Equal Pay Day:Mehr Geld - im Zweifel immer für den Mann

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Gleiche Leistung, weniger Gehalt: Frauen verdienen noch immer schlechter als ihre männlichen Kollegen. Das wäre anders, wenn sie in Gehaltsverhandlungen nicht immer die gleichen Fehler machen würden.

Maria Holzmüller

Es ist frustrierend. Jedes Jahr aufs Neue. Wenn Frauen an diesem 25. März ins Büro kommen, können sie aufatmen, losheulen - oder einfach fleißig weiterarbeiten wie bisher. Letzteres ist am wahrscheinlichsten, trotz aller Empörung von Seiten der Regierung und zahlreicher Verbände. Bis zu diesem 25. März mussten Frauen arbeiten, um das Geld zu verdienen, dass ihre männlichen Kollegen schon am Ende des Jahres 2010 in der Tasche hatten.

Mit roten Taschen gegen die Ungerechtigkeit: Am Equal Pay Day kämpfen Frauen für Entgeltgleichheit. (Foto: dpa)

Frauen verdienen in Deutschland weiterhin fast ein Viertel weniger als Männer. Der durchschnittliche Brutto-Stundenverdienst lag 2010 wie schon in den Vorjahren 23 Prozent unter dem von Männern, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Donnerstag mitteilte. Der alljährlich ausgerufene Equal Pay Day soll auf diesen Missstand aufmerksam machen.

Einer amerikanischen Tradition folgend, sind an diesem Tag alle, die für Entgeltgleichheit sind, aufgefordert, mit einer roten Tasche zur Arbeit zu kommen. Je mehr Menschen an der Aktion teilnehmen, desto größer soll das Bewusstsein für die Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern werden. "Der Verband deutscher Unternehmerinnen beteiligt sich am Aktionsbündnis Equal Pay Day, weil dieser Aktionstag einen wichtigen Beitrag dazu leistet, die Generation der jungen Frauen, die heute hervorragend qualifiziert ist, sichtbar zu machen", begründet Petra Ledendecker, Präsidentin des Verbandes deutscher Unternehmerinnen, ihr Engagement auf der offziellen Equal-Pay-Day-Webseite.

Auch Familienministerin Krisitina Schröder unterstützt die Aktion: "Frauen sind heute genauso gut, oftmals sogar besser ausgebildet als Männer. Dass Frauen im Schnitt trotzdem deutlich weniger verdienen als Männer - und zwar bei gleicher Tätigkeit und Qualifikation - ist deshalb ein klarer Indikator für mangelnde Chancengleichheit."

Aber ändert sich durch ein paar rote Taschen irgendetwas an den Arbeitsrealität von Frauen? Bekommen sie dadurch mehr Geld?

Wohl kaum. Dafür müssten sie zuallererst selbst aktiv werden, findet Sabine Asgodom, Management-Trainerin und Coach aus München. Sie selbst musste das einst auf die harte Tour lernen. Angestellt in einem Medienhaus fand sie damals heraus, dass der neue Kollege als Einsteiger mehr verdiente als sie mit 14 Jahren Berufserfahrung. "Zuerst war ich sauer und habe nicht mit ihm gesprochen. Dann habe ich ihn irgendwann einfach gefragt, wie er das gemacht hat", sagt sie. Es kam heraus, dass der junge Mann in den Verhandlungen einfach deutlich mehr verlangt hatte. Ihr selbst wäre das bis zu diesem Zeitpunkt gar nicht in den Sinn gekommen.

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Dabei müssen Frauen genau an diesem Punkt ansetzen, findet Asgodom heute. Seit Jahren hält sie Vorträge und verfasst Bücher zu dem Thema, als Coach bereitet sie Frauen individuell auf Verhandlungen vor. Eines weiß sie inzwischen: Frauen sind zum Teil selbst schuld, dass sie weniger verdienen als ihre Kollegen: "Schon beim Einstellungsgespräch fordern Frauen weniger als Männer. Das hat einen ganz sympathischen Grund: Geld ist ihnen nicht so wichtig", sagt die Trainerin. Es hat aber auch zur Folge, dass sie weniger bekommen - egal ob ihre Leistung besser oder schlechter ist, als die ihrer Kollegen.

