Erfahrung im Ausland:Reise und arbeite

Für den perfekten Lebenslauf sollten Studenten mindestens einmal in der Fremde gearbeitet haben. Doch Unis und Behörden legen Hochschülern einige Steine in den Weg.

Maria Huber

Am 20. Mai geht ihr Flug in die USA. Fast genau ein Jahr, nachdem sie von ihrem Auslandssemester in Spanien zurückkehrte, startet Pamela Przybylski schon wieder durch, diesmal zu einem Praktikum bei einer Produktionsfirma in Washington. "Die Vorbereitungen haben sich über Wochen gezogen, alles in allem sicher zehn Arbeitstage", sagt sie. Wohnung suchen, um das Visum kümmern, Reisezuschüsse organisieren. Dass sie dabei finanziell draufzahlen muss, ist ihr klar. Doch die 23-jährige Journalistik-Studentin formuliert es lieber so: "Ich investiere in meine Zukunft und hoffe, dass es sich später einmal auszahlt."

Praktikum im Ausland, dpa

Eine Brüsseler Praktikantin sitzt vor dem Gebäude der EU-Kommission. Wer ein Praktikum im Ausland machen will, hat es innerhalb Europas am leichtesten.

(Foto: Foto: dpa)

Rund 5000 Studenten gehen jedes Jahr allein über den Deutschen Akademischen Auslandsdienst (DAAD) in ein anderes Land, um dort Arbeitserfahrung zu sammeln. "Der Trend hat zugenommen, aber durch die neuen Bachelor- und Masterstudiengänge gehen die Auslandspraktika derzeit sogar etwas zurück", sagt Günter Müller-Graetschel, Referatsleiter des Internationalen Praktikantenaustausches am DAAD.

Zwar seien Auslandssemester bei der Neuordnung eingeplant, die Praxis sei dabei aber vergessen worden. Die Hochschulen sind deshalb gerade dabei, die Reform zu reformieren, um auch für Bachelor-Studenten Auslandspraktika zeitlich wieder möglich zu machen.

Die Bürokratie kostet oft Zeit und Nerven

Dass der Trend dennoch stetig zunimmt, schreibt Müller-Graetschel auch den verbesserten Bedingungen in Europa zu: "Es wird immer leichter, innerhalb der EU ein Praktikum zu machen: Wenn ein Student in Frankreich arbeiten will, geht er dort einfach zu seiner Stadtverwaltung und meldet sich an."

Außerhalb der EU ist es jedoch schwieriger geworden, Visa zu bekommen: Viele Länder, insbesondere die USA, haben nach den Terroranschlägen die Bedingungen für die Einreise verschärft. Das erlebte auch Pamela Przybylski: "Ich musste bei der Botschaft anrufen, um einen Termin zu vereinbaren; beim Bewerbungsgespräch gab es dann sehr strenge Sicherheitsvorkehrungen. Sich mit der Bürokratie herumstreiten, das kostet viel Zeit und manchmal auch Nerven", sagt die Studentin. "Trotzdem darf man sich niemals vom Organisationsstress entmutigen lassen."

Alle wollen nach Down Under

Während man sich den organisatorischen Herausforderungen weitgehend allein stellen muss, gibt es für die meisten Auslandspraktika zumindest finanzielle Hilfen, über die die entsprechenden Beratungsstellen an den Universitäten Bescheid wissen. "Der DAAD vergibt zum Beispiel an 3500 Auslandspraktikanten pro Jahr einen Fahrtkostenzuschuss", so Müller-Graetschel. Auch andere Fördermittel, über die die Studenten oft gar nicht Bescheid wissen, stehen bereit.

Thomas Neiswirth, der das zweite Praxissemester seines BWL-Studiums in London gemacht hat, sagt: "Man muss unbedingt bei der Hochschule nachfragen, ob es Programme gibt, die man in Anspruch nehmen kann. Ich habe nur zufällig durch einen Freund davon erfahren und dadurch Geld bekommen, das mir sonst entgangen wäre."

Junge Leute, die wie er BWL oder International Business studieren, gehören laut DAAD zu der Gruppe, die am häufigsten Auslandspraktika macht. "Als Gründe geben die meisten an, ein internationales Profil entwickeln und auf die Globalisierung vorbereitet sein zu wollen", sagt Müller-Graetschel. "Australien ist dabei am beliebtesten", sagt der Austausch-Experte. Der einstige Favorit USA ist dagegen schon an Stelle vier oder fünf der Beliebtheitsskala gerutscht.

