Deutsche Nationalakademie:Im Namen Ihrer Majestät

Die britische Royal Society soll Vorbild für den Rang der Leopoldina sein.

Alexander Menden

Es gibt in Großbritannien und dem ehemaligen Commonwealth zahlreiche Körperschaften, die sich als "Royal Society" bezeichnen dürfen: unter anderem die Royal Geographical Society und Royal Society of Medicine, aber auch die Königliche Gesellschaft zur Vermeidung von Unfällen oder die Königliche Numismatikervereinigung. Ihnen allen ist gemein, dass sie unter der Schirmherrschaft der britischen Monarchen stehen. Die traditionsreichste ist allerdings jene Vereinigung, die einfach nur Royal Society genannt wird - die britische Akademie der Wissenschaften.

Am 28. November 1660 als Gesellschaft zur Förderung experimenteller Forschung gegründet, gehörten zu ihren Gründungsmitgliedern der Architekt und Astronom Sir Christopher Wren und der Begründer der volkswirtschaftlichen Statistik, William Petty.

Nachdem König Charles II. ihr am 15. Juli 1662 sein Siegel verliehen hatte, durfte sie sich offiziell Royal Society of London for the Improvement of Natural Knowledge nennen. Von Beginn sah es die Royal Society als eine ihre wichtigsten Aufgaben an, naturwissenschaftlichen Erkenntnisgewinn zu unterstützen.

Seit 1665 gibt die Royal Society die Philosophical Transactions heraus, nach dem französischen Journal des sçavans die zweitälteste wissenschaftliche Fachzeitschrift Europas. Ihr hohes internationales Ansehen wurzelt in der beispiellosen Anzahl von Naturwissenschaftlern von Weltrang, die Mitglieder der Society waren: Die Präsidentschaft hatten unter anderem Sir Isaac Newton und der Entdecker des Elektrons, Joseph J. Thomson, inne.

Weitere Mitglieder waren Albert Einstein, Francis Crick und Stephen Hawking. Zu "Fellows" der Gesellschaft auf Lebenszeit werden alljährlich 44 bedeutende Naturwissenschaftler, Mathematiker und Ingenieure aus dem Commonwealth, in Ausnahmefällen auch Ausländer, die in Großbritannien arbeiten, von Kollegen gewählt. Die Gesellschaft vergibt Preise und Medaillen, die zu den bedeutendsten wissenschaftlichen Auszeichnungen der Welt zählen.

Erstklassiger Ruf, große Autorität

Zu 68 Prozent durch öffentliche Mittel, zudem durch Spenden, Investitionen und aus dem Magazinverkauf finanziert, hat die Royal Society heute 1300 Mitglieder. Sie kommt ihrem Gründungsauftrag der Forschungsförderung durch die finanzielle Unterstützung von rund 400 der "besten jungen Wissenschaftler im Vereinigten Königreich" nach.

Hierfür stehen zurzeit jährlich 37,5 Millionen Euro zur Verfügung. Der politische Einfluss der Royal Society ist nicht unbedeutend, wenn auch indirekt: Ihr erstklassiger Ruf und ihre große Autorität machen es für britische Regierungen geradezu unumgänglich, ihren Rat in all jene politische Entscheidungen einzubeziehen, die einen naturwissenschaftlichen Aspekt haben.

Schließlich übernimmt es die Royal Academy, die wissenschaftliche Arbeit britischer Institute im eigenen Land und auch nach außen zu präsentieren und zugleich die Ergebnisse weltweiter Forschung in Großbritannien zugänglich zu machen. In all diesen Bereichen ist die Londoner Gelehrtenvereinigung so überaus erfolgreich, dass es nahelag, sich bei der Gründung einer zentralen deutschen Nationalakademie der Wissenschaften in Struktur und Arbeitsweise an dieser ebenso ehrwürdigen wie auf der Höhe der Zeit agierenden Königlichen Institution zu orientieren.

Allerdings gibt es auch in Großbritannien nicht nur eine einzige Akademie der Wissenschaften. Obwohl sie mit der Royal Society of Edinburgh und der Royal Irish Society eng zusammenarbeitet, agieren die Letztgenannten unabhängig von der Londoner Schwesterakademie. Die schottische Royal Society hat zudem im Gegensatz zu ihrem Londoner Pendant ein Spektrum, das über das Gebiet der reinen Naturwissenschaft hinausgeht: Es schließt Geschichte und Literaturwissenschaft mit ein.

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