Bewerbung:Neugierige Nachfragen

Mancher Personalchef will mehr über den Kandidaten wissen, als seine Unterlagen verraten. Welche Angaben darf er überprüfen? Und wie weit darf er im Internet recherchieren?

Von Verena Wolff/dpa

Das Interesse des Arbeitgebers ist klar: Er will so viel wie möglich über einen Bewerber erfahren. Wenn ihm die Auskünfte in den Unterlagen nicht ausreichen, stöbert er im Internet und sucht auch offline nach Informationen. Ist das erlaubt? Was darf der Arbeitgeber fragen, wie intensiv darf er recherchieren?

Unzulässig sind alle Fragen, an deren Antwort der Arbeitgeber kein berechtigtes Interesse hat oder die den Persönlichkeitsrechten des Bewerbers entgegenstehen, sagt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht in Köln. Ohne Probleme könne der Arbeitgeber nach fachlichen Kenntnissen, beruflichen Erfahrungen, Zeugnissen oder Soft Skills fragen. Die Frage nach gesundheitlichen Einschränkungen ist zulässig, wenn der Bewerber deshalb für die ausgeschriebene Stelle objektiv ungeeignet ist. "Persönliche Verhältnisse sind hingegen in der Regel nicht eignungsrelevant."

Sowohl das Datenschutzrecht als auch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts stecken die Grenzen des Arbeitgebers klar ab. Trotzdem gibt es Ausnahmen, sagt Helga Nielebock vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) in Berlin. So sei etwa die Frage nach Vorstrafen zulässig, wenn sie für den Beruf relevant sind. Ein Berufskraftfahrer darf zum Beispiel nach Delikten im Straßenverkehr gefragt werden. "Fragen, die hingegen ausschließlich die private Lebensführung betreffen und mit der Arbeit keinen Zusammenhang haben, müssen grundsätzlich nicht beantwortet werden", sagt Nielebock. Dazu gehört auch, ob der Bewerber etwa Fallschirmspringer ist - also eine extreme Sportart mit großem Verletzungsrisiko betreibt.

Bewerbung: Wer Wert auf ein höheres Gehalt legt, sollte sich bei der Jobsuche auch an der Branche orientieren.

Wer Wert auf ein höheres Gehalt legt, sollte sich bei der Jobsuche auch an der Branche orientieren.

(Foto: imago)

Unzulässig sind auch Fragen nach einer Schwangerschaft - aus Gründen der Diskriminierung, und weil das in die Privatsphäre fällt. "Ebenso ist der Arbeitgeber auch nicht berechtigt, sich von der Bewerberin ein Nicht-Schwangerschaftsattest vorlegen zu lassen", sagt Nielebock. Eine Einstellungsuntersuchung darf nur angeordnet werden, wenn "eine allgemeine Auskunft über die gegenwärtige Eignung für den konkret zu besetzenden Arbeitsplatz erlangt werden soll".

Während die Auskunft über eine Gewerkschaftszugehörigkeit nicht zulässig ist, darf sehr wohl nach Religion oder Parteibuch gefragt werden - aber nur, wenn man sich bei sogenannten Tendenzbetrieben bewirbt. Dazu gehören kirchliche Einrichtungen und Parteien.

Auch Informationen über Schufa-Einträge oder Schulden muss ein Bewerber nicht preisgeben, erläutert Oberthür. Etwas anderes gelte nur, wenn es der Job erfordert, etwa Konten von einem Unternehmen zu beaufsichtigen. Eine Schufa-Auskunft sei ohnehin problematisch, erläutert Nielebock, da diese auch Aufschluss über die private Lebensführung gibt. Das gilt auch für die Anforderung einer Bankauskunft oder eines Gewerberegisterauszugs des Bewerbers.

3 Prozent

der Personaler bevorzugen immer noch eine Bewerbung auf Papier. Damit ist klar: Die alte Bewerbungsmappe verschwindet. Das zeigt eine repräsentative Personaler-Umfrage der Unternehmensberatung Kienbaum. 55 Prozent der Personaler bekommen am liebsten Bewerbungen direkt über die Karrierewebseite der Firma. 42 Prozent wünschen sich die Unterlagen per E-Mail.

Wer in den sozialen Medien aktiv ist, darf sich nicht wundern, wenn das auch der potenzielle Arbeitgeber mitbekommt: "Wer sich bei Twitter politisch äußert, muss damit rechnen, dass der Personalchef mitliest", sagt Anwalt Niko Härting aus Berlin. Denn: "Über öffentliche Äußerungen eines Bewerbers kann und darf sich ein Arbeitgeber informieren." Das Bundesverfassungsgericht habe bereits vor fast einem Jahrzehnt entschieden, dass das Mitlesen nicht in Persönlichkeitsrechte eingreift.

Grundsätzlich aber hat ein Arbeitgeber die Informationen direkt vom Bewerber zu erfragen, sagt Anwältin Oberthür. Sollen Daten bei Dritten erhoben werden, müsse der Arbeitgeber einen Bewerber darüber informieren. "Daten im Internet dürfen nur erhoben werden, sofern sie allgemein zugänglich sind." Sollte sich ein Personalchef trickreich Zugang zu Postings verschaffen, die nicht für die Öffentlichkeit, sondern nur für Facebook-Freunde bestimmt sind, greift er in die Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers ein. "Damit überschreitet er eine rote Linie", sagt Härting. Dagegen könne sich der Arbeitnehmer wehren, indem er sich weigert, Fragen des Chefs zu privaten Postings zu beantworten. "Dies kann auch ein Fall für den Betriebsrat und die Arbeitsgerichte werden."

Der Bewerber hat das Recht, entweder gar nicht oder falsch zu antworten, wenn eine unzulässige Frage gestellt wird, sagen alle Experten. Legitime Fragen hingegen müssen auch wahrheitsgemäß beantwortet werden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: