Eliteuniversitäten:Deutsche Unis sind noch lange nicht Harvard

So sinnvoll der Exzellenz-Wettbewerb ist - die Hochschulen haben einen gewaltigen Nachholbedarf.

Tanjev Schultz

In Deutschland gibt es nun also drei offiziell ausgezeichnete Spitzen-Unis. Karlsruhe und die beiden Münchner Hochschulen haben das Finale im "Exzellenz-Wettbewerb" gewonnen. Der Sieg beschert ihnen nicht nur Geld, sondern auch Ruhm. Er gibt ihren Wissenschaftlern neues Selbstbewusstsein und die Mittel, um sich teure Forschungsprojekte zu leisten. Man darf ihnen gratulieren!

LMU München

Eingang der LMU am Geschwister-Scholl-Platz in München

(Foto: Foto: ddp)

Viele werden jedoch mit Argwohn auf die Sieger und den ganzen Wettbewerb blicken. Die einen machen sich lustig darüber, dass sich deutsche Universitäten zu Elite-Einrichtungen ausrufen lassen, obwohl ihr Prestige und ihre Etats meilenweit von führenden Privat-Unis in den USA entfernt sind.

Die anderen stoßen sich am ganzen Elite-Gequatsche und fürchten, im Schatten der wissenschaftlichen Leuchttürme werde es immer kühler werden. Die Masse der Hochschulen werde weiter verlottern, sagen sie. Beide Positionen sind sehr ernst zu nehmen, in ihrer Verachtung für den Wettbewerb liegen sie dennoch daneben.

Kein Abheben mit ein paar Millionen

Es war höchste Zeit, dass Bund und Länder mehr Geld in die Forschung an den Hochschulen stecken. Und es war richtig, das Geld nicht blindlings zu verstreuen, sondern in einem von Experten gesteuerten Wettbewerb zu vergeben. Seine Regeln, vor allem die Aufteilung in zwei sich überschneidende Runden, waren sicher nicht perfekt.

Aber die Hoheit über das Verfahren lag zumindest bei den Wissenschaftsorganisationen, die Möglichkeiten für politische Spielchen waren gering. So konnte ein schlichter Länder-Proporz bei der Kandidaten-Kür verhindert werden. Dass nun vor allem Unis in Bayern und Baden-Württemberg von dem Wettbewerb profitieren, kann niemanden überraschen.

Im Süden gibt es nun einmal besonders viele forschungsstarke Hochschulen. Der Wettbewerb hat außerdem eine Schlagseite zugunsten der Natur- und Ingenieurwissenschaften. Damit Geistes- und Sozialwissenschaftler keine langen Gesichter machen, brauchen sie rasch Programme, die auf ihre Bedürfnisse besser passen. Was ihnen vor allem fehlt, sind mehr Zeit, Ruhe und Muße - also eine Entlastung vom Verwaltungswahnsinn in der Wissenschaft.

Verbesserung der Studienbedingungen ist Pflicht

Wie steht es nun aber um die Sieger? Haben Karlsruhe und München Elite-Unis vom Kaliber Harvard - oder werden sie es bald? Gemach. Harvard hat 30 Milliarden Dollar auf der hohen Kante und eine Reputation, die noch lange nachhallen würde, selbst wenn die Professoren in Cambridge beschlössen, künftig nur noch Däumchen zu drehen.

Abheben können die Deutschen mit ein paar zusätzlichen Millionen nicht. Man möchte ihnen Wilhelm Buschs Zeilen zurufen über einen Frosch, der vom Fliegen träumt: "Wenn einer, der mit Mühe kaum / gekrochen ist auf einen Baum, / schon meint, dass er ein Vogel wär, / so irrt sich der."

Und auch in einem anderen Sinne sind die Prämierten keine Elite-Unis. Glücklicherweise. Ihnen fehlt nämlich der unerträgliche Dünkel und das Kastendenken, das an vielen Elite-Schmieden dieser Welt gepflegt wird. Ob schon Papa in Karlsruhe studiert hat, spielt im Aufnahmeverfahren der Uni keine Rolle. So wird es hoffentlich bleiben.

In dem Wettbewerb geht es ausschließlich um die Forschung. Um gute Universitäten zu schaffen und zu sichern, ist jedoch mehr nötig. Studenten brauchen in Deutschland endlich bessere Studienbedingungen. Zurzeit verhandeln Bund und Länder darüber, wie sie helfen können, den erwarteten Studentenansturm zu bewältigen.

Im Gespräch sind eine Milliarde Euro, mit denen neue Studienplätze geschaffen werden sollen. Das ist ein Anfang, reicht aber nicht. Denn mit der Umstellung der Studiengänge auf die neuen Bachelor- und Master-Abschlüsse steigt der Bedarf in der Betreuung. Der Wettbewerb für die Spitzenforschung war gut und richtig. Es fehlt ein ebenso teures Programm für die Lehre in ihrer ganzen Breite.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: