Beruf des Bierbrauers:Hopfen und Malz gewinnen

Wolfgang Stempfl, Geschäftsführer der Doemens-Akademie in Gräfelfing, 2012

Prost!: Wer sich an der Doemens Akademie in Gräfelfing bei München zum Braumeister ausbilden lassen will, muss 2650 Euro pro Semester berappen - doch die späteren Berufschancen sind sehr gut. (Im Bild: Geschäftsführer Wolfgang Stempfl)

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Sie wollen glänzende Berufsaussichten und Job-Möglichkeiten im Ausland? Dann werden Sie doch Bierbrauer! Sie sollten allerdings keine Scheu vor Naturwissenschaften haben.

Von William Harrison-Zehelein

Seit Jahrhunderten beschäftigen sich Mönche hierzulande mit dem Bierbrauen. Immer wieder wurden dabei Rezepte überarbeitet und verfeinert. Im Mittelalter entstanden Klosterbrauereien, die zum Teil noch heute existieren. Auch auf dem "Heiligen Berg" im bayerischen Andechs wurde bereits in dieser Zeit Bier gebraut. Bis heute kümmern sich in dem Kloster die Benediktiner um die Braukunst. Doch von den Mönchen braut keiner mehr. Dafür haben sie sich längst Unterstützung geholt - etwa von Manuel Rößle, einer von drei Braumeistern der Klosterbrauerei.

Jeans, Hemd und Freizeitjacke trägt der 25-Jährige während der Arbeit: "Die Zeiten, als alle Brauer einen dicken Bauch hatten und Lederschürze trugen, sind schon lange vorbei", meint Rößle. Im Labor bereitet er gerade eine sogenannte Würzeanalyse vor. Auf einem Tisch vor ihm stehen Reagenzgläser mit Flüssigkeiten in unterschiedlichen Brauntönen. Mit einer Pipette entnimmt er einem der Gläser etwas Flüssigkeit. "Ich versetze die Stammwürze mit Hefe und kontrolliere dabei den Zuckergehalt nach der Gärung", erklärt er. Diese Kontrollen gehören zu seinen täglichen Aufgaben.

Wer Braumeister werden will, kann zwischen unterschiedlichen Ausbildungswegen wählen. Einen Königsweg gibt es nicht. Rößle etwa war Brauergeselle und hat anschließend eine zweijährige Ausbildung zum Brau-und Getränketechnologen an der Doemens Akademie in Gräfelfing bei München absolviert. Die staatlich anerkannte Fachakademie hat in der Brauerszene einen guten Ruf, die Studiengebühr von 2650 Euro pro Semester muss man allerdings selbst aufbringen können.

Kleiner Brauer und großer Brauer

Es ist aber nicht unbedingt notwendig, zunächst Geselle zu sein. Immer mehr Meisteranwärter bevorzugen inzwischen den akademischen Weg und absolvieren ein Studium. In Deutschland bieten nur die Technischen Universitäten Berlin und München den Bachelor- und Masterstudiengang Brauwesen und Getränketechnologie an. Beide Universitäten vergeben auch den Titel des Diplombraumeisters. Während sich der praxisbezogene Diplom-Studiengang, in Fachkreisen "kleiner Brauer" genannt, auf das reine Brauwesen konzentriert, ist der Bachelor-Studiengang breiter und wissenschaftlicher angelegt. Die gängige Kombination aus Bachelor und Master nennen Kundige auch "großer Brauer".

Auf dem Campus Weihenstephan der Technischen Universität München werden schon seit mehr als 80 Jahren Brauer ausgebildet. Wegen seiner Tradition und Qualität der Lehre wird Weihenstephan von vielen Brauern als das "Harvard des Brauwesens" bezeichnet.

Stefan Meyering hat bereits den Bachelor dort erworben und schreibt gerade seine Masterarbeit. Zusammen mit seinem Freund Max Herkersdorf, der den "kleinen Brauer" macht, prüft der 26-Jährige sorgfältig den Zustand der Hopfenblüten und Gerstenkörner in der Forschungsbrauerei. Wer dort bestehen will, braucht Disziplin. Die Ausbildung ist anspruchsvoll.

