Berufsausbildung:Ruf nach Quotenmännern

Immer mehr Mädchen können sich vorstellen, klassische Männerberufe zu erlernen - doch Jungs haben mit Mädchenberufen noch immer ein Problem.

Der Bielefelder Jugendforscher Klaus Hurrelmann hat eine Männerquote für Lehrer und Erzieher gefordert.

Berufsausbildung: Die 35-Jährige Esther Bebber war 2001 die erste Frau in Baden-Württemberg, die als amtlich anerkannte Kfz-Sachverständige arbeitete.

Die 35-Jährige Esther Bebber war 2001 die erste Frau in Baden-Württemberg, die als amtlich anerkannte Kfz-Sachverständige arbeitete.

(Foto: Foto: dpa)

Außerdem sprach er sich als Konsequenz aus der neuen Shell-Studie für eine Jungen- beziehungsweise Männerförderung im Leistungsbereich und bei der Sozialkompetenz aus. Geschult werden müssten Werte wie Sensibilität, Mitgefühl und Ausdauer, sagte Hurrelmann.

Die Shell-Jugendstudie hat ergeben, dass Mädchen im Vergleich zu Jungen ihre Ausgangssituation deutlich verbessern konnten. Die Zahl der Mädchen mit einem hohen Schulabschluss übersteige inzwischen die der jungen Männer, sagte Hurrelmann.

Mädchen leistungsmotivierter als Jungs

Viele junge Frauen seien leistungsstärker und -motivierter als Jungen. Diese hätten weniger Ausdauer und gäben nach Enttäuschungen früher auf. Außerdem seien sie viel stärker als Mädchen einem traditionellen Rollenbild verhaftet. Dagegen hätten die meisten Mädchen die klare Perspektive, Beruf und Familie miteinander zu verbinden, erklärte Hurrelmann.

Die Studie habe ergeben, dass sich 40 Prozent der jungen Frauen an einem flexiblen Rollenbild orientierten. Weitere 40 Prozent könnten sich einen Kompromiss vorstellen, und nur 20 Prozent hingen dem klassischen Rollenbild an. Bei den Männern sei es genau umgekehrt.

Zu wenig Männer für moderne Frauen

Dies habe auch dramatische Konsequenzen für den Paarmarkt, sagte der Soziologe: "Den modernen Frauen gehen die modernen Männer aus." Im Zweifelsfall entschieden sich viele Frauen für die berufliche Karriere - umso häufiger, je höher ihr Bildungsgrad sei.

Ihre Unflexibilität benachteilige junge, traditionell denkende Männer: "Wer braucht dieses Männerbild?" fragte Hurrelmann. Es passe nicht in den modernen Lebensrhythmus hinein, es blockiere die Fähigkeit, sich in die heutigen Lebensumstände hereinzuversetzen. Heute seien Multitasking und Kommunikationsfähigkeit gefragt, nicht körperliche Stärke: "Das traditionelle Männerbild steht sich am Ende selbst im Weg."

Jungs fehlen Beispiele für flexible Geschlechterrollen

Die unterschiedliche Entwicklung bei Jungen und Mädchen könnte nach Hurrelmanns Worten damit zusammenhängen, dass jungen Männern Hinweise auf ein flexibleres Rollenbild fehlten. Im Erziehungs- und Bildungsprozess seien Männer kaum vertreten, ein Erzieher im Kindergarten sei ja schon eine erlebnispädagogische Sensation.

Er forderte Veränderungen bei der Jungen- und Mädchenförderung. Für die Schule müssten viel geschlechtssensiblere Unterrichtsmethoden entwickelt werden, um die jeweiligen Leistungsstärken herauszulocken, sagte er. Auch dürfe die Mädchenförderung nicht wegfallen.

Sie müsse aber in den beruflichen Bereich verlagert werden, denn hier schlage sich die gute Ausbildung und Leistungsbereitschaft vieler junger Frauen nicht nieder. Ihr Selbstbewusstsein müsse gestärkt werden, denn vielen Frauen fehle im Beruf "der Mut zur harten Konkurrenz".

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