#endlichfreitag zur Mittagspause:Hungerspiele in der Kantine

Job-Kolumne #endlichfreitag

Die Mittagspause ist das Wochenende während der Woche. Zumindest, wenn sie gut geplant ist.

(Foto: iStock)

Die Mittagspause könnte die schönste Zeit des Arbeitstages sein. Sie ist aber vor allem eine nervenaufreibende Angelegenheit. Nicht nur, weil der Kollege Klette regelmäßig Essensverabredungen torpediert: "Ich häng' mich dran, ja?"

Von Johanna Bruckner

Job-Kolumne #endlichfreitag

Endlich Freitag. Hochgefühl! Ein letzter Gedanke an die verpatzte Präsentation am Montag, ein Erschauern im Rückblick auf das Get-together am Mittwochabend, schnell noch ein Papierkügelchen in Richtung des Kollegen im Polohemd geschnippt: Was Arbeitnehmer im Büro erleben und warum es immer wieder schön ist, wenn die Arbeitswoche rum ist - darum geht es in der Kolumne #endlichfreitag.

Es soll Arbeitnehmer geben, die schon morgens mit der Planung der Mittagspause anfangen. Da wird noch vor dem E-Mail-Account das Intranet geöffnet, um den Speiseplan abzurufen. Je nachdem, welche Gerichte sich dort finden (oder nicht finden), kann der Tag schon gelaufen sein. Nicht umsonst hält sich das Gerücht, die Sicherheitslage in einem Gefängnis stehe und falle mit der Knast-Kost.

"Linseneintopf an Reis" ist so ein Anti-Gericht der Kantinenküche - welcher Koch kommt bitte auf die Idee, eine Beilage an einer Beilage zu servieren? (Vegetarier mögen hier einwerfen, dass sie das Gericht durchaus schätzen und es überdies sehr gesund sein soll - aber am Ende bleibt es auch eine Geschmackssache.)

Ein weiterer sensibler Punkt: die Uhrzeit. Mit Öffnung der Kantine um 11.30 Uhr an der Essenausgabe zu stehen, hat einen klaren Vorteil. Man läuft nicht Gefahr, mit der auch optisch freudlosen Beilagen-Kombi auf dem Teller zu enden, weil alles andere schon aus ist. Nachteil: Seien wir ehrlich, schon in der Schule zeichnete sich der King of Cool nicht durch Überpünktlichkeit aus. Der Kantinenkönig geht folgerichtig nicht vor 13 Uhr zum Essen und strahlt dabei drei Dinge aus.

Erstens natürlich Lässigkeit: Er kommt grundsätzlich sieben Minuten zu spät zum Treffpunkt; nicht fünf (das tun nur Notoriker) und nicht zehn (grenzt an Unverschämtheit). Zweitens "Busy"-ness: "Sorryyyyy, wichtiger Anruf, da musste ich jetzt noch rangehen ..." Und drittens Siegerselbstbewusstsein: Schließlich hat er bewiesen, Herr über seinen Hunger zu sein - die Snack-Schublade für 12:57-Uhr-Notfälle ist sein bestgehütetes Geheimnis.

Wie damals im Sportunterricht

Womit wir schon beim letzten Faktor einer gelungenen Mittagspause wären: die Begleitung. Auch hier kann man auf seine Erfahrungen aus der Schulzeit zurückgreifen, gerade in größeren Betrieben gilt wie damals im Sportunterricht: Wer nicht schon in der Mathestunde zuvor seine Mannschaft rekrutierte, bekam im Zweifelsfall nur mehr Bewegungsmuffel mit ausgelaufenem Entschuldigungs-Abo für sein Team ab. Die Niederlage war noch vor Anpfiff gewiss.

Dasselbe gilt für die Mittagspause. Die ist immer dann verloren, wenn:

  • Die Kollegin/der Kollege über nichts anderes als die Arbeit sprechen kann. (Aus diesem Grund fällt auch jeder Business-Lunch unter diese Kategorie.)
  • Die Kollegin/der Kollege die Unterhaltung konsequent an der Lebenswirklichkeit des Gegenübers vorbei führt. (Ja, fehlende Kita-Plätze sind ein Problem, aber für Ledige so spannend wie die neueste Dating-App für glücklich Liierte.)
  • Oder jeder Klatschversuch mit der Moralkeule abgeschmettert wird. (Nicht zuletzt hat Klatsch arbeitssoziologisch betrachtet eine kathartische Funktion!)

Zugegeben, diese Auflistung ist subjektiv. Und vielleicht gehören Sie auch zu den glücklichen Arbeitnehmern, für die die Mittagspause eine ganz und gar unschuldige Angelegenheit ist, bei der es einzig um Nahrungsaufnahme geht. Aber Fakt ist: In Sachen Cliquenbildung stehen sich Klassenzimmer und Kantinen häufig in nichts nach. Beliebte Lunch-Partner sind über Wochen ausgebucht, sich mit ihnen zu verabreden, erfordert ähnlich viel Geduld, wie einen klammen Chef auf ein Gehaltsgespräch festzunageln. Und ohne Online-Kalender geht ohnehin nichts.

Wem das zu viel Aufwand ist, der kann jederzeit auf die Klette hoffen. Kollegen dieser Spezies planen ihre Mittagspause grundsätzlich nicht im Voraus, sondern klappern zu vorgerückter Lunchzeit die Büros der Kollegen ab: "Bist du schon zum Mittagessen verabredet? Super, da würd' ich mich anschließen - du hast doch nichts dagegen?"

Letzte Option: der Chef

Wenn sich selbst die Klette nicht blicken lässt, bleibt noch eine Option: der Chef. Der hat zwar den ganzen Stress nicht, aber auch nur selten Gesellschaft beim Essen. Der Grund liegt aus Arbeitnehmersicht auf der Hand - er ist die Verkörperung all jener Kollegen, mit denen man die Mittagspause eigentlich nicht verbringen möchte: Er spricht nur über Job-Themen (und wenn doch mal eine private Frage kommt, ist das fast noch unangenehmer), er führt das Gespräch an der Lebenswirklichkeit seines Gegenübers vorbei (qua Hierarchie) und er klatscht nicht (das würde ihm sofort negativ ausgelegt und außerdem bekommt er Büro-Gerüchte meist als Letzter mit).

Im Notfall ist der Chef aber immer noch besser als gar keine Gesellschaft. Denn so ein Mittagessen allein - das ist fast noch trauriger als ein Teller Reis-Linsen-Pampe.

Was haben Sie in dieser Woche im Job erlebt - Skurriles, Schönes, Nachdenklich-Machendes? Schreiben Sie uns unter Hashtag #endlichfreitag!

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