Auf der nächsten Seite lesen Sie, wann der perfekte Zeitpunkt für das Auslandspraktikum gekommen ist.

Reise und arbeite

Das "Auslands-Gen"

Allein der Flug nach Australien oder Amerika ist jedoch schon sehr teuer. Wenn das Praktikum auch noch unbezahlt ist, kann die Erfahrung im Ausland schnell zu einer großen Investition werden. Laut Matthias Trüper, der sich seit sieben Jahren mit seiner Agentur Campusmondi auf Beratungen zu Auslandspraktikum und -studium spezialisiert hat, müsse man das aber als einfach als "Lehrgeld" sehen.

Natürlich solle man sich auch im Ausland nicht als kostenlose Arbeitskraft missbrauchen lassen: "Bevor man später nur Kaffee kocht und kopiert, sollte man sich vorher beim Unternehmen lieber über die genauen Tätigkeiten informieren", sagt Trüper. "Für spätere Bewerbungen ist ein Auslandspraktikum mittlerweile außerordentlich wichtig."

Während ein Praktikum in Deutschland nur inhaltlich eine Herausforderung sei, stellen Praktikanten im Ausland ihre Flexibilität unter Beweis, lernen eine Sprache und setzen sich mit einer anderen Mentalität auseinander. "Dass jemand das 'Auslands-Gen' hat, finden Personaler zunehmend wichtig", sagt Trüper.

Dennoch sollte man die Auslandserfahrung nicht nur mit Blick auf spätere Berufsschancen wahrnehmen. Sophie Wismeth, die Französisch und Spanisch auf Lehramt studiert, hat neben ihrem Auslandsstudium in Spanien auch zwei Praktika in Frankreich gemacht. "Das ist ja nicht nur für die berufliche Laufbahn wichtig. Um die Sprachbarriere zu überwinden, musste ich oft über den eigenen Schatten springen - daran wächst man." Das Beste am Auslandspraktikum besteht nach Ansicht der 23-Jährigen aber in etwas anderem: "Zum ersten Mal kann man nicht auf sein gewohntes Umfeld zurückgreifen, wenn etwas passiert, das macht eigenständig."

Der perfekte Zeitpunkt

Matthias Trüper weiß durch langjährige Erfahrung auch, auf was man besonders achten sollte: "Lieber ein oder zwei längere Praktika als ganz viele kurze: Man sollte auch mal die Gelegenheit haben, dort den ersten Konflikt, ein Knirschen und den Alltag mitzuerleben." Daneben solten Studenten die Versicherungssituation im Ausland rechtzeitig klären und am Ende des Praktikums unbedingt auf ein ausführliches Zeugnis Wert legen. "Das ist viel wichtiger als eine Bezahlung", so Trüper. Viele Tipps bietet auch die Broschüre "Wege ins Auslandspraktikum" vom DAAD, die online verfügbar ist.

Der perfekte Zeitpunkt für ein Auslandspraktikum ist laut Karrierecoach die Mitte des Studiums. Diese Meinung teilt auch Katrin Klügl, die an der Universität Bamberg Soziologie studiert: "Der beste Zeitpunkt für das Auslandssemester war das Hauptstudium. Ich hatte schon ein gutes Grundwissen über das Fach und kann meine Erfahrungen im Rest meines Studium noch nutzen."

Die Soziologie-Studentin hat im vergangenen Jahr drei Monate in der Personalabteilung des Automobilzulieferers Faurecia in der Nähe von Oxford gearbeitet. Trotz ihrer uneingeschränkt positiven Bilanz fiel ihr jedoch bei der Suche nach dem Praktikum eines sehr negativ auf: "Das Wichtigste ist da nach meiner Erfahrung Vitamin B, so traurig das klingt."

Dennoch hat sie es geschafft und rät jedem, es auf jeden Fall zu versuchen. Auch Trüper macht seinen jungen Kunden immer wieder Mut: "Viele sagen mir im Nachhinein, sie haben nach dem Studium ihre erste Stelle gefunden, weil ihr Lebenslauf dank der Auslandserfahrung so interessant war."

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