Doppelbelastung:Mütter sind immer häufiger psychisch krank

Sie sind Managerinnen für alles und sollen dabei stets guter Laune sein. Doch immer mehr Mütter sind erschöpft, überfordert von Zeitdruck und Doppelbelastung. Sie leiden unter Angstzuständen, Schlafmangel, Depressionen und Burn-out - und können oft nicht richtig behandelt werden.

Erschöpfung, Depressionen, Schlafstörungen - immer mehr Mütter in Deutschland sind psychisch krank. Die Zahl sei in den vergangenen acht Jahren um rund ein Drittel gestiegen, sagte die Kuratoriumsvorsitzende des Müttergenesungswerks, Marlene Rupprecht.

Mütter sind immer öfter von der Doppelbelastung Kind und Karriere überfordert.

Mütter sind immer öfter von der Doppelbelastung Kind und Karriere überfordert.

(Foto: dpa)

Vor allem wachsender Zeitdruck, die Doppelbelastung in Beruf und Familie und mangelnde Anerkennung ihrer Arbeit mache den Frauen zu schaffen. "Sie müssen die Managerinnen für alles sein und sollen dabei auch noch guter Laune sein, das ist kaum machbar." Zugleich bewilligen die Krankenkassen aber immer weniger Mutter-Kind-Kuren.

Im vergangenen Jahr wurden 39.000 Frauen und 56.000 Kinder in den Kliniken des Müttergenesungswerks behandelt. Das sind 8000 Patientinnen weniger als noch 2008. Zwischenzeitlich habe es bei den gesetzlichen Krankenkassen Ablehnungsquoten von bis zu 40 Prozent gegeben, sagte Rupprecht. Erst seit im Februar neue Begutachtungskriterien eingeführt wurden, seien Verbesserungen zu erkennen. "Nur, weil sich die Politik eingeschaltet hat."

Während psychische Erkrankungen bei Müttern zunehmen, gehen körperliche Probleme aus Rupprechts Sicht zurück. Früher seien häufig Atemwegs- und Stoffwechselprobleme behandelt worden. "Inzwischen sind Gelenk- und Wirbelsäulenbeschwerden die zweithäufigste Diagnose nach der psychischen Erkrankung."

Besonders belastet seien Mütter, die ihre eigenen Eltern oder sogar Kinder pflegen müssen. Doch nicht nur die Mütter, auch ihre Kinder werden behandelt. "Wenn es der Mutter schlecht geht, geht es auch dem Kind nicht gut", erklärt Rupprecht. Bereits Kinder im Grundschulalter übernähmen dann die Rollen von Erwachsenen und versuchten, der Mutter Last abzunehmen. "Die Kinder sind dann nicht rebellisch oder aggressiv, sondern extrem erwachsen für ihr Alter. Das ist eine Überforderung."

Belastungssyndrome beobachtet Rupprecht bei Müttern in allen Einkommenschichten. Bei den Patienten des Müttergenesungswerks habe es sogar eine Verschiebung von den unteren Einkommen hin zu höheren gegeben.

Das Müttergenesungswerk bietet neben kostenloser Beratung in bundesweit rund 1300 Stellen vor allem Mutter-Kind-Kuren in 82 Kliniken an. Die 1950 von Elly Heuss-Knapp gegründete Stiftung finanziert sich aus Vermögenserträgen, Sammlungen am Muttertag und Spenden. 2011 hatte das Werk laut Rupprecht zwei Millionen Euro zur Verfügung.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: