Elite-Unis:Der Weg zur Spitze

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Bildungsministerin Bulmahn beantwortet ganz praktische Fragen: Was nutzt Studenten eine Elite-Uni? Muss man dafür zahlen? Wäre es nicht besser, an die Mehrheit zu denken, statt Einzelne zu bevorzugen?

Es wird um die Besten gehen, und um Geld. Viel Geld. Am heutigen Montag trifft sich Edelgard Bulmahn, die Bundesbildungsministerin, mit ihren Kollegen aus den Bundesländern und will über Spitzen-Universitäten beraten. Alle wollen Elite-Unis, nur über die Finanzierung ist man sich noch nicht einig. Darum ist nicht klar, wie das heutige Treffen ausgeht.

Bundesbildungsministerin Bulmahn will, dass die besten Studenten künftig an den besten Universitäten studieren. (Foto: Foto: Bundesministerium für Bildung und Forschung)

Nikolaus Roettger und Till Hein sprachen mit der SPD-Politikerin über Elite-Hochschulen, Studiengebühren, und warum 14 Semester Studienzeit zu viel sind.

jetzt.de: Ab wann kann ich an einer Elite-Uni studieren?

Bulmahn: Der Wettbewerb der Hochschulen um den Status einer Spitzenuniversität soll noch in diesem Jahr starten, die Förderung der ausgewählten Universitäten 2006. Über die wenigen noch offenen Fragen will ich mich heute mit den Ländern verständigen. Im Interesse der Universitäten in Deutschland hoffe ich auf eine konstruktive Diskussion. Parteitaktische Überlegungen dürfen dabei keine Rolle spielen.

jetzt.de:Was muss ich tun, um an einer der Spitzen-Unis studieren zu dürfen?

Bulmahn: Spitzen-Unis sind besonders attraktiv für Nachwuchs und Spitzenkräfte aus dem In- und Ausland. Wenn mehr Bewerber als Studienplätze da sind, wird sich die beste Universität die besten Bewerberinnen und Bewerber aussuchen. Bei besonders begehrten Studiengängen, für die es bundesweite Zulassungsbeschränkungen gibt . . .

jetzt.de:... also alle Studiengänge, die derzeit über die ZVS vergeben werden?

Bulmahn: Ja, da ist der Weg für Veränderungen gerade freigemacht worden: Die 20 Prozent mit den besten Abiturnoten sollen sich ihre Wunschuniversität ab dem Wintersemester 2005/2006 selbst aussuchen können. Bei weiteren 60 Prozent der Bewerber entscheidet dann allein die Hochschule über die Zulassung. Und die restlichen 20 Prozent der Studienplätze werden nach Wartezeit vergeben.

jetzt.de:Was nutzt Studenten eine Elite-Uni?

Bulmahn: An diesen Hochschulen wird, jedenfalls in bestimmten Bereichen, eine exzellente Forschung betrieben und eine gute Lehre angeboten. Außerdem werden Nachwuchswissenschaftler gefördert.

jetzt.de: Geht die Förderung wirklich auch in die Lehre? Das heißt: Sitzen dann tatsächlich weniger Leute in einem Seminar, weil genug Geld vorhanden ist, um mehr Dozenten einzustellen?

Bulmahn: Vorrangiges Ziel ist sicherlich die Stärkung der Forschung. Aber das hat auch Rückwirkungen auf die Lehre. Die Bundesländer, die die Bildungshoheit haben, wollen diesen Punkt in eigener Zuständigkeit besonders unterstützen. Deswegen steht die Förderung der Lehre im gemeinsamen Bund-LänderProgramm nicht im Fokus.

jetzt.de: Muss ich für ein Studium an einer Spitzen-Uni zahlen?

Bulmahn: Im Bundesgesetz steht, dass ein Erststudium in jedem Fall gebührenfrei sein muss. Zulässig sind allerdings Studiengebühren für ein Zweit- oder ein Weiterbildungsstudium sowie Studiengebühren für Langzeitstudierende. Von diesen Möglichkeiten machen manche Bundesländer ja schon erheblichen Gebrauch.

jetzt.de: Und wenn das Bundesverfassungsgericht sagen sollte, dass das Verbot von Gebühren fürs Erststudium nicht zulässig ist?

Bulmahn: Ich denke, dass manche Leute nicht zu sehr über mögliche Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts spekulieren sollten. Das grenzt oftmals an Kaffeesatzleserei. Bislang wurde noch nicht einmal zur Frage des Studiengebührenverbots vor dem Bundesverfassungsgericht mündlich verhandelt. Also abwarten. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wird man weitersehen.

jetzt.de: Haben Sie für diesen Fall schon ein Studiengebührenmodell entwickelt?

Bulmahn: Nein, denn ich gehe davon aus, dass das Bundesverfassungsgericht unsere Position als rechtmäßig bewerten wird. Außerdem habe ich immer wieder gesagt, dass es mit mir keine Studiengebühren für grundständige Studiengänge in Deutschland geben wird.

jetzt.de: Die meisten Studenten werden nicht in den Genuss einer Spitzen-Uni kommen. Wäre es nicht besser, an die Mehrheit zu denken, statt Einzelne zu bevorzugen?

Bulmahn: Auch die Studierenden an anderen Hochschulen werden längerfristig von Spitzen-Unis profitieren, weil dort Maßstäbe gesetzt werden, denen andere Hochschulen nacheifern. Und auch an allen anderen Unis wird es Neuerungen geben: Schon jetzt haben wir Bachelor- und Master-Studiengänge ins Leben gerufen, bis ins Jahr 2010 sollen sie bundesweit eingerichtet sein. Wer klug ist, entscheidet sich dann für diese Studienangebote.

jetzt.de: Warum?

