Berufsbild:Knochenjob Lebensretter

Notfallsanitäter sind ständig unterwegs, um anderen zu helfen. Der Beruf vermittelt das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun, gleichzeitig setzt er Körper und Psyche extremen Belastungen aus.

Von Sabine Meuter/dpa

Notfall am Frankfurter Flughafen: Eine Frau ist im Terminal ausgerutscht und hat sich wahrscheinlich mehrere Knochen gebrochen. Nach dem Anruf eilt Lukas Schad sofort zu seinem Einsatzwagen und fährt los. Der 24-Jährige macht am größten deutschen Airport eine Ausbildung zum Notfallsanitäter.

Der Rettungsdienst am Frankfurter Flughafen hat viel zu tun, zu 6500 Einsätzen rücken die Retter im Jahr aus. 200 000 Menschen aus allen Ländern und Kulturen sind täglich auf dem Flughafen unterwegs - eine Großstadt auf 25 Quadratkilometern Fläche.

Schad und seine Kollegen haben es mit allen möglichen Herausforderungen zu tun: vom Unwohlsein über Knochenbrüche bis zur Reanimation. Dazu kommt die Besonderheit des internationalen Luftdrehkreuzes: Menschen aus anderen Ländern mit hoch ansteckenden Infektionen wie Milzbrand oder Sars können hier landen - und müssen versorgt werden.

Schad ist bei Notfällen oft als Erster zur Stelle: Er versorgt die Patienten und entscheidet, ob ein Arzt hinzugezogen werden muss. In ernsten Fällen leitet er lebensrettende Maßnahmen ein, bis der Arzt eintrifft und übernimmt. Muss ein Verletzter ins Krankenhaus, betreut der Notfallsanitäter ihn während der Fahrt und überwacht die lebenserhaltenden Körperfunktionen.

Knochenjob Lebensretter: Die Ausbildung zum Notfallsanitäter

Wie hoch ist der Blutdruck? Im Rettungswagen überwacht der angehende Notfallsanitäter Lukas Schad den Zustand einer verletzten Patientin.

(Foto: Frank Rumpenhorst/dpa-tmn)

Schad gefällt es, anderen zu helfen: "Das gibt einem am Ende des Tages das angenehme Gefühl, etwas Gutes getan zu haben." Notfallsanitäter erleben aber auch jeden Tag Schmerzen, Leid und Trauer. "Um das aushalten zu können, müssen Bewerber psychisch stabil sein und eine gefestigte Persönlichkeit haben", erklärt Kersten Enke. Der Diplom-Gesundheitslehrer ist der Leiter des Bildungsinstituts Niedersachsen/Bremen der Johanniter-Akademie.

Neben der psychischen Belastbarkeit braucht es körperliche Fitness. "Der Job ist mitunter knochenhart", sagt Marco König, Vorsitzender des Deutschen Berufsverbands Rettungsdienst (DBRD). Einen 90 Kilogramm schweren Verletzten hebt man nicht so ohne Weiteres. Und wer mitsamt seiner Ausrüstung in den dritten Stock zu einem Patienten rennen muss, braucht dafür die notwendige Kondition.

Gefragt sind außerdem ausgeprägte kommunikative Fähigkeiten. "Man muss auf den Hilfebedürftigen eingehen, ihm je nach Situation Mut und Trost zusprechen", sagt Schad. Auch die Angehörigen brauchen häufig Zuspruch. Und auch an einem selbst gehen nicht alle Einsätze spurlos vorbei. Manche Geschehnisse belasten, zum Beispiel, wenn ein kleines Kind einen Notfall hatte, erzählt Schad. Es hilft ihm, solche Momente im Team zu besprechen, um sie zu verarbeiten.

Knochenjob Lebensretter: Die Ausbildung zum Notfallsanitäter

Lukas Schad macht eine Ausbildung zum Notfallsanitäter am Frankfurter Flughafen.

(Foto: Frank Rumpenhorst/dpa-tmn)

Notfallsanitäter arbeiten in Rettungsfahrzeugen, bei Hilfsorganisationen oder in größeren Unternehmen. Die duale Ausbildung dauert drei Jahre. Von Bewerbern wird mindestens die mittlere Reife erwartet, alternativ ein Hauptschulabschluss verbunden mit einer zweijährigen Berufsausbildung. Arbeitgeber sehen es gerne, wenn ihre künftigen Auszubildenden gute Noten in naturwissenschaftlichen Fächern haben. Wer sich zum Beispiel in Chemie auskennt, kann die Wirkungsweise von Medikamenten gut nachvollziehen.

Medikamente richtig zu handhaben, lernen angehende Notfallsanitäter auch in Krankenhäusern. Dort absolvieren sie im Rahmen der Ausbildung Praktika. Sie sind in den Kliniken als Pfleger unterwegs und arbeiten zum Beispiel in der Notaufnahme, Anästhesie und Intensivmedizin. Sie lernen in ihrer Ausbildung auch, wie sie einem Notarzt assistieren und wie ein Patient für einen Transport ins Krankenhaus vorbereitet wird. Psychische Betreuung und Beratung von Patienten und Angehörigen gehören ebenfalls zum Lernstoff. Nach jedem Einsatz müssen Notfallsanitäter ein Protokoll erstellen - das gibt Anhaltspunkte für die weitere Behandlung. Außerdem steht nach jedem Einsatz die Desinfizierung der Geräte an. "Dabei müssen auch die Vorräte an Verbandsmaterial und Medikamente überprüft werden", erzählt Schad.

Die Ausbildungsvergütung beträgt nach DBRD-Angaben im Schnitt zwischen 950 und 1100 Euro brutto im Monat. Die genaue Höhe hängt vom Ausbildungsjahr und vom Arbeitgeber ab. Das Einstiegsgehalt von Notfallsanitätern liegt laut DBRD durchschnittlich bei 2800 Euro pro Monat. Hinzu kommen Zuschläge für Wochenend- oder Nachtdienste.

Nach der Ausbildung kann man sich zum Praxisanleiter für Notfallsanitäter weiterbilden lassen oder ein Studium anschließen, zum Beispiel in den Fächern Sanitäts- und Rettungsmedizin oder Rettungsmanagement. Lukas Schad macht sich um seine Weiterbildung noch keine Gedanken. Erst einmal möchte er seine Abschlussprüfung hinter sich bringen. Und danach Berufserfahrung sammeln: "Das Spannende ist, dass man morgens zur Arbeit fährt und gar nicht weiß, welche brisanten Situationen einen erwarten."

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