Sabine Asgodom fordert mehr Risikobereitschaft in Gehaltsverhandlungen. Nur so könnten Frauen die Gehaltslücke zu den Männern irgendwann schließen. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Und es bleibt nicht nur beim geringeren Gehalt. "Frauen tun sich schwer damit, den Zusammenhang zwischen Geld und Status zu sehen. Aber wenn sie weniger verdienen, dann haben sie auch einen niedrigeren Status", sagt Asgodom - und weiß sofort eine für Frauen wenig erbauliche Anekdote eines führenden Managers zu berichten. "Der sagte klipp und klar: Wenn ein Mann und eine Frau aus meiner Abteilung mehr Geld wollen, dann gebe ich es dem Mann. Der geht sonst, während die Frau auch dann bleibt, wenn sie die Gehaltserhöhung nicht bekommt."

Nicht zuletzt deshalb lautet ein Tipp an ihre Klientinnen: Mehr Risiko eingehen. Und öfter mal bereit sein, den Job zu wechseln. "Die Drohung 'Wenn ich nicht mehr Geld bekomme, suche ich mir einen neuen Job' wirkt nur, wenn sie auch ernst gemeint ist. Sonst kann das blöd ausgehen", sagt Asgodom.

Jobwechsel können auch gehaltstechnisch von Vorteil sein - besonders nach der Elternzeit. "Die Gehaltslücke, die sich in dieser Zeit auftut, können Frauen sonst einfach nicht mehr aufholen."

Einen Fehler, den Frauen unbedingt vermeiden sollten, sei die Vermischung von Privatem und Beruflichem in der Gehaltsverhandlung mit dem Chef. Wer private Gründe für den Wunsch nach einem höheren Gehalt anführt, darf kaum auf Erfolg hoffen. "Ob Sie gerade in eine größere Wohnung gezogen sind oder die Kita teurer wurde, interessiert keinen Menschen, schon gar nicht Ihren Chef", weiß Asgodom.

Was ihn interessiert, ist Leistung. Und die muss auch gebührend hervorgehoben werden. "Wer nur brav seine Arbeit macht, wird keine Pluspunkte sammeln, egal wie gut er ist", sagt Asgodom.

Deshalb rät sie allen Frauen dazu, "eine Gehaltsverhandlungsvorbereitungsliste anzulegen." Was da drauf steht? "Alle Erfolge, jedes Lob, positives Kundenfeedback und Zusatzprojekte." Solche Fakten verleihen der Forderung nach mehr Gehalt Nachdruck. Und am besten werden sie nicht erst im Gespräch mit dem Vorgesetzten öffentlich gemacht.

Denn so unangenehm es vielen Frauen sein mag, Selbst-PR gehört zu dieser Gehaltserhöhungsstrategie dazu. "Damit kann man nicht erst am Tag vor der Gehaltsverhandlung anfangen", warnt Trainerin Asgodom. "Frauen müssen das ganze Jahr über auf sich aufmerksam machen", sagt sie. Wie sie das am besten anstellen? Ganz einfach: Gutes leisten und darüber reden. So oft wie möglich, in Konferenzen, im Aufzug, in der Kaffeeküche.

Auch wenn vielen Frauen das unangenehm sei - es führe kein Weg daran vorbei, meint Asgodom. Um derlei Taktiken zu durchschauen und zu verstehen, lohnt sich ihrer Meinung nach das Gespräch mit vertrauenswürdigen männlichen Kollegen. "Das bringt mehr, als mit der besten Freundin zu reden, die es genauso blöd findet, in jeder Konferenz irgendetwas sagen zu müssen."

Sabine Asgodom wird Frauen diese Erkenntnisse auch weiterhin in ihren Coachings vermitteln. Sie verdient inzwischen ihr Geld damit - und trägt vielleicht mit dazu bei, dass der Equal Pay Day irgendwann seine Berechtigung verliert.

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