Frauenquote:"Starke Frauen schaffen es auch so nach oben"

Keine Lust auf staatliche Verordnungen: Die Politik diskutiert eine Quotenregelung für Frauen - doch nicht jede weibliche Führungskraft findet das gut.

Sibylle Haas

Angelika Gifford, 45, hält von einer Frauenquote wenig. "Ich habe viel dafür getan, um an die Spitze zu kommen", sagt das Mitglied der Geschäftsleitung von Microsoft Deutschland. Frauen sollten mehr Mut haben und ihre Chancen nutzen. Mädchen hätten zum Beispiel immer noch Angst, sich im Beruf mit IT oder Naturwissenschaften abzugeben. Deshalb sei es für den Softwarekonzern nicht immer leicht, Führungspositionen mit Frauen zu besetzen, obwohl dies ausdrückliches Ziel sei, so Gifford. Frauenförderung könne man daher nicht staatlich verordnen: "Sie muss in der Unternehmenskultur verankert sein."

Frauen in Dax 30 Unternehmen

Nur vier Frauen sind in den Vorständen der Dax-30-Unternehmen vertreten. Etwas besser sieht es in den Aufsichtsräten aus.

(Foto: SZ Grafik)

Angelika Gifford arbeitet in einem Unternehmen, das wie der US-Konzern IBM als vorbildlich in Sachen Frauenförderung gilt. Aus Sicht von Jutta von Falkenhausen, der Vizepräsidentin des Vereins "Frauen in die Aufsichtsräte", werden Frauen oft von Anfang an übersehen: "Männer haben Scheuklappen, sie setzen die Frauen nicht auf die entsprechende Karriereschiene." Frauen müssten die Chance bekommen, sich zu bewähren.

Die Zahlen sprechen für sich: In Deutschland ist der Anteil von Frauen auf Vorstandsposten bei den 30 Dax-Konzernen verschwindend gering: Er liegt bei 2,1 Prozent, wie eine Umfrage der Süddeutschen Zeitung ergab. Regine Stachelhaus (Eon), Angelika Dammann (SAP) sowie Barbara Kux und Brigitte Ederer (Siemens) sind Ausnahmefrauen. Auch Christine Hohmann-Dennhardt wird bald diesem Mini-Kreis angehören: Die Verfassungsrichterin übernimmt bei Daimler den neuen Vorstandsposten "Compliance und Integrität".

Als erstes und bislang einziges Unternehmen der ersten deutschen Börsenliga hat die Deutsche Telekom im Frühjahr 2010 eine Frauenquote eingeführt. Im Gesamtkonzern mit seinen 260.000 Mitarbeitern liegt der Frauenanteil bei etwa einem Drittel - entsprechend soll jede dritte Position im mittleren und oberen Management mit einer Frau besetzt werden.

Fast zehn Jahre ist es her, dass die Spitzenverbände der Wirtschaft und die Bundesregierung vereinbart hatten, die Karrierechancen von Frauen zu verbessern. Doch trotz Elterngeld, Krippenausbau und Vorzeige-Müttern in der Politik hat sich der Frauenanteil unter Führungskräften nach Angaben des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) seitdem kaum erhöht. "Das ist ein deutliches Zeichen dafür, dass freiwillige Selbstverpflichtungen nicht reichen", sagt DIW-Wissenschaftlerin Elke Holst. Sie hat zu dem Thema viel geforscht.

Man braucht Ehrgeiz - egal, ob Frau oder Mann

Etwas besser sieht es in den Aufsichtsräten aus. In den 200 größten Unternehmen des Landes beträgt der Frauenanteil seit langem etwa zehn Prozent. Allerdings, so kritisiert Holst, sei der überwiegende Teil der Frauen nur wegen der Mitbestimmung in den Aufsichtsrat gelangt - als Vertreterinnen der Arbeitnehmer. Das rückt die Zahlen in ein anderes Licht. Immerhin sind bei den 30 Dax-Konzernen zwei Frauen gleich mehrmals als Aufsichtsräte tätig: Renate Köcher, Chefin des Allensbach-Instituts, viermal - und die Trumpf-Chefin Nicola Leibinger-Kammüller zweimal. Überall gibt es einen Run auf Kandidatinnen für das Kontrollgremium: Demnächst soll die Fernsehmanagerin Anke Schäferkordt beim Chemieriesen BASF einrücken. Noch liegt der weibliche Anteil in den Aufsichtsräten der Dax-Firmen bei kümmerlichen 13,6 Prozent.

Teilzeit Vollzeit Frauen Arbeit Job Karriere Berufsleben

Die Möglichkeiten für flexible Arbeit werden von den Arbeitnehmern nicht immer genutzt.

(Foto: iStock)

Von der Debatte um eine gesetzliche Frauenquote in Deutschland ist Jutta von Falkenhausen vom Verein "Frauen in die Aufsichtsräte" begeistert: "Das Thema ist in der Politik und in der Mitte der Gesellschaft angekommen." Die Rechtsanwältin hält eine Geschlechterquote in Aufsichtsräten von 30 bis 40 Prozent juristisch für unproblematisch. Ihr Verein spricht von einem "Jahrzehnt der Frauen in der Wirtschaft". Dass die Pariser Nationalversammlung eine verbindliche Frauenquote in den Aufsichtsräten von 40 Prozent verabschiedet hat, sei eine "echte Revolution für die Gleichberechtigung". Auch die bayerische CSU hat sich auf 40 Prozent verpflichtet.

Die Unternehmerin Maria-Elisabeth Schaeffler hält dagegen nichts von der Frauenquote. Starke Frauen würden es auch so nach oben schaffen, glaubt sie. Auch Microsoft-Managerin Gifford ist stolz darauf, es ohne Quote geschafft zu haben. Man brauche eben viel Ehrgeiz, Durchsetzungskraft und Managementtalent - egal, ob Frau oder Mann.

Was halten Sie von der Frauenquote? Verraten Sie uns Ihre Meinung.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: