Business Schools:Masse statt Klasse

Deutschland spielt im globalen MBA-Markt noch immer keine Rolle. Keine deutsche Business School gehört zur internationalen Top-Liga. Das liegt an ihrer völlig neuen Bildungsphilosophie.

B. Schwertfeger

Andrew Delmenhorst schwärmt: "Das MBA-Studium in Mannheim ermöglichte mir mehr internationale Erfahrungen, als ich jemals in einem US-Programm gehabt hätte." International waren die allemal: Der 27-Jährige verbrachte Teile seines Studiums in Kopenhagen und Paris, und er arbeitete in einem Strategieprojekt für eine deutsche Beratung in Abu Dhabi. Für den Amerikaner war die Mannheim Business School daher die richtige Wahl. Doch außer ihm haben sich erst wenige Amerikaner für ein MBA-Studium an einer deutschen Business School entschieden.

MBA-Absolventen, dpa

MBA-Absolventen: Eine gute Business School braucht eine starke Führung mit einer klaren Strategie.

(Foto: Foto: dpa)

Deutschland spielt im globalen MBA-Markt noch immer keine große Rolle. Bisher gehört keine deutsche Business School zur internationalen Top-Liga, gerade mal eine Handvoll hat das Potential, dies in absehbarer Zeit zu schaffen. Trotz Bologna-Prozess und der damit verbundenen Umstellung auf Bachelor- und Masterabschlüsse tun sich deutsche Hochschulen noch immer schwer mit dem MBA-Konzept und seiner praxisorientierten Managementausbildung. "Business Schools haben eine Bildungsphilosophie, die sich von der Humboldtschen Universität grundlegend unterscheidet", sagt Professor Hans Tümmers. Sie dienten in erster Linie der Wirtschaft und nicht der Wissenschaft. Dennoch zeichneten sich renommierte Business Schools durch eine exzellente, wenn auch anwendungsorientierte, Forschung aus.

Fokus auf einer Branche

Der MBA-Experte hält es für fatal, dass Deutschland noch immer keine international führende Business School hat - im Gegensatz zu Ländern wie Frankreich oder Spanien. "Business Schools sind von strategischer Bedeutung für eine Volkswirtschaft", mahnt Tümmers, der seit kurzem Geschäftsführer der neu gegründeten Hohenheim Management School ist, die im nächsten Jahr zusammen mit der französischen Top-Schule HEC einen Executive MBA für erfahrene Manager starten will.

Doch bisher bietet Deutschland vor allem Masse statt Klasse. Laut MBA Guide 2008 gab es im vergangenen Jahr 252 MBA-Programme und 129 MBA-Anbieter. Dabei haben zwei Drittel aller Programme einen Fokus auf eine Branche oder einen Bereich. Das reicht vom MBA in Accounting bis hin zum MBA in Wissensmanagement. Damit schärfen die Hochschulen zwar ihr Profil und konzentrieren sich auf eine bestimmte Zielgruppe, die Entwicklung führt jedoch zu einer Verwässerung des MBA-Titels. Denn etliche Programme haben - außer dem Titel - wenig mit einer General-Management-Ausbildung gemeinsam. Branchenspezifische MBA-Programme hätten durchaus ihre Berechtigung, meint Ulrich Winkler, Pro-Rektor für Lehre an der European Business School (EBS) in Oestrich-Winkel. Allerdings müsse das Qualifizierungsziel stets eine Position in der Unternehmensführung sein. So könne etwa ein Arzt mit einem MBA in Health Care eine Managementfunktion in einem Krankenhaus übernehmen oder zu einer Unternehmensberatung gehen.

Shooting-Star unter deutschen MBA-Anbietern

Dass sich deutsche Hochschulen mit dem MBA-Konzept so schwertun, liegt oft an ihrer Struktur: Eine gute Business School braucht eine starke Führung mit einer klaren Strategie, um sich den Herausforderungen in der Wirtschaft schnell anpassen zu können. "Bei uns regiert doch jeder Lehrstuhlinhaber wie ein kleiner König und lässt sich nichts vorschreiben", bemängelt Tümmers.

