Berufe-Serie (II):Was macht ein Mystery Shopper?

Ihr Job klingt geheimnisvoll - doch sie stehlen sich nicht durch die Läden, um die Aufmerksamkeit der Verkäufer zu testen. Mystery Shopper machen äußerst wertvolle Arbeit - und das manchmal mit interessanten Erkenntnissen.

Tobias Brunner

Es war ein Zettel am schwarzen Brett der Universität, der Matthias Bauer den Weg weisen sollte. Ein Testkäufer wurde dort gesucht, ein Mystery Shopper. Ein bisschen einkaufen, ein wenig den Service testen - leicht verdientes Geld für einen Studenten, dachte sich Bauer. Was er damals noch nicht ahnen konnte: Aus dem Nebenjob wurde nach dem Studium schnell eine feste Stelle beim Marktforschungsinstitut GfK in Nürnberg. Heute sucht Bauer selbst neue Käufer und schickt sie in die Geschäfte.

SOMMERSCHLUSSVERKAUF

Shoppen, beobachten, berichten: Das ist der Job eines Mystery Shoppers.

(Foto: DPA)

Dabei greift der Begriff des Testkäufers eigentlich zu kurz. Denn häufig lassen sich Mystery Shopper nur beraten und kaufen gar nichts ein. Ordnung, Sauberkeit, Preis- und Namensschilder, spult Bauer die Kriterien ab. "Das sind die harten Fakten", sagt der 35-Jährige. Worauf die Tester besonders achten sollen, bestimmt der jeweilige Auftraggeber.

Neben der Optik kommt es auf das Gespräch an: Wie aufmerksam sind die Verkäufer, wie gehen sie auf den Kunden zu, wie gut wird beraten? Am Ende füllt der Tester ein Ergebnisprotokoll aus; ohne Namen. "Wir wollen auf keinen Fall Mitarbeiter denunzieren", erklärt Bauer. Zwischen 0 und 100 Punkte sind möglich.

Mehrere tausend Tests führt die GfK auf diese Weise jährlich in Deutschland durch. Je nach Anzahl der Filialen und Kriterien kann es bis zu vier Wochen dauern und zwischen 10 000 und mehreren 100 000 Euro kosten. Immer ist dabei der Betriebsrat eingeweiht, die Mitarbeiter erfahren vorher den Monat. Besonders der Einzelhandel vertraue auf die Kontrollen, berichtet Bauer. Er kennt seine Kunden. Seit mehr als sieben Jahren arbeitet er bei der GfK und weiß: "Es wird immer öfter und in kürzeren Abständen geprüft."

Offizielle Studien können dies jedoch nicht bestätigen, sie beleuchten nur Marktforschung an sich. Ralf Deckers nennt dennoch Zahlen. Er arbeitet seit Jahren in der Branche für abh Market Research, promovierte zum Thema und verfasste mehrere Bücher. Den jährlichen Umsatz beziffert er auf rund 70 Millionen Euro, viel Wachstum erwartet er nicht mehr. Etwa 500 Anbieter, die Tester in die Läden schicken, gebe es in Deutschland. Häufig bieten diese auch Mystery Calling (Testanrufe) und Mystery Web Assessment (Test-Mailing) an.

Ein großes Geheimnis

Bei der GfK landen die Ergebnisse der eigenen Shopper stets auf den Schreibtischen von Matthias Bauer und seinen 20 Kollegen. Was damit passiert, entscheiden die Firmen - veröffentlicht werden die Daten nicht. Manche wollen sich selbst intern verbessern. Andere engagieren die GfK, um mit den Angestellten zusammen neue Ideen zu entwickeln. "Es soll nicht zentral von oben gesteuert werden. Denn die Mitarbeiter kennen ihr Geschäft am besten", sagt "Senior Research Consultant" Bauer.

Er muss deshalb nicht nur Zahlen richtig interpretieren, sondern auch beraten können. Zuvor studierte er BWL, spezialisierte sich auf Marktforschung. Doch das sei nicht zwingend notwendig, sagt er. In seiner Abteilung arbeiten neben Wirtschaftswissenschaftlern auch Soziologen und Psychologen, genauso viele Männer wie Frauen. Eine Voraussetzung aber gelte für Berater wie für Testkäufer gleichermaßen: "Man darf keine Angst vor Menschen haben, das wäre fehl am Platz."

Noch mehr als das achtet die GfK auf Objektivität, wenn sie neue Testkäufer auswählt. Rund 2000 gehören zum festen Stamm, in allen Ecken der Republik, zwischen 18 und 70 Jahre alt. Um später passende Aufträge zu bekommen, müssen sie am Anfang ein paar Fragen beantworten: Fahren Sie ein Auto? Tragen Sie eine Brille? Wer anschließend bei 20 Testfragen objektiv bewertet, darf sich an einem Geschäft in der Nähe seines Wohnorts versuchen.

Je nach Aufwand bringt ein Test zwischen zehn und 50 Euro ein. Meist arbeiten die Shopper in einem anderen Beruf und wollen zusätzlich etwas verdienen - oder sind Studenten wie einst Matthias Bauer. Und Tester, die ihr gesamtes Einkommen ausschließlich aus Mystery Shopping beziehen? "Der Legende nach gibt es ein paar in Deutschland", sagt Bauer. Aber getroffen hat er noch keinen.

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