Equal Pay Day:Drei Monate unbezahlte Überstunden

Bis zum 26. März müssen Frauen arbeiten, um das Vorjahresgehalt der Männer zu erreichen. Grund für Protest - am Freitag sehen Frauen rot.

S. Haas

Vielleicht werden am Freitag wieder viele Frauen ihre roten Taschen packen. Rot ist die Farbe des Protestes. "Das Tragen einer roten Tasche hat sich zu dem Symbol des Protests gegen Entgeltungleichheit entwickelt. Rote Taschen stehen für rote Zahlen und dafür, dass Frauen weniger in der Tasche haben als Männer", erklärt Isinay Kemmler, Marketingberaterin und Mitglied im Frauennetzwerk Business and Professional Women Germany (BPW).

Sie hat die "red purse campaign" - die Initiative mit den roten Taschen- und damit auch die Idee zum "Equal Pay Day" von den USA nach Deutschland gebracht. Bereits Mitte der 90-er Jahre haben berufstätige Frauen diesen Tag in Amerika etabliert. In Deutschland jährt sich der "Equal Pay Day" am 26.März zum dritten Mal. Das Datum markiert den Tag im Jahr, bis zu dem Frauen arbeiten müssen, um den Verdienst von Männern im vorangegangenen Kalenderjahr zu erreichen. Die Aktion wird durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend finanziell gefördert.

Es wird nicht besser

Inzwischen hat sich auch ein Bündnis aus Wirtschaftsverbänden und Frauenorganisationen formiert, das sich gemeinsam dafür einsetzt, die Lohnunterschieden zwischen Frauen und Männern abzubauen. Ziel ist es, die konkreten Ursachen für die Verdienstunterschiede herauszufinden und gegenzusteuern.

"Seit 2001 haben sich die Verdienstunterschiede zwischen Frauen und Männern in Deutschland weder bei den Führungskräften noch insgesamt signifikant verringert", kritisiert die Wissenschaftlerin Elke Holst, die sich seit vielen Jahren beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) mit diesem Thema beschäftigt. Vor fast zehn Jahren hatten die Bundesregierung und die deutsche Wirtschaft vereinbart, die beruflichen Chancen von Frauen zu verbessern.

Arme Führungskräfte

Doch geändert hat das wenig. Frauen verdienen nämlich nicht nur in "normalen" Jobs weniger als Männer. In Führungspositionen ist die Verdienstkluft sogar noch größer, zeigt eine Auswertung der Daten des sozio-ökonomischen Panels, die am Dienstag vom DIW veröffentlicht worden ist. Danach hatten Frauen in Führungsjobs im Jahr 2008 etwa 28 Prozent weniger in der Tasche als Männer. Bei Gewinnbeteiligungen, Gratifikationen und Prämien liegen sie sogar um 36 Prozent unter den Bezügen von Männern. Das Statistische Bundesamt hatte kürzlich für alle Erwerbstätigen in Deutschland eine Lohndifferenz von 23,2 Prozent ausgewiesen. In der EU gehört Deutschland somit zu den Schlusslichtern. Im EU-Durchschnitt liegt die Verdienstungleichheit bei 18 Prozent.

Ursachen für die Ungleichheit liegen laut DIW darin, dass Frauen und Männer in unterschiedlichen Berufen und Branchen tätig sind. In frauendominierten Branchen würden schlechtere Verdienste erzielt. "Ein großer Teil der Verdienstunterschiede ist durch messbare Indikatoren nicht erklärbar", sagt Elke Holst. Oft spielten Vorurteile und Stereotypen ein Rolle, die häufig zu Nachteilen für Frauen auf dem Arbeitsmarkt führten. Allerdings seien diese Mechanismen meist nur schwer aufzudecken. "Eine größere Transparenz, etwa durch Offenlegung der Verdienste innerhalb des Unternehmens, könnte daher die Debatte versachlichen", sagt Holst.

Frauen brauchen ein besseres Image

Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangt eine Befragung von Frauen in Top-Führungspositionen: Deutschlands Chefinnen fordern, dass sie von der Gesellschaft stärker moralisch unterstützt werden und berufstätige Frauen ein besseres Image bekommen. Berufstätige Mütter dürften nicht mehr eine Ausnahme sein, sondern eine Selbstverständlichkeit, fordert Gabriele Stahl, die für die Personalberatung Odgers Berndtson die Studie geleitet hat.

Die Personalberatung hat, wie sie angibt, erstmals die 49 Managerinnen befragt, die in einem der 500 umsatzstärksten Unternehmen in Deutschland im Vorstand oder in der Geschäftsführung arbeiten. Alle befragten Frauen antworteten, dass eine gesetzliche Regelung (etwa eine Frauenquote) eine Appellfunktion hätte und zeitweise hilfreich wäre, um den Frauenanteil in deutschen Führungsgremien spürbar zu erhöhen.

Zur Quotenfrau degradiert

Allerdings befürworten nur 44 Prozent aller Spitzen-Managerinnen die Einführung einer gesetzlichen Frauenquote in Deutschland. Die übrigen befürchten, dass sie dadurch als Quotenfrau herabgewürdigt würden. Derzeit sind nur 2,4 Prozent aller Vorstands- und Geschäftsführungspositionen mit Frauen besetzt.

Nach einer Untersuchung, die soeben beim Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) in Bonn erschienen ist, sind Frauen auch bei Unternehmensgründungen unterrepräsentiert. Frauen seien weniger risikobereit als Männer und sie schätzen die Erfolgschancen einer eigenen Firma auch weniger optimistisch ein.

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