"Mathematisch, technologisch und biologisch sehr anspruchsvoll"

Thomas Becker, Lehrstuhlinhaber für Brauwesen und Getränketechnologie an der Uni, weist darauf hin, dass der Beruf nichts für Träumer ist, die einfach nur gerne Bier trinken: "Man muss sich darüber im Klaren sein, dass es eine intensive, harte Ausbildung ist, welche mathematisch, technologisch und biologisch sehr anspruchsvoll ist. Man erlernt schließlich einen Ingenieursberuf."

Das weiß auch Meyering. "Während der ersten drei Semester hat man nichts mit Bier zu tun. Da geht es nur um naturwissenschaftliche Grundlagen. 50 Prozent brechen das Studium vorzeitig ab", erzählt der Student. Er selbst schätzt die Internationalität, die in Weihenstephan sehr gefördert wird. In seinem Masterstudiengang sind Teilnehmer aus 15 Nationen, viele aus Österreich und der Schweiz, ein großer Teil kommt aus Südamerika und Asien.

Und es sind nicht nur Männer, die den Beruf ergreifen: Der Frauenanteil ist in den vergangenen Jahren angestiegen. Mittlerweile sind 20 Prozent der 588 Studenten in Weihenstephan weiblich.

Auf der ganzen Welt gefragt

Wer dort seinen Abschluss in der Tasche hat, ist gefragt auf dem internationalen Arbeitsmarkt. Qualifizierte Bierbrauer sind auf der ganzen Welt gefragt und werden mit finanziell lukrativen Angeboten umworben. Für seine Absolventen bekommt Becker wöchentlich Anfragen, etwa aus China, Nigeria und Südafrika. Ehemalige Weihenstephaner arbeiten etwa für die Tsingtao Brauerei in China, die Polar Brauerei in Venezuela und den britischen Braukonzern SABMiller. Dazu kommen Jobs in der Pharma-, Zuliefer- und Lebensmittelindustrie.

Meyering etwa möchte nach seinem Abschluss in der Zulieferindustrie arbeiten und Brauanlagen im Ausland bauen: "Ein Projekt von Anfang bis Ende in Asien oder Südamerika zu betreuen, das wär's." Herkersdorf will sich später bei einer deutschen Brauerei bewerben.

Am Heiligen Berg in Andechs ist Rößle derweil mit seiner Würzeanalyse fertig. Mittags wird er sich ein frisch gebrautes Bier gönnen. "Das ist in Andechs nicht verboten, solange man sich und andere nicht gefährdet", sagt Rößle. Der Beruf ist seine Leidenschaft. Sogar in seiner Freizeit braut er neue Sorten an - wie wäre es mit Mais-, Kürbis- oder Heidelbeerbier?

Wie man Brauer wird

Die Brauwirtschaft ist ein wichtiger Wirtschaftszweig. In Deutschland gibt es mehr als 1300 Brauereien, die jährlich 100 Millionen Hektoliter Bier produzieren. Ein qualifizierter Schulabschluss genügt als Voraussetzung für eine drei Jahre dauernde Ausbildung zum Brauer und Mälzer. Als solcher überwacht man den gesamten Brauprozess.

Wer anschließend noch Meister werden will, muss eine Meisterschule für das Brauwesen mit entsprechender Prüfung absolvieren. Den Meistergrad bieten die Doemens Akademie in Gräfelfing, die Ferdinand-von-Steinbeis-Schule in Ulm sowie die Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei in Berlin an. Als Braumeister arbeitet man in der Regel als Betriebsleiter, Brauführer oder Laborleiter.

Mit einem entsprechenden Schulabschluss kann man auch ein Diplom-Braumeister-Studium an einer der beiden Technischen Universitäten in Berlin oder München-Weihenstephan aufnehmen. Dort werden zudem - wie auch an der Fachhochschule Weihenstephan-Triesdorf - Bachelor- oder Master des Brauwesens und der Getränketechnologie angeboten.

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