Berufsmessen für Abiturienten:Ein Dschungel von Möglichkeiten

Messe Einstieg Karlsruhe

Berufsmessen wie die "Einstieg" können Schülern helfen, ihre Zukunft zu planen.

Nach dem Abitur ist vor dem Studium. Doch wie sollen Schüler die richtige Wahl treffen? Ein Besuch bei der Messe "Einstieg" in München.

Von Julia Daumann

Studieren ja, aber was eigentlich und wo? Diese Fragen beschäftigen viele Abiturienten, wenn sie vor der Entscheidung für ihren weiteren Ausbildungsweg stehen. Die Vielzahl an Angeboten ist kaum mehr zu überschauen. Da kommen Berufsmessen gerade recht. Sie sollen Orientierung bieten. So suchen 17.000 Besucher Rat und Information auf der Messe "Einstieg" in München.

Die meisten sind Gymnasiasten. Unter ihnen ist Anna. Die 17-Jährige kommt zum ersten Mal auf eine Berufsmesse. Ihre ganze Klasse hat an dem Tag unterrichtsfrei bekommen und soll sich hier für ihr weiteres Fortkommen einen Überblick verschaffen. Doch das sei gar nicht so einfach, findet Anna. Die Vielfalt der Angebote könne durchaus überfordern.

"Der Überforderungsgrad steigt", bestätigt Stefanie Langen, Beraterin für akademische Berufe bei der Bundesagentur für Arbeit. Sie soll am Stand Jugendliche beraten und sagt: "Man kann keine generellen Aussagen mehr machen." Wenn man nur einen kleinen Bereich wie die dualen Studiengänge nehme, erklärt sie, stelle man fest, dass diese in sehr vielen unterschiedlichen Modellen durchgeführt werden. Zudem benennen Hochschulen Studiengänge um, Bezeichnungen sind nicht mehr einheitlich. Doch auch wenn viele Schüler diesem Angebot hilflos gegenüberstünden, meint der Leiter der zentralen Studienberatung der LMU, Franz Muschol: "Es gibt aber viele Hilfestellungen." Gemeint sind Beratungsstellen der Hochschulen und ihr Internetauftritt, sowie Veranstaltungen wie die "Messe Einstieg".

Dementsprechend sind manche Schüler schon gut informiert. Andere wiederum hätten keine Vorstellung von dem, was sie später machen wollten, sagt Berufsberaterin Langen: "Ich erkläre ihnen, dass die Berufswahl eben ein Prozess ist, der durchaus Arbeit und Zeit erfordert." Als Hilfestellung bietet sie Tests an, gibt Tipps für Internetrecherche und berät bereits auf der Messe individuell. "Manchmal beginnt die schematische Suche allerdings fast zu früh. Dabei sollte man sich erst als Persönlichkeit kennenlernen", sagt Muschol.

Dafür scheint eine Messe kein geeigneter Ort zu sein, wo 230 Ausstellungsstände die Schüler erwarten. Am Eingang bekommen sie individuell auf sie zugeschnittene Ausstellerlisten ausgedruckt. Bei jedem einzelnen Aussteller wird man von Personalern beraten, kann Auszubildenden und Studenten Fragen stellen. Und für denjenigen, der konkret sucht, gibt es einen Ausbildungsmarkt mit mehr als 3000 Stellen.

Doch was effizient klingt, kann sich als Reizüberflutung entpuppen. Schulkassen werden durch die überfüllten Gänge geschleust. Es wird gekichert, geflirtet und es werden planlos kiloweise Informationsbroschüren eingesammelt. Auch Anna kann sich in dem Rummel kaum konzentrieren: "Mir ist das alles zu viel hier", sagt sie. "Ehrlich gesagt bin ich nicht sicher, ob sich die Leute wirklich die nötige Zeit nehmen, meine Fragen genau zu beantworten." Den Berufsorientierungsabend in der Schule, bei dem man Vorträge von Vertretern einzelner Berufsfelder anhören konnte, fand sie hilfreicher.

Alles sehr verwirrend

"Auf einer Messe ist es nicht unser Primärziel, uns intensiv mit der Persönlichkeit der Schüler zu befassen", erklärt Muschol. Hier gehe es in erster Linie um Informationen und nicht um Beratung. "Ein Messebesuch bringt etwas, wenn er gut vorbereitet ist", findet Langen. Denn dann könne man an Ort und Stelle noch wichtige Fragen zum Bewerbungsverfahren oder Studienaufbau klären. Das sei leichter, als Veranstaltungen einzelner Unis und Firmen aufzusuchen. Ebenso könne man eine Messe auf sich wirken lassen und zufällige Anregungen als Basis nehmen, weitere Schritte zu unternehmen, sagt Muschol.

Anna hat derweil den Stand der Universität Passau gefunden: "Ich wollte mich über den Studiengang Kulturwirt informieren." Der ist breit aufgestellt, beinhaltet Wirtschaftswissenschaften, Kultur und eine Sprache. Ob sie auf Bachelor oder zusätzlich auf Master studieren solle, kann Anna schlecht einschätzen - und bekommt auch an diesem Tag keine Klarheit. Doch immerhin, sie erhält viel Informationsmaterial über die dortige Uni. Zudem kann sie sich über den Auslandsaufenthalt, der in diesem Studium Pflicht ist, informieren.

Auch Carolin, 18, ist auf der Messe, um sich über Studiengänge im Ausland und Finanzierungsmöglichkeiten zu informieren: "Ausland gehört ja heute einfach dazu", sagt sie. Angès Bousset, Hochschulbeauftragte am Stand von Campus-France, bestätigt: "Ich glaube, es entwickelt sich ein gesellschaftliches Bewusstsein für die Bedeutung von Mobilität und Sprachen." Ihr Stand ist bei den jungen Besuchern gefragt. Von den Beratern hört man oft, sie müssten besonders viel über exotische Sprachen wie Russisch, Chinesisch und Portugiesisch erzählen.

Bousset merkt oft, dass die Besucher trotz Internet nicht ausreichend informiert sind. So muss sie beim Thema Ausland immer wieder die Versicherungsfrage ansprechen: "Da muss man gezielt drauf hinweisen. Das Internet allein reicht nicht". Sie sagt, Informationen auf der Messe nicht immer ausführlich genug vermitteln zu können, versuche aber per E-Mail Kontakt mit den Schülern herzustellen und sie weiter zu beraten.

Oft sei es gerade der Schritt zur Realität, das Gespräch mit den Menschen aus dem Berufsfeld, was den Schülern fehle, sagt Langen: "Auf einer Messe kann man nur einen Anfang machen." Das sieht auch Anna so. Der Tag auf der Messe hat ihr bewusst gemacht, mit welchen Fragen sie sich noch beschäftigen muss. So gesehen war es dann doch ein Erfolg.

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