Dass es auch anders geht, beweist die Mannheim Business School. Entstanden aus der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Mannheim gilt sie als Shooting-Star unter deutschen MBA-Anbietern. Als erste deutsche Institution verfügt sie über alle drei relevanten internationalen Akkreditierungen (AACSB, Equis, Amba). Mit dieser sogenannten Triple Crown kann sich weltweit nicht einmal ein Prozent der Business Schools schmücken. Auch mit den Studentenzahlen geht es in Mannheim aufwärts: Im gemeinsamen Executive MBA mit der französischen Business School Essec studieren derzeit 41 Teilnehmer im modularen und 43 im Wochenend-Format. Das 2002 erstmals angeboten Vollzeit-MBA-Programm startet im September mit 40 Teilnehmern - das heißt mit der bisher größten Klasse. Lediglich ein Drittel der Teilnehmer kommt aus Europa, 31 Prozent stammen aus Asien, 21 Prozent aus Lateinamerika und zehn Prozent aus Nordamerika.

Erstmals können die Teilnehmer ihr Studium in vier Varianten gestalten: Entweder komplett in Mannheim ("German Track") studieren, einen dreimonatigen Aufenthalt an einer renommierten nordamerikanischen oder asiatischen Partnerinstitution ("Transatlantic Track", "Eurasian Track") oder zwei dreimonatige Studienaufenthalte an europäischen Business Schools ("European Track") wählen. 61 Prozent haben den German Track belegt. "Der Standort Deutschland bietet ein Potential, das häufig unterschätzt wird", sagt Professor Christian Homburg, Präsident der Mannheim Business School. Made in Germany sei noch immer ein weltweit anerkanntes Gütesiegel, auch in der Bildung; viele der hochqualifizierten ausländischen Talente wollten danach in Deutschland arbeiten. "Unsere Herausforderung ist es daher, ihnen auch die Perspektiven zu bieten, die sie erwarten", sagt Homburg.

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Masse statt Klasse

Internationaler Hintergrund

Das hält Michael Frenkel noch immer für schwierig. "Viele Unternehmen haben die deutschen MBA-Schulen noch nicht auf dem Radar", sagt der Rektor der WHU - Otto Beisheim School of Management in Vallendar. Doch auch die WHU will wachsen. Bisher ist das 2005 gestartete Vollzeitprogramm mit 24 Teilnehmern noch sehr klein, und gut die Hälfte der Teilnehmer kommt aus Deutschland. Bestens etabliert ist dagegen der seit 1997 angebotene gemeinsame Executive MBA mit der Kellogg School of Management in Chicago. Im jüngsten globalen Executive MBA-Ranking der britischen Zeitung Financial Times belegte das Programm sogar Rang zwölf. Die neue Klasse besteht aus 51 Teilnehmern, mehr als die Hälfte hat einen internationalen Hintergrund.

Steigende Nachfrage, vor allem bei Ausländern, verzeichnet auch die Handelshochschule Leipzig (HHL). So legte das einjährige Vollzeitprogramm in diesem Jahr mit 38 Studenten kräftig zu. 2007 waren es erst 30. Ziel sei es, die Klasse auf 80 Studenten zu vergrößern, sagt Torsten Wulf. "Wir müssen Deutschland als MBA-Markt noch viel bekannter machen", fordert der Akademische Direktor der MBA-Programme an der HHL.

Erst einmal Vokabeln büffeln

Während die führenden MBA-Anbieter eine etablierte deutsche Hochschule im Rücken haben, ging die Gisma Business School in Hannover einen anderen Weg und begann 1999 als Partnerschule der Krannert School of Management an der amerikanischen Purdue University. Inzwischen ist sie in die staatliche Leibniz Universität integriert, und die Studenten bekommen nun erstmals neben dem amerikanischen auch einen deutschen MBA-Abschluss; dazu brauchen sie allerdings gute Deutschkenntnisse. Für 35 der 73 neuen Studenten heißt es daher: erst einmal Vokabeln büffeln.

Nach wie vor auf Alleingang setzt dagegen die European School of Management and Technology (ESMT) in Berlin, die 2002 von 25 großen deutschen Unternehmen, darunter Allianz, Deutsche Bank und SAP, gegründet wurde. 2006 startete dort der erste Vollzeitstudiengang mit 29 Studenten, derzeit sind es 31 - trotz Stipendien in Millionenhöhe. Doch nicht nur an Studenten mangelt es dem selbsterklärten "deutschen Harvard", auch die Reputation als Hochschule fehlt bisher. Dennoch will die Schule bereits 2012 zu den Top 10 der europäischen Business Schools gehören.

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