Bewerbungsgespräch:Die heikle Frage nach der Konkurrenz

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Darf man lügen, wenn der Personaler im Vorstellungsgespräch wissen will, ob man sich noch bei anderen Unternehmen beworben hat? Beraterin Christine Demmer gibt Tipps, wie sich Bewerber in einer solchen Situation am besten verhalten.

SZ-Leser Michael G. fragt: Ich bin 34 Jahre alt und promovierter Chemiker. Vor einem halben Jahr wurde mir betriebsbedingt gekündigt, seither suche ich eine neue Stelle. Das Bewerbungsprozedere zieht sich in manchen Fällen über Wochen hin. Im zweiten Gespräch wurde ich jetzt schon mehrmals gefragt, ob ich auch noch andere Bewerbungen "am Laufen" hätte, was ich wahrheitsgemäß bejahte. Da ich bisher nur Absagen bekam, frage ich mich nun, ob ich mich besser anders verhalten sollte. Signalisiere ich mit einem Ja, dass ich nicht ernsthaft genug an diesem speziellen Unternehmen interessiert bin? Oder würde umgekehrt ein Nein bedeuten, dass ich zu träge bin, um mehrere Eisen im Feuer zu haben?

Soll man es im Vorstellungsgespräch zugeben, wenn man sich bei mehreren Unternehmen gleichzeitig beworben hat? Es gibt Argumente dafür und dagegen. (Foto: iStockphoto)

Christine Demmer antwortet:

Lieber Herr G., die kurze Antwort auf die von Ihnen gestellte Frage vorweg: Werfen Sie eine Münze. Es gibt Argumente dafür und dagegen - sowohl für ein Ja wie für ein Nein. Wenn Sie offen sagen, dass Sie sich auch bei anderen Unternehmen beworben haben, hält Sie Herr Meier für ehrlich und willens, möglichst schnell wieder im Beruf Fuß fassen zu wollen. Frau Müller, die ihre Firma für den Nabel der Welt hält, mag Ihnen deswegen grollen.

Beteuern Sie hingegen, dass Sie sich ausschließlich auf diese eine Stelle beworben haben, könnte Personalchef Schulze Ihnen - völlig zu Recht - eine ordentliche Portion Lebensuntüchtigkeit vorwerfen. Personalchef Lehmann wiederum fühlt sich im Namen seines Arbeitgebers womöglich geschmeichelt.

Bevor Sie es nicht ausgesprochen haben, wissen Sie nicht, wie Meier, Müller, Schulze und Lehmann reagieren. Ich rate Ihnen daher, im Zweifel den unkompliziertesten Weg zu gehen und einfach zu sagen, wie es ist.

So weit meine kurze Antwort. Die längere Antwort richtet sich auf die nicht von Ihnen gestellte Frage. Warum handelt sich ein junger, promovierter Chemiker mit Berufserfahrung über Monate nur Absagen ein? Es liegt bestimmt nicht an einem simplen Ja oder Nein, siehe oben. So viel Pech können Sie gar nicht haben, dass Sie bei jedem Vorstellungsgespräch den einzigen Fettnapf weit und breit erwischen. Der wahre Grund muss woanders liegen.

Denkbar ist zum Beispiel, dass Ihnen die betriebsbedingte Kündigung nicht abgenommen wird. Wenn Ihr letzter Arbeitgeber nicht wie Holzmann, Quelle oder Manroland mit Pauken und Trompeten in den Konkurs gegangen ist, bleiben Zweifel. Jeder Personaler weiß, dass als Trostpflaster für eine Entlassung häufig Gefälligkeitszeugnisse ausgestellt werden. Und oft genug dürfen sich die Mitarbeiter das Zeugnis ja sogar selber schreiben.

Bitten Sie daher Ihren letzten Chef, das Zeugnis neu zu formulieren und den konkreten Grund für die betriebsbedingte Kündigung zum Ausdruck zu bringen. Das könnte zum Beispiel so klingen: "Aufgrund der wirtschaftlichen Situation sahen wir uns gezwungen, uns im Rahmen der Restrukturierung von 15 Prozent der Mitarbeiter zu trennen. Den Ausschlag dafür gab die Sozialauswahl." Ebenfalls helfen kann die Aussage, dass Sie keinerlei Mitschuld an der Lage getragen hätten, sondern dass man Sie sehr empfehlen könne und sich außerordentlich freuen würde, ". . . wenn er sich bei neuem Personalbedarf wieder bei uns bewerben würde".

© SZ vom 10.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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