Bulmahn: Dafür sprechen viele Gründe. Die Studierenden können über ein Bachelorstudium schneller als bisher einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss erwerben. Wer dann noch nicht in den Arbeitsmarkt eintreten will und fit ist, kann sich im Rahmen eines Masterstudiums weiter qualifizieren. Mit einem Bachelor- und Masterabschluss ist man natürlich auch mobiler auf dem Arbeitsmarkt, der immer stärker international geprägt ist. Es bieten sich lauter faszinierende neue Möglichkeiten, die ich als Jugendlicher nutzen würde.

jetzt.de: Was hat Sie denn während des Studiums fasziniert - was war das Wichtigste?

Bulmahn: Ich habe gelernt, eigene Arbeitsschwerpunkte zu setzen, das Studium selbst zu strukturieren. Und ich habe beispielsweise eine ganze Reihe von Vorlesungen aus unterschiedlichen Fachbereichen mitgehört und mich interdisziplinär mit anderen Studierenden ausgetauscht.

jetzt.de: Auch heute wollen sich viele erst mal umschauen, wenn sie an die Uni gehen, und kennen lernen, was von anderen Fachbereichen angeboten wird.

Bulmahn: Zielstrebigkeit und vielfältige Interessen sind doch kein Widerspruch. Das lässt sich alles unter einen Hut bringen. Menschen können eine ganze Menge leisten - und manchmal unterfordern wir uns einfach nur.

jetzt.de: Was fordern Sie denn, was während der Ausbildungszeit beachtet werden sollte?

Bulmahn: Ich empfehle allen Jugendlichen in erster Linie, sich sehr gut zu informieren, bevor sie sich für eine Hochschule, ein Studienfach oder eine Lehre entscheiden. Nach Möglichkeit nicht nur übers Internet, sondern auch in persönlichen Gesprächen. Man sollte bereits in der Schulzeit Professoren und Berufsleute aus unterschiedlichen Sparten einladen. Die Zeit für die Erstausbildung sollte nicht ins Unendliche ausgedehnt werden. Aber ob es jetzt acht oder zehn Semester sind, das soll jeder selbst entscheiden.

jetzt.de: Das scheint beides knapp bemessen.

Bulmahn: Aber realistisch. 14 oder gar 16 Semester sollte man für das Erststudium meines Erachtens nicht benötigen.

jetzt.de: Welche Art Ausbildung halten Sie für besonders zukunftsträchtig?

Bulmahn: Langfristig werden wir sowohl in kaufmännischen Berufen, als auch bei den Beratungs- und Freizeitdienstleistungen ein großes Beschäftigungspotential haben. Nach wie vor aber auch im industriellen Bereich und in Handwerksbetrieben. Es gibt also viele Möglichkeiten, seinen Platz zu finden. Generell möchte ich sagen: Das Interesse an einem Fach oder einer Tätigkeit sollte zusammentreffen mit einer realistischen Chance auf eine Beschäftigung in diesem Bereich.

jetzt.de: Diese Chancen lassen sich aber schwer abschätzen: Noch vor wenigen Jahren galt Betriebswirtschaft als besonders krisensicher. Heute suchen viele Absolventen verzweifelt einen Job.

Bulmahn: Entscheidend ist daher nicht zuletzt die Frage, was sich aus einer Ausbildung, wenn es hart auf hart kommt, weiter machen lässt.

jetzt.de: Das heißt?

Bulmahn: Wenn ich ein Fach studiere, bedeutet das ja nicht, dass ich zwangsläufig immer in diesem Bereich bleiben muss. Wir werden in Zukunft alle ständig neue Zusatzqualifikationen erwerben müssen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Man wird generell eine große Bereitschaft haben müssen, das Bekannte kritisch zu überprüfen und gegebenenfalls durch etwas Besseres zu ersetzen. Nicht einfach aus Angst vor dem Neuen am Alten festzuhalten. Das ist ein wichtiger Bewusstseinswandel, ein Kulturwechsel, den wir in Deutschland dringend brauchen, damit es auch wirtschaftlich wieder aufwärts geht. Leider sind viele Leute, was die Zukunft betrifft, sehr ängstlich.

jetzt.de: Kann man ein Studium, was die Job Aussichten betrifft, denn überhaupt noch empfehlen?

Bulmahn: Absolut. Und ich setze mich ja auch vehement dafür ein, dass Ausbildungswege nicht als Sackgassen angelegt werden: Auch Jugendliche, die sich für eine Berufslehre entscheiden, sollen später - wenn sie wollen - durch Weiterbildungskurse noch vergleichbare Bildungsabschlüsse erreichen können wie einen Bachelor oder Master. Wir haben für IT-Berufe wie Multimedia Developer oder IT Systems Analyst bereits ein entsprechendes Fortbildungsmodell entwickelt. Das wird auch in vielen weiteren Branchen die Regel werden. Es wird in Zukunft immer mehr unterschiedliche Wege geben, um seine berufliche Karriere zu gestalten.

jetzt.de: Sie sprechen viel von der Zukunft. Für viele ist die Gegenwart aber gerade viel wichtiger.

Bulmahn: Das kann ich gut verstehen. Es wäre ja auch traurig, wenn junge Menschen nicht in erster Linie im Jetzt leben und diese Zeit genießen würden. Ausschließlich in der Gegenwart zu leben, halte ich aber dennoch für zu wenig.

© SZ - jetzt.de vom 5.7.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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