Etikette:Lässig ist passé

Noch stilvoll oder schon von vorgestern: Benimmregeln ändern sich. Über die Schwierigkeiten, sich im Job richtig zu benehmen.

Das alte Motto von Karriere-Junkies "Höflichkeit ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr" stimmt nur bedingt: Die Schmerzgrenze von Kollegen ist schnell erreicht, wenn Einzelne auf Rücksichtslosigkeit setzen. Und Vorgesetzte verstehen meist keinen Spaß, wenn Mitarbeiter regelmäßig gegen die einfachsten Etikette-Regeln verstoßen.

Etikette: Wenn klare Regeln fehlen: Gutes Benehmen lässt sich nicht einfach in einer Liste von Etikette-Tipps zusammenfassen.

Wenn klare Regeln fehlen: Gutes Benehmen lässt sich nicht einfach in einer Liste von Etikette-Tipps zusammenfassen.

(Foto: Foto: photodisc)

Wer sich korrekt benimmt, trägt zu einer entspannten Atmosphäre bei - und hat es selbst oft leichter. Am Arbeitsplatz spielt das wieder eine größere Rolle: Der Trend zu demonstrativer Lässigkeit wie in den besten Zeiten der New Economy ist jedenfalls zu Ende, sagt Lorenz Schröter, Verfasser eines Benimm-Ratgebers aus Berlin.

Auch weil der Leistungsdruck zugenommen hat, gebe es bei vielen Arbeitnehmern ein wachsendes Bedürfnis, sich in Etikette-Fragen auszukennen, bestätigt Uwe Schnierda: "Wer nichts falsch machen möchte, versucht sich an klaren Regeln zu orientieren", erläutert der Coaching-Experte von der Karriereakademie in Bredenbek (Schleswig-Holstein). Das Problem ist nur: Gutes Benehmen lässt sich nicht einfach in einer Liste von Etikette-Tipps zusammenfassen.

"Es hat sich mit der Zeit auch einiges geändert", sagt Schnierda. Was zu Opas Zeiten noch als stilvoll galt, kommt heute möglicherweise als verschnarcht an. Und wer im Bewerbungsgespräch der Personalchefin die Hand entgegenstreckt, die Tür aufhält und in den Mantel hilft, wirkt deshalb nicht mehr automatisch als Gentleman: "Inzwischen gibt es viele weibliche Vorgesetzte", sagt Schnierda. "Das kollidiert oft mit dem klassischen Rollenverständnis." Denn Vorgesetzte werden wie Vorgesetzte behandelt - egal, ob Frau oder nicht. Und einem Vorgesetzten die Hand entgegenzustrecken, gilt in jedem Fall als tabu.

Gutes Benehmen nicht auf einen Katalog von auswendig gelernten Regeln zu reduzieren, empfiehlt auch Lorenz Schröter. Entscheidend sei die Grundhaltung: "Das ist eher eine Frage von Einfühlungsvermögen und Höflichkeit." Doch alle Benimm-Tipps haben ein gemeinsames Fundament, auf das es letztlich ankommt: "Takt, Freundlichkeit, Zuverlässigkeit, Rücksicht" sind für Bettina Angerer, selbstständige Trainerin aus Norderstedt bei Hamburg dessen wichtigste Bestandteile.

Einige Grundregeln sollten Arbeitnehmern geläufig sein. "Man muss zum Beispiel nicht modisch top zur Arbeit kommen, aber sollte auf gepflegte Kleidung achten", sagt Angerer. "Wie will ich vermitteln, dass ich zuverlässig arbeite, wenn ich schlampig aussehe?"

Wenn Kollegen sich nicht riechen können, hat das seinen Grund möglicherweise im Verstoß gegen simple Benimm-Regeln: After Shave und Eau de Toilette sollten dezent eingesetzt werden. "Knoblauch ist tabu, wenn man arbeiten muss", sagt Angerer. "Auch wenn man das selber gerne mag, es gibt immer andere, die das nicht mögen." Wichtig sei auch, anderen nicht zu sehr auf die Pelle zu rücken: "Ein Abstand von einer Armlänge gilt als okay." Egal ob beim Meeting oder der Stehkonferenz: Mehr Nähe ist nur bei guten Freunden erlaubt.

Auch die Begrüßung ist ein Etikette-Dauerbrenner: "Der Ranghöhere begrüßt zuerst", erläutert die Expertin. "Das heißt, er reicht die Hand." Ebenso gilt: Dem Ranghöheren wird ein anderer vorgestellt - nicht anders herum. Beim Verabschieden wiederum hat sich die Regel eingebürgt: Der hierarchisch höchste kommt zuerst dran.

Unhöflich im Gespräch wirkt, wer nicht aktiv zuhört: "Man muss seinem Gesprächspartner immer wieder entsprechende Signale geben", rät Angerer. Ihn anzuschauen und eventuell zu nicken gehört ebenso dazu wie beispielsweise zu formulieren "Darf ich das einmal so zusammenfassen". Immer ein Zeichen für gutes Benehmen ist Hilfsbereitschaft, auch und gerade am Arbeitsplatz. Und nicht zuletzt gilt: Wer einen Fehler macht, entschuldigt sich.

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