Erkrankungen durch Arbeitsbelastung:Politik will gegen Psycho-Stress im Job vorgehen

Um das 18-fache sind Krankheitstage aufgrund des Burn-out-Syndroms innerhalb von acht Jahren gestiegen. Arbeitsministerin von der Leyen hat nun eine Tagung zum Thema Stress im Job einberufen. Doch der Opposition geht Reden allein nicht weit genug.

Die Krankenkassen schlagen Alarm: Immer mehr Berufstätige werden psychisch krank. Krankheitstage aufgrund des Burn-out-Syndroms seien innerhalb von acht Jahren um das 18-fache gestiegen. Das berichtete die Welt am Sonntag unter Berufung auf Zahlen des BKK-Bundesverbands.

Frauen seien dabei wesentlich stärker betroffen als Männer. Psychische Störungen, zu denen auch Burn-out zählt, stehen demnach bei den Betriebskrankenkassen als Ursache für Arbeitsunfähigkeitstage bereits an zweiter Stelle hinter Skelett- und Muskelerkrankungen.

An diesem Dienstag erörtert Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) das Thema psychische Gesundheit am Arbeitsplatz erstmals mit Arbeitgebern und Gewerkschaften auf einer Tagung in Berlin. Ziel ist eine gemeinsame Erklärung.

"Die Arbeitgeber sind gefragt - aber auch die Politik"

Der SPD geht das nicht weit genug: Sie verlangt konkrekte Maßnahmen und will angesichts der neuen Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat einen weiteren Anlauf für eine Anti-Stress-Verordnung starten. "Menschen werden krank, weil der psychische Stress am Arbeitsplatz zu groß ist. Hier sind die Arbeitgeber gefragt - aber hier darf auch die Politik nicht länger tatenlos zuschauen", teilte die SPD-Sozialexpertin Manuela Schwesig in Berlin mit. Arbeitsministerin von der Leyen habe aber bisher nur "warme Worte" zu bieten: "Sie muss endlich handeln und den Arbeitsschutz verbessern."

Die Anti-Stress-Verordnung ist eine Initiative der IG Metall. Darin wird unter anderem die "eindeutige Trennung von Arbeitszeit und Freizeit" eingefordert - also zum Beispiel dass Arbeitnehmer nicht permanent via E-Mail oder Handy für den Chef erreichbar sein müssen.

Bei der Techniker Krankenkasse (TK) haben sich die Fehlzeiten wegen psychischer Erkrankungen, die Klinikaufenthalte wegen Depressionen und die Menge der dagegen verordneten Antidepressiva innerhalb fünf Jahren um jeweils etwa 50 Prozent erhöht. Das berichtet der Focus unter Berufung auf TK-Daten aus den Jahren 2007 bis 2011. Die BKK-Daten beziehen sich auf den Zeitraum 2004 bis 2011.

Schwesig betonte, die SPD-geführten Bundesländer im Bundesrat hätten im vergangenen Jahr eine Anti-Stress-Verordnung vorgeschlagen. Diese sei jedoch am Widerstand der Union gescheitert. "Frau von der Leyen kann nun zeigen, ob sie es ernst meint, wenn wir die Initiative mit neuen Mehrheiten im Bundesrat erneut einbringen", sagte die stellvertretende SPD-Vorsitzende und Sozialministerin in Mecklenburg-Vorpommern.

BKK-Geschäftsführer Heinz Kaltenbach forderte die Arbeitgeber zu Gegenmaßnahmen auf. Eine gute, gesundheitsgerechte Mitarbeiterführung sei unabdingbar für die psychische Gesundheit der Beschäftigten in Unternehmen, sagte Kaltenbach der Welt am Sonntag. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt räumte in der Zeitung ein, das Arbeitsumfeld habe bei der Entstehung von psychischen Krankheiten einen Einfluss. Er forderte, dass Betroffene nicht monatelang auf ein Erstgespräch für eine psychotherapeutische Behandlung warten müssen.

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