Bachelor-Arbeitsmarkt:Absolventen, die sie riefen

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Die Hoffnung, nach nur sechs Semestern ein begehrter Bewerber zu sein, hegt jeder Bachelor-Absolvent. Doch oft wartet statt eines Traumjobs nur Frustration.

Johannes Pennekamp

Janina Liedermann kam sich wie eine Pionierin vor, als sie sich vor fünf Jahren an der Uni Konstanz einschrieb. "Bachelor of Arts" stand auf ihrem Studentenausweis. Das war damals neu, und es klang vielversprechend: Kürzer studieren und trotzdem erfolgreich in den Beruf starten. Doch nun ist Janina ernüchtert: "Ich habe nach meinem Abschluss 30 Bewerbungen verschickt und wurde zu keinem einzigen Vorstellungsgespräch eingeladen."

Bachelor-Absolventen: Weiterbildungskurse und eine bessere Betreuung der Berufseinsteiger kosten die Unternehmen viel Zeit und Geld. (Foto: Foto: dpa)

Auf dem Arbeitsmarkt hatte die Literatur- und Medienwissenschaftlerin gegen Diplomabsolventen wenig Chancen, für ein Master-Programm waren ihr die Zugangshürden zu hoch. Die 24-Jährige entschied sich für ein Praktikum und kam anschließend als Volontärin bei einer Hamburger Promotion-Agentur unter. "Eigentlich hatte ich davon geträumt, Filmfestivals zu organisieren", sagt Janina.

Träge Uni-Strukturen

Die Hoffnung, nach nur sechs Semestern ein begehrter Bewerber zu sein, teilt Janina mit Tausenden Bachelor-Absolventen, die jetzt auf den Arbeitsmarkt drängen. Doch oft wartet statt eines Traumjobs nur Frustration. Firmen klagen gerne über unflexible Studenten und träge Uni-Strukturen. Aber was tun die Arbeitgeber, um sich auf die neue Absolventen-Generation vorzubereiten?

Über ihre Versäumnisse sprechen die Unternehmen ungern. Einer der wenigen, der einen Nachholbedarf zugibt, ist Manfred Weber, der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken. "Die Wirtschaft muss sich noch stärker auf Bachelor-Absolventen einstellen", sagt Weber und schließt sein eigenes Haus von der Kritik nicht aus. Wer die Uni schon mit Anfang zwanzig verlasse, brauche beim Berufseinstieg mehr Unterstützung durch den Arbeitgeber als die älteren Diplom-Studenten.

Unzufrieden mit den Neuligen

Weiterbildungskurse und eine bessere Betreuung der Berufseinsteiger kosten die Unternehmen jedoch Zeit und Geld; ein Mehraufwand, den viele offenbar scheuen. Das wirtschaftsnahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln hat im vorigen Jahr ermittelt, dass 94 Prozent der Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern keine speziellen Einstiegsmöglichkeiten für Bachelor-Absolventen geschaffen haben. "Die meisten Arbeitgeber warten erstmal ab, wie sich Bachelor-Studenten bewähren", sagt IW-Experte Thorsten Lang.

Diejenigen, die bereits einen Bachelor oder Master eingestellt haben, neigen aber nicht zu Klagen. In einer Studie des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) gab jedes vierte Unternehmen an, bereits Erfahrungen mit den neuen Absolventen zu haben. Und zwei Drittel von ihnen waren mit den Neulingen zufrieden. Umstritten ist aber, ob die Studienreform mehr Praxisnähe bringt. 38 Prozent der derzeitigen Hochschulabsolventen, das sind zum Großteil noch Diplom-Studenten, scheitern im Unternehmen bereits während der Probezeit. Häufigster Trennungsgrund: Mangelnde praktische Erfahrungen.

Auf der nächsten Seite: Warum sechs Semester für manche Studenten einfach nicht genug sind.

Attraktive Einstiegschancen

Der Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Personalführung, Gerold Frick, befürchtet, dieses Manko könnte sich nun noch verschärfen: "An Fachhochschulen wird beispielsweise durch die Verkürzung der Studiendauer häufig das zweite wichtige Praxissemester gestrichen". In Personalabteilungen sei teilweise noch nicht angekommen, dass man den neuen Absolventen mit Trainee-Programmen entgegenkommen müsse. Defizite der Hochschulausbildung durch betriebliche Weiterbildung auszugleichen, könne nicht die Aufgabe der Unternehmen sein, kritisiert Mario Ohoven, Präsident des Bundesverbandes der mittelständischen Wirtschaft. Teile der Industrie betonen mittlerweile, dass sechs Semester für manche Studienfächer nicht genügten.

Die Studenten fühlen sich durch solche Diskussionen verunsichert, die Akzeptanz des Bachelor-Systems nimmt ab. Der Hochschulverband, in dem viele Professoren organisiert sind, die von Anfang an gegen den Bachelor waren, dringen darauf, den Master zum Standardabschluss zu ernennen.

Doch die Rektoren und Bildungspolitiker von Links bis Rechts stimmen darin überein, bis zum Jahr 2010 alle Studiengänge auf Bachelor und Master umzustellen. Die führenden Wirtschaftsverbände unterstützen dies; sie verweisen gern auf die Initiative "Bachelor welcome", in der Unternehmen Kooperationen mit den Hochschulen und attraktive Einstiegschancen versprechen. Doch obwohl die Initiative seit vier Jahren läuft, haben bundesweit bisher nur 80 Unternehmen die Absichtserklärung unterzeichnet. Viele Studenten gehen da lieber auf Nummer sicher. Sie versuchen es erst gar nicht auf dem Arbeitsmarkt und studieren bis zum Master weiter.

© SZ vom 29.9.2008/bön - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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