Bewerbung:Suchen und gefunden werden

Seitdem Personaler die Suchmaschinen für sich entdeckt haben, müssen Bewerber extrem vorsichtig mit dem Internet umgehen. Doch sie können das Netz auch für sich nutzen.

Neukunden bei ihrer Karriereberatung begrüßt Svenja Hofert sehr direkt: "Sie sind Mitglied im Tennisclub Wedel und bei Attac". Dann staunen die Bewerber meist nicht schlecht, manche sind regelrecht verlegen: Woher denn die Kenntnis über ihre Mitgliedschaft in dem globalisierungskritischen Netzwerk stamme? Dabei ist die Karriereberaterin aus Hamburg nur den Weg gegangen, den auch viele Personaler einschlagen: Sie hat den Namen in Suchmaschinen eingegeben, Profile in Netzwerken studiert, in öffentlichen Foren mitgelesen und ist schnell fündig geworden. Das Internet verrät viel Persönliches, was bei der Stellensuche nicht immer von Nutzen ist.

Googlesuche, Reuters

Googlesuche: Statt auf eine Stellenanzeige zu reagieren, werden aus Bewerbern Selbstdarsteller im Internet.

(Foto: Foto: Reuters)

"Gerade junge Bewerber machen sich nicht klar, dass sie für Jahre Spuren hinterlassen, wenn sie Partyfotos oder das privat gedrehte Video hochladen", sagt Hofert. Dabei gebe es schon längst Webseiten, die nichts anderes tun, als Profile sichtbar zu machen und Imagepunkte für eine positive Webpräsenz zu vergeben. Die deutschsprachige Personensuchmaschine yasni.de zum Beispiel bewertet in einem "VIP-Rank" die Glaubwürdigkeit der gefundenen Person.

Selbstdarsteller im Internet

"Das heißt nicht, dass die Attac-Mitgliedschaft geheim gehalten werden muss, aber wer das öffentlich macht, sollte auf entsprechende Fragen im Bewerbungsgespräch vorbereitet sein." Das Suchen und Gefunden werden ist Folge des Internets zum Mitmachen: Aus dem eindimensionalen Web 1.0 ist das interaktive Web 2.0 geworden. Statt auf eine Stellenanzeige zu reagieren, werden aus Bewerbern Selbstdarsteller im Internet. Im Idealfall merkt das auch der interessierte Arbeitgeber: "Die Personalrekrutierung durch Empfehlungen und Profile bringt eine ganz neue Dimension in die Jobsuche", so Svenja Hofert.

Gern werden dafür Begriffe wie Arbeitsmarkt 2.0 verwendet. Bei der Internet-Spezialistin und Soziologin Katy Teubener von der Universität Münster stoßen diese Formulierungen auf wenig Verständnis: "Es ist modern geworden, überall das Kürzel 2.0 anzuhängen. Aber eigentlich ist der Hype vorbei, jetzt arbeiten wir damit." Teubeners Studenten haben sich mit dem Thema Bewerbungsvideos etwas genauer befasst. Dabei sind sie zu dem Schluss gekommen, dass das Bewerbungsvideo als Ergänzung oder sogar als Ersatz für die klassische Bewerbung manchmal Sinn macht. Das gelte zum Beispiel für Stellen, bei denen es auf das persönliche Auftreten ankommt.

Kurs in Rhetorik

Allerdings sollten die Kandidaten vorab einen Kurs in Rhetorik belegen. Die Projektgruppe warnt aber vor kommerziellen Angeboten, die diese Fähigkeiten in nur zwei Stunden vermitteln wollen.

Eine andere Projektgruppe hat sich mit Bewerbungshomepages auseinandergesetzt. Kommerzielle Anbieter liefern unterschiedliche Designvorlagen für die Selbstpräsentation im Netz und verwalten auch die Domain. "Aber Vorsicht - Adressen wie www.teubener-sucht-job.de sind keine gute Referenz", warnt die Dozentin.

Auf der nächsten Seite: Wie sich Bewerber über ihre eigenen Wünsche und Fähigkeiten klar werden.

Suchen und gefunden werden

Kompetenzen auf den Punkt bringen

Nicht jeder Bewerber braucht aber zwangsläufig direkt eine eigene Homepage oder einen Blog: "Ich kann mich nicht nur auf ein Medium verlassen", sagt Prof. Christoph Beck. Der Dozent für Personalwesen an der Fachhochschule Koblenz rät zur Crossmedialität: Zwar suchten mehr als 80 Prozent der Bewerber zunächst im Internet nach Stellen. Karrieremessen, Anzeigen in Printmedien und persönliche Empfehlungen besäßen aber immer noch eine sehr große Bedeutung bei der Jobsuche.

Bevor sich Bewerber Gedanken machen, über welches Medium sie Arbeitgeber erreichen, müssen sie sich über ihre eigenen Wünsche und Fähigkeiten im Klaren sein. Die Suche ist laut Beck häufig zu angebotsorientiert: Nicht suchen, was der Markt hergibt, sondern schauen, was man bieten kann - dafür sind soziale Netzwerke wiederum eine gute Schule. Schließlich muss jedes Mitglied seine Kompetenzen und sein Angebot auf den Punkt bringen: "Da gibt es noch ganz viel Optimierungsbedarf", sagt der Networking-Coach Joachim Rumohr aus Ellerbek (Schleswig-Holstein), der für das Business-Netzwerk Xing Seminare veranstaltet.

Auch Nutzer von Netzwerken sollten auf korrekte Formen achten: "Kontaktaufnahmen ohne Anrede und Grußformeln, Mails die nicht beantwortet werden, all das nimmt zu", klagt der Marketingexperte Raik Winkelmann aus Hamburg. Viele Beiträge seien auch fehlerhaft.

Dabei ist die Grundregel für 2.0 doch ganz einfach: "Geben Sie sich mit jedem auch noch so kleinen Beitrag, den Sie im Internet publizieren, Mühe - und zwar sowohl sprachlich als auch inhaltlich", betont Katy Teubener. Der Text könnte schließlich zum Traumarbeitgeber führen.

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