Blanke Wohnungsnot:Zehntausende Studenten suchen Quartier

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Ist nicht doch irgendwo ein Zimmer frei? Der Ansturm auf die Hochschulen fegt den Wohnungsmarkt leer. In vielen Universitätsstädten campieren die Erstsemester auf Matratzenlagern in Notquartieren. Auf der Suche nach Unterkünften kommt alles in Frage - vom Altenheim bis zum Kinderzimmer.

Johann Osel

Es ist einer dieser Hilferufe, wie er in diesen Tagen in mehreren Städten ausgesandt wird. "Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger", schreiben der Konstanzer Oberbürgermeister und die Rektoren der örtlichen Universität und Fachhochschule in einem offenen Brief an die Bevölkerung - und kommen rasch zur Sache.

Notschlafstelle im Partyraum: In Regensburg campieren wohnungslose Studenten derzeit im Keller eines Studentenwohnheims. (Foto: dapd)

Vielleicht hat der eine oder andere Bürger nicht doch noch ein Zimmer frei oder eine Ferienwohnung zu vergeben, zumindest übergangsweise? Oder vielleicht jemand im Bekanntenkreis, gerne auch in der Umgebung statt in der Stadt? "Bedauerlich" wäre es doch, wenn die vielen auswärtigen Studenten keine passende Unterkunft am Bodensee fänden und trotz Zulassung am Ende nicht nach Konstanz kämen.

Der Präsident der Uni Frankfurt, Werner Müller-Esterl, drückt es in einem ähnlichen Appell an die Bürger drastisch aus: Es "drohen unserer Stadt kluge Köpfe verlorenzugehen, da sie sich gezwungen sehen, sich für Regionen zu entscheiden, in denen studentischer Wohnraum eher verfügbar ist".

Kurzum: Quer durch die Republik herrscht derzeit blanke Wohnungsnot. Dass es mit den gut 500.000 Erstsemestern, die wegen doppelter Abiturjahrgänge und der Aussetzung der Wehrpflicht zum Wintersemester in die Hochschulen drängen, in den Hörsälen eng werden würde, war klar.

Die Unis haben sich gerüstet und verwalten den Ansturm, mancherorts mehr schlecht als recht. Auch die Wohnheimkapazitäten wurden vielerorts aufgestockt - doch offenbar unzureichend. Und die vielen Studenten fegen den privaten Wohnungsmarkt in den Hochschulstädten leer. Zehntausende dürften bundesweit in diesen Tagen noch auf der Suche nach einer Bleibe sein.

In Altenheimen und Kinderzimmern

Trotz pfiffiger Lösungen: In Erlangen etwa sollen sich nach dem Willen der Kommune Studenten bei Senioren einquartieren - und im Gegenzug den Rasen mähen oder einkaufen. Andernorts schaut man gleich, ob nicht in Altenheimen Plätze frei sind; oder man schreibt gezielt Eltern an, von denen man weiß, dass der Nachwuchs ausgezogen ist, und bei denen das Kinderzimmer nun ungenutzt sein könnte.

In Städten wie Heidelberg wurden Notquartiere errichtet, dort schlafen bis zu fünf Studenten auf Klappbetten in einem Raum, Gemeinschaftsdusche inklusive. Das Deutsche Studentenwerk (DSW) berichtet von Horden von Bewerbern und langen Wartelisten für einen Platz im Wohnheim.

Nötig seien aktuell mindestens 25.000 zusätzliche Plätze. DSW-Generalsekretär Achim Meyer auf der Heyde sagt, man habe Bund und Länder mehrmals auf das drohende Problem hingewiesen. Studenten bräuchten eben "nicht nur einen Studienplatz, sondern auch ein Dach über dem Kopf".

© SZ vom 24.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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