagte oft als Kritik an ihrer Person und würden es lieber nicht hören. "Das Problem ist, dass Feedback oft nicht als Chance gesehen wird. Wir erinnern uns an die Bewertungen in der Schule und verstehen Feedback eher als Beurteilung. Deshalb nehmen wir häufig eine Verteidigungshaltung ein, anstatt die Entwicklungschance zu erkennen", sagt Professor Müller.

Damit Feedback auch angenommen wird, muss es allerdings auch adäquat übermittelt werden, betont der Wirtschaftspsychologe: "Feedback darf nicht generalisiert ausgesprochen werden, à la 'Du arbeitest immer zu ungenau' - das greift die Persönlichkeit des anderen an. Wichtig ist deshalb, das Feedback konkret an spezifischen Beispielen festzumachen", sagt er.

Außerdem von Bedeutung: die Ausgewogenheit. Positive Aspekte müssten genauso thematisiert werden wie Mängel.

Weil vielen Vorgesetzten für die Vermittlung von Feedback im direkten Gespräch die Zeit oder auch das Gespür fehlt, gibt es inzwischen auch zahlreiche Dienstleister, die Feedback erarbeiten. IT-Spezialist Manfred Spatz und seine Frau Eva, Wirtschaftspsychologin, gründeten Anfang des Jahres das Unternehmen ask4feedback. Online können Nutzer hier zum Beispiel Feedback zu ihrem Führungsverhalten oder ihrer Zielorientierung einholen.

Angstfrei über den Chef reden

Zunächst starten sie mit einem kostenlosen Selbsttest, anschließend laden sie Personen aus ihrem Umfeld - zum Beispiel Vorgesetzte, Kollegen oder Mitarbeiter - zum Feedback ein. Wer antwortet, bleibt anonym. "Erst nach acht Feedbacks geben wir die Ergebnisse frei. Es sind so keine direkten Schlüsse auf den einzelnen Feedbackgeber möglich", sagt Spatz.

Wer will schon seinen Chef kritisieren?

Anonymität kann im Feedbackprozess helfen, sagt auch Wirtschaftspsychologe Müller: "Ich brauche ein Instrument, mit dem ich angstfrei etwas sagen kann, ohne mit negativen Folgen rechnen zu müssen." Nur so sei auch eine Feedbackkultur zwischen unterschiedlichen Hierarchieebenen möglich. Wer will schon seinen Chef offen kritisieren? Geht das jedoch über einen anonymen Fragebogen, so sind reflektierte und ehrliche Antworten meist kein so großes Problem mehr.

Auf ask4feedback.de werten Psychologen das Gesamtfeedback aus. Zu einem Ende kommt der Feedbackprozess dann aber noch nicht. "Mit dem Ergebnis - aufgeteilt nach Stärken und Lernfeldern - können die Kunden nun gezielt Entwicklungsmaßnahmen einleiten. Dies kann mit Unterstützung der Personalabteilung, mit einem selbstgewählten Coach oder mit dem am Markt verfügbaren Seminarangebot geschehen. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass schon das Wissen um bisher unerkannte Stärken einen positiven Einfluss auf die persönliche Weiterentwicklung hat", sagt Spatz.

Gerade der Folgeprozess eines Feedbacks sei wichtig, sagt Wirtschaftspsychologe Müller. Denn nur wer sich mit dem Feedback beschäftigt, kann daraus auch wirklich lernen. Unternehmen sollten ihre Mitarbeiter an diesem Punkt unterstützen, beispielsweise mit Infomaterialien oder Coaching-Angeboten.

Beim ersten Schritt will das Ehepaar Spatz helfen - den Unternehmen ebenso wie ihren Angestellten. "Gerade in mittelständischen Unternehmen bleibt oft keine Zeit für Personalentwicklung. Die Verantwortlichen dort sind froh, wenn es Werkzeuge gibt, die sie unterstützen. Das Internet bietet sich dafür geradezu an", sagt er. Aber auch Privatpersonen, die sich selbst weiterbilden möchten, können online einen Feedbackprozess anstoßen.

Eigentlich ganz einfach

Wirtschaftspsychologe Müller befürwortet Instrumente, die das Feedback erleichtern: "Unternehmen mit einer Feedbackkultur brauchen eigentlich keine anonymen Instrumente, jedoch bieten sich auch hier Möglichkeiten zur Weiterentwicklung der Organisation", sagt er.

Damit es irgendwann so einfach ist, wie es auch klingt: Man sagt dem anderen, was man gut und was schlecht an seiner Arbeit findet - und derjenige lernt daraus.

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