#endlichfreitag zum Urlaubsende:Bitte lass' es noch nicht Morgen sein

Job-Kolumne #endlichfreitag

Sleepy Horror: Die Nacht vor dem ersten Arbeitstag ist fast so schlimm wie der Tag selbst.

(Foto: iStock)

Vor ihm gibt es kein Entrinnen - der erste Tag nach dem Urlaub. Übernächtigt schleppt sich der Arbeitnehmer ins Büro, um dort festzustellen: Etwas stimmt nicht. Haben Humanoide die Macht übernommen?

Von Johanna Bruckner

Job-Kolumne #endlichfreitag

Endlich Freitag. Hochgefühl! Ein letzter Gedanke an die verpatzte Präsentation am Montag, ein Erschauern im Rückblick auf das Get-together am Mittwochabend, schnell noch ein Papierkügelchen in Richtung des Kollegen im Polohemd geschnippt: Was Arbeitnehmer im Büro erleben und warum es immer wieder schön ist, wenn die Arbeitswoche rum ist - darum geht es in der Kolumne #endlichfreitag.

Der Herzschlag beschleunigt sich allein beim Gedanken daran, der Fluchtinstinkt ist überwältigend: Wie, wie nur wie soll man ihm entkommen, dem ersten Tag nach dem Urlaub? Krankmelden? Vielleicht könnte man eine Schalentiervergiftung aus Spanien mitbringen? Oder doch lieber eine fiktive Verwandte sterben lassen? Während die Arbeitnehmerin im Geiste eine rührige E-Mail an den Chef verfasst ("Meine Großtante Aleida und ich waren uns vielleicht nicht immer geografisch nahe. Aber stets im Herzen."), überfällt sie die Erkenntnis: Es wird kein Entrinnen geben.

Dieser letzte Urlaubstag, er ist so kostbar und gleichzeitig so wertlos. Ihn zu durchleben, ist, wie in einem Geisterhaus zu wohnen: Das Schreckgespenst Job kann jederzeit überall auftauchen. Buh! Protokoll eines Post-Urlaub-Martyriums.

00:21 Uhr Die schlaflose Arbeitnehmerin starrt an die Decke. Eine Schattenfratze - die verblüffende Ähnlichkeit mit dem Autor des Erholungsratgebers auf ihrem Nachttisch hat - verhöhnt sie: "Ich hab's dir doch gesagt! Wärst du vernünftig gewesen, hättest du dir deinen Wecker gestern auf neun Uhr gestellt. Das ist ja wohl selbst im Urlaub machbar! Aber nein, du musstest ja bis in den Mittag ausschlafen. Und dann dieses Nickerchen am Spätnachmittag - wie blöd kann man sein!?" Die Arbeitnehmerin dreht sich auf die Seite, boxt ins Kissen (woher kommen plötzlich all die Federklümpchen?) und befiehlt sich, zu schlafen.

00:30 Uhr Der Schlaf verweigert sich. Die Arbeitnehmerin erwägt, die Zeit sinnvoll zu nutzen und schon mal ihre Arbeitsmails zu checken - vielleicht wird es dann morgen nicht ganz so schlimm? Aber nein, aus Prinzip nicht, sie hat schließlich noch Urlaub. "Also, wenn man es genau nimmt ...", wendet die Deckenfratze ein. Schnauze, denkt die Arbeitnehmerin und kneift trotzig die Augen zusammen.

00:50 Uhr Es ist zwecklos. Sie tapst in die Küche und durchsucht den Vorratsschrank nach diesem einzelnen Beutel Schlaf- und Nerventee. Vergeblich. Mit einem Glas Weißwein kehrt sie ins Bett zurück. Zur weiteren Beruhigung schaltet sie den Fernseher ein, es läuft eine Wiederholung von CSI Irgendwas, ihr fallen die Augen zu.

01:40 Uhr Sie schreckt hoch: Ist schon Morgen? Bitte lass' es noch nicht Morgen sein! Auf dem TV-Schirm wackeln nackte Brüste - Gott sei Dank, noch nicht Morgen. Sie schaltet den Fernseher aus.

03:43 Uhr Ist schon Morgen? Bitte lass' es noch nicht Morgen sein! Gott sei Dank.

06:45 Uhr Ist schon Morgen? Bitte lass' es noch nicht Morgen sein! Mist ...

06:53 Uhr Die Arbeitnehmerin quält sich unter die Dusche, das Wasser ist höchstens lauwarm. Eigentlich wollte sie den Hausmeister in den Ferien bitten, den Boiler endlich richtig einzustellen - hatte sie wirklich zwei Wochen frei? Tropfend steht sie über ihrem Kalender: Kein Zweifel, verdammt.

07:24 Uhr Der Kaffee ist alle. Verdammt, verdammt, verdammt.

567 E-Mails in Abwesenheit. 567!

08:03 Uhr Schweißgebadet schließt sie ihr Fahrrad vor dem Büro ab, verflucht ihre Untätigkeit während des Urlaubs - und die zehn Minuten, die sie in Duschen statt Dösen investiert hat.

08:05 Uhr Mit gesenktem Kopf betritt die Arbeitnehmerin das Gebäude, bloß kein Smalltalk vor dem ersten Kaffee. Sie erreicht den Aufzug ohne Zwischenfälle, drückt ihr Stockwerk, da hört sie von Weitem jemanden ihren Namen rufen. Die Arbeitnehmerin hämmert auf den "Schließen"-Knopf des Aufzugs. Gerade noch mal gut gegangen.

08:15 Uhr 567 E-Mails in Abwesenheit. 567! Sie will weinen.

10:30 Uhr Meeting mit den Kollegen. Die Arbeitnehmerin bekommt Panik, irgendwas stimmt nicht: Warum sprechen alle so schnell und aufgeregt? Warum wirken die Umsitzenden so wach und arbeitswillig? Haben Humanoide während ihrer Abwesenheit die Macht übernommen? Unauffällig setzt sie eine Notruf-SMS ab: "E.T. nach Hause telefonieren, DRINGEND!"

11:14 Uhr Da! Ein bekanntes Wort! "Hey Urlauberin, gleich Mittagspause - wie sieht's aus?", fragt einer der Roboter, der bei genauem Hinsehen eine vage Ähnlichkeit mit ihrem Lieblingskollegen hat.

12:30 Uhr Kantine. Auf dem Speiseplan stehen "Linguine al salmone". Es gibt also doch einen Gott.

13:44 Uhr 13:44 Uhr? Erst? Kann das wahr sein? Das darf nicht wahr sein!

13:48 Uhr Bei ihren Recherchen zum Recht auf Mittagsschlaf stößt die Arbeitnehmerin auf den "Nap Club" des britischen Journalisten Stuart Heritage. Sie wird umgehend Mitglied (die Aufnahmebedingungen erfahren Interessierte hier).

14:20 Uhr Sie tritt wieder aus, müder als zuvor.

15:03 Uhr "How to Get Through a Workday on No Sleep" - wenn das nicht vielversprechend klingt! Mal schauen, was die so raten:

  • ausgewogen Frühstücken (fürs nächste Mal dann)
  • Koffein nur in Maßen (ernsthaft? Was soll das für ein Ratgeber sein?)
  • frische Luft (die Fahrrad-Tortur hat sich also doch gelohnt)
  • die schwersten Aufgaben zuerst erledigen (gibt es leichte an so einem Tag?)
  • es ruhig angehen lassen (guter Ratgeber!)
  • ein leichtes Mittagessen (mmhhh ...)
  • wenn möglich, einen Mittagschlaf halten (erledigt)
  • früh Feierabend machen.

15:04 Uhr Erledigt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: