Bildstrecke:Doppeltes Einkommen, doppelte Last

Wie schaffen es Eltern, die beide berufstätig sind, Familienleben und Job zu verbinden? Es ist hart, aber es geht - drei Fallbeispiele. Protokolle: Felix Berth, Sarina Märschel

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Anke Lessmann, 42, ist Managerin in einer Unternehmensberatung. Sie schätzt, dass sie pro Woche ungefähr 80 Stunden arbeitet. Ihre Tochter ist sechs Jahre alt.

"Nachmittags ist unsere Tochter im Hort, abends ist mein Mann für sie da. Er arbeitet zwar auch Vollzeit, aber er achtet darauf, dass es bei ihm nicht wesentlich mehr als vierzig Stunden werden. Ich versuche schon auch, zum Abendessen zuhause zu sein, doch das klappt nur selten. Spätabends lege ich oft Nachtschichten ein. Letzte Nacht zum Beispiel habe ich um zwei Uhr den Rechner runtergefahren. Manchmal nervt das. Aber ich arbeite lieber 80 Stunden in meiner Firma als 40 woanders, ich liebe meinen Job. Und ich vermute, dass ich kein ganz gewöhnliches Rollenvorbild für meine Tochter bin. Sie hat jahrelang nicht geglaubt, dass auch Frauen kochen können. Denn das erledigt bei uns mein Mann; der kann es besser.

Ob wir ein entspanntes Familienleben haben? Entspannt vielleicht nicht gerade, aber befriedigend. Wir checken das auch immer wieder: Ist mein Arbeitspensum für die Familie okay, oder geht es zu Lasten unserer Tochter? Und meistens spüren wir, dass es passt. Gerade, wenn wir unsere Tochter anschauen: ein offenes, glückliches Kind, das in sich ruht. Solange es ihr so gut geht, wissen wir, dass unsere Lebensweise für uns richtig ist.

Ein zweites Kind planen wir nicht. Ich bin spät Mutter geworden. Und wir haben so ein Glück mit unserer Tochter, dass wir es dabei belassen wollen."

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Ulrich Stief, 43, ist Inhaber eines Handwerksbetriebs. Seine Frau Christiane, 43, arbeitet als Managerin bei einem Logistikunternehmen. Die Drillinge des Ehepaars sind neun Jahre alt.

"Wir haben unsere Kinderbetreuung komplett privat organisiert, mit Hilfe von Freunden und meiner Schwiegermutter. Wenn die Kinder aus der Schule kommen, kümmere ich mich um sie. Ich habe mich als Klempner und Heizungsbauer selbständig gemacht, um die Arbeit so einteilen zu können, dass ich die Kinder betreuen kann. Ich arbeite vormittags beim Kunden, nachmittags bin ich telefonisch erreichbar. Den Rest mache ich abends und am Wochenende.

Uns beiden bedeutet der Beruf eine ganze Menge; weder meine Frau noch ich wollten ihn aufgeben. Ich war zwei Jahre ganz zu Hause, als die Kinder noch klein waren. Da fehlt einem schon etwas, das soziale Umfeld und die Ansprache. Interessant war übrigens auch, was passiert ist, als ich als Mann im Mutter-Kind-Turnen aufgetaucht bin: Da bin ich anfangs schon etwas geschnitten worden. Inzwischen hat sich wohl rumgesprochen, dass ich kein Kind beiße.

Was unsere Kinder von diesem Familien-Modell halten? Sie sind damit aufgewachsen und kennen es gut. Sie haben aber mitgekriegt, dass es nicht der Normalfall ist. Meistens sind ja die Mütter halbtags zu Hause. Unsere Kinder haben schon gefragt, warum wir das anders machen als alle anderen. Wir haben geantwortet, dass meine Frau und ich damit glücklicher sind. Damit waren sie ganz zufrieden.

Und wir wissen, dass sich der ganze Stress lohnt, wenn wir beruflich zufrieden sind. Wenn die Kinder aufs Sofa krabbeln, mit einem kuscheln und sagen, dass sie einen lieb haben. Dann geht einem das Herz auf, und man weiß: Das ist genug."

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Christoph Wortig, 40, ist Mitglied der Geschäftsleitung einer großen Bank. Seine Frau ist Marketing-Chefin bei einem Versicherungsmakler. Ihre Söhne sind neun und zwei Jahre alt; beide Elternteile arbeiten nach eigener Einschätzung "schon mal mehr als fünfzig Stunden die Woche".

"Wir zahlen pro Monat 1000 Euro für die Kinderfrau, die nachmittags da ist. Dazu 400 Euro für die Haushaltshilfe, 100 Euro für das Mittagessen in der Schule. Und knapp 300 Euro für die Kita des kleinen Sohnes. Insgesamt sind das fast 2000 Euro. Das mag ungeheuerlich wirken, aber wir haben uns von Anfang an darauf eingestellt. Unser Weg bedeutet eben, dass wir nicht den Lebensstandard kinderloser Doppelverdiener haben.

Zum Abendessen ist mindestens einer von uns Eltern zuhause; ein oder zwei Mal pro Woche schaffen wir es, dass alle vier gemeinsam dasitzen. Und die Wochenenden sind weitgehend für die Familie reserviert. Ich habe auch nicht den Eindruck, dass ich wenig von den Kindern mitkriege - im Gegenteil. Ich glaube, ich habe guten Kontakt zu ihnen. Ich bin ganz sicher nicht jemand, den meine Kinder 'Onkel' nennen würden.

Spätschichten am heimischen Computer sind bei uns relativ selten; sie sind nur fällig in Phasen, in denen die Arbeit besonders viel fordert. Das Gute an unseren Jobs ist, dass wir uns die Arbeitszeiten selbst einteilen können. Ich kann meinen Kollegen sagen: 'Heute komme ich erst um 10 Uhr, weil ich mit meinem Sohn zum Arzt muss.' Das funktioniert, weil wir unsere Familiensituation in den Unternehmen transparent gemacht haben. Das heißt: Alle, die es wissen müssen, sind informiert, dass meine Frau genauso viel arbeitet wie ich.

Ob man in dieser Konstellation Karriere machen kann? Das Modell bringt nach meiner Erfahrung keinen Karriereknick. Trotzdem denke ich, dass es die Karriere verlangsamt: Ein Schritt, den ein Kollege in zwei Jahren macht, dauert bei mir vielleicht drei.

Mag sein, dass unser Familienleben tatsächlich nicht durch Entspannung geprägt ist. Gerade der klassische Samstag ist ein Tag, an dem lange To-do-Listen abgearbeitet werden müssen. Aber ich denke, Entspannung ist auch nicht das Wichtigste. Viel wichtiger ist, ob eine Familie mit ihrem Modell zufrieden ist. Und das sind wir."

Bilder: Grabowsky/phototek Protokolle: Felix Berth, Sarina Märschel

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