Ende der Hauptschule in Berlin:Keine Resterampe für Kinder

Raus aus dem Abseits: In der neuen Berliner Sekundarschule werden künftig alle Kinder, die nichts aufs Gymnasium gehen, zusammen lernen. Das ist eine Chance.

Constanze von Bullion

Es geht ein Gespenst um in Berlin, es heißt Sekundarschule, und viele Eltern mit bildungsbürgerlichen Ambitionen macht es Angst. In der Sekundarschule werden Berliner Oberschüler von sehr unterschiedlicher Intelligenz künftig gemeinsam lernen, also Kinder mit Lernziel Abitur neben ehemaligen Real- und Hauptschülern. Das Berliner Abgeordnetenhaus wird das dreigliedrige Schulsystem abschaffen, in Zukunft gibt es in Berlin nur zwei weiterbildende Schultypen: das Gymnasium und die Sekundarschule, die Schüler nach neun Jahren verlassen oder bis zum Abitur besuchen können. Die Hauptschule aber ist tot, das ist eine mutige Entscheidung, zu der man Berlin gratulieren muss.

Ende der Hauptschule in Berlin: Die Sekundarschule macht vielen Mittelstandseltern Angst - aber sie ist eine Chance für alle.

Die Sekundarschule macht vielen Mittelstandseltern Angst - aber sie ist eine Chance für alle.

(Foto: Foto: dpa)

Kein Schultyp ist durch so viel Frust und Perspektivlosigkeit geprägt wie die Hauptschule, diese Resterampe für Kinder, denen ohnehin nicht zugetraut wird, dass sie auf der gesellschaftlichen Leiter nach oben klettern. Dort sind in der Regel diejenigen endgelagert, die aus bildungsfernen Familien kommen, zu wenig Deutsch sprechen, langsamer lernen oder sonst wie stören. Dass sie jetzt rausgeholt werden aus dem Abseits, ganztags betreut sind und konfrontiert mit Schülern aller Schichten, ist ein Gewinn - auch für die Mittelstandskinder, deren Eltern jetzt um Privilegien fürchten und davor warnen, die Hauptschulklientel auf ihren Nachwuchs loszulassen.

Die Kinder der besser Gebildeten von heute sind die Leistungsträger von morgen, sie werden mal die Zeche zahlen, wenn das Heer der Abgeschriebenen weiter wächst. Damit gemeinsames Lernen funktioniert, müssen außer Eltern aber auch Lehrer und Schulbehörden umdenken - und erheblich in flexiblere Unterrichtsmethoden investieren.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: