Bildung:Das Problem beginnt im Kindergarten

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Im aktuellen OECD-Bericht kommt Deutschland nicht gut weg: An Schulen und Kindergärten zu sparen sei ein Fehler. Bildungsexperte Andreas Schleicher sieht jedoch auch positive Ansätze.

Das deutsche Bildungssystem braucht zu seiner Rettung nach Ansicht des OECD-Experten Andreas Schleicher mehr Flexibilität und Differenzierung. Auch wenn nach dem Schock der Pisa-Studie in Deutschland viel passiert sei, drohe das Land den Anschluss zu verlieren, weil insgesamt in den OECD-Staaten ein rasanter, dynamischer Aus- und Umbau der Bildungssysteme stattfinde, sagte Schleicher am Dienstag unmittelbar vor Veröffentlichung der neuen Bildungsstudie der Organisation. Nötig seien noch mehr Investitionen in Bildung.

"Schon früh wird ausgesiebt, das ist nicht der richtige Weg." (Foto: Foto: dpa)

"Ich glaube, es ist viel passiert", sagte Schleicher, der die Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung miterstellt hat, im Norddeutschen Rundfunk. Als positive Signale nannte er die Bemühungen in den Bereichen Ganztagsschule, im Elementarbereich und in der Struktur der Hochschulen. Dennoch sei die Dynamik im Aus- und Umbau des Bildungssystems weniger ausgeprägt als in den erfolgreichen Bildungsnationen. "Und das ist sehr schwer, das nachzuholen, was in anderen Staaten vor 10 oder 20 Jahren bereits passiert ist."

Nötig sei ein "flexibles offenes Bildungssystem, in dem der Einzelne seinen eigenen Bildungsweg gestalten kann", betonte Schleicher. Dabei seien die Ganztagsschulen ein wesentlicher Schritt, um die starken sozialen Unterschiede auszugleichen und mehr Raum zur Förderung zu bieten. Als Hauptproblem in Deutschland sieht Schleicher aber, dass Bildung rationiert werde: "Schon früh wird ausgesiebt, das ist nicht der richtige Weg", sagte er im ZDF.

In anderen Ländern werde "die Verschiedenheit von Menschen, von Talenten nicht so sehr als Problem angesehen, auf das man mit Schulstrukturen antwortet, sondern dort geht man konstruktiv damit um". Sollte sich in Deutschland in dieser Hinsicht nichts ändern, werde die Wirtschaft auch zukünftig über zu wenig Hochschulabsolventen klagen müssen.

Auch der deutsche Koordinator der Pisa-Studie, Manfred Prenzel, sprach sich dafür aus, nicht "alle Kinder gleich machen zu wollen". Nötig seien Schulen mit mehr Profil und Identität, sagte er dem neuen Bildungsmagazin "Focus-Schule". Mit Blick auf die neuen OECD-Studie sagte Prenzel, es sei bereits als Fortschritt zu werten, wenn Deutschland nicht noch schlechter abschneide als beim letzten Test.

Kultusministerkonferenz weist Vorwürfe zurück

Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), Doris Ahnen, wies Schleichers Kritik zurück. "Ich kann mir die Fundamentalkritik der OECD nicht erklären", sagte die SPD-Politikerin und rheinland-pfälzische Kultusministerin. In kaum einem anderen Land sei nach der Pisa-Studie so intensiv über Bildung diskutiert worden wie in Deutschland. Die Kultusminister kämpften um jeden Euro. Die Priorität sehe man in der frühkindlichen Bildung, wichtig sei aber auch, dass mehr Effektivität im Studienbereich erreicht werde. Auch Ahnen sprach sich für mehr individuelle Förderung im der Schule und "ein größeres Maß an Durchlässigkeit" aus.

Der Anteil öffentlicher Bildungsausgaben an den öffentlichen Gesamtausgaben liege nach der aktuellen OECD-Studie seit 1995 unverändert bei 9,7 Prozent, berichtete die Zeitung Die Welt am Dienstag unter Berufung auf die Studie. Der Durchschnitt innerhalb der OECD sei von 1995 bis 2001 aber auf 12,7 von 9,7 Prozent gestiegen.

Weiter berichtet Die Welt, dass die OECD auch die Situation in den Grundschulen und Kindergärten in Deutschland bemängele. Hier bedürfe das Betreuer-Kinder-Verhältnis der Verbesserung. Besonders gravierend sei die Situation im Elementarbereich, in dem etwa 24 Kinder auf eine Betreuungsperson kommen, die nach dem Vereinigten Königreich ungünstigste Relation innerhalb der OECD.

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