Bachelor-Abschluss:"In Nieten investieren?"

Nach den Plänen der Politik soll nicht jeder Bachelor auch seinen Master machen dürfen. Er soll einem exklusiven Kreis vorbehalten sein - eine Zwei-Klassen-Gesellschaft an den Unis droht.

T. Schultz

Versuchskaninchen. Immer wieder fällt dieses Wort, wenn Bachelor-Studenten über ihre Lage berichten. Noch immer läuft es an vielen Hochschulen nicht rund, die Curricula in den neuen Studiengängen sind wie erste Tests in einer langen Versuchsreihe. Derweil verfliegt die Zeit, und Studentinnen wie Angela Vöhringer müssen schon über den nächsten Schritt nachdenken - den Schritt zum Master. Doch auch da fühlt sich die Freiburger Psychologie-Studentin wie ein Labortier. Denn der Zugang zum Master ist eingeschränkt, es gibt Quoten und Notenvorgaben, mit denen aber noch tüchtig experimentiert wird.

Bachelor-Abschluss: Absolventen: Der Zugang zum Master ist eingeschränkt, es gibt Quoten und Notenvorgaben.

Absolventen: Der Zugang zum Master ist eingeschränkt, es gibt Quoten und Notenvorgaben.

(Foto: Foto: ap)

Nach dem Willen der Kultusminister und der Hochschulen soll nicht jeder Bachelor-Absolvent sein Studium bis zum Master fortsetzen. "Es gibt deshalb viele Unsicherheiten", sagt Angela Vöhringer. Sie kommt jetzt ins vierte Semester, ein Jahr später könnte sie bereits ihren ersten Abschluss machen, anschließend muss sie den Sprung zum Master schaffen: "Mit dem Bachelor allein kann man in Psychologie ja nicht viel anfangen."

Sparmodell für eine hohe Akademikerquote

In den vergangenen Semestern wusste niemand in Freiburg genau, wie viele Plätze es im Master-Studiengang geben wird und welche Noten man mitbringen muss. Viele Unis setzen ein Bachelor-Zeugnis mit der Note 2,5 oder besser voraus, bundesweit verlangt knapp die Hälfte aller Master-Angebote besondere Qualifikationen der Bewerber. Viele Professoren, aber auch Studenten begrüßen solche Hürden, weil sie dazu beitragen würden, jene loszuwerden, die man sonst "mitschleppen" müsste. Studienplätze sind teuer - "warum soll man das Geld in Nieten stecken?", fragt provokant ein Student in einem Online-Forum.

Kritiker dagegen halten das Ganze für ein Sparmodell, mit dem Politiker die Akademikerquote durch ein zweifelhaftes Bachelor-Schnellstudium in die Höhe treiben, während der Master nur noch einem exklusiven Kreis zugestanden wird. Professoren wie Hans Spada, Psychologe an der Universität Freiburg, verweisen allerdings darauf, dass bereits in den alten Diplom-Studiengängen nicht alle bis zum Ende durchhielten: "Es gibt eine natürliche Schwundquote im Laufe der Semester." Manche brechen ihr Studium ab, andere begnügen sich mit dem Bachelor.

Akademiker zweiter Klasse

In Potsdam wehren sich Studentenvertreter jedoch auch gegen die klaren Notenvorgaben. Sie haben eine Klage gegen die Übertrittsregeln ihrer Uni beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingereicht und fordern einen "Master für alle". Sebastian Schultz vom AStA sagt: "Es gibt die Angst, am Ende auf dem Bachelor zu sitzen und nur ein Akademiker zweiter Klasse zu sein." Die Übergangshürden würden außerdem dem sozialen Klima schaden, sagt der Pädagogik-Student, der froh darüber ist, selbst noch nach dem alten Magister-Modell studieren zu können.

Auf der nächsten Seite: Warum sich die Notengrenzen nicht mit der im Grundgesetz verankerten Berufsfreiheit vertragen.

Notengrenze für schlechte Bewerber

Freiheit der Berufswahl

Als Hürde vor Master-Programmen gibt es an der Universität Potsdam nicht nur Notenvorgaben, in BWL zum Beispiel muss der Bachelor mit der Note gut oder besser abgeschlossen sein. In Informatik will die Hochschule zum Master nur zulassen, wer zu den besten zwei Dritteln eines Bachelor-Jahrgangs zählt. Der Anwalt der Studenten, der Münsteraner Jurist Wilhelm Achelpöhler, hält das für besonders unsinnig: "Was ist, wenn sich Bachelor-Absolventen aus verschiedenen Jahrgängen bewerben? Dann hätten die einen Nachteil, die in dem besseren Jahrgang waren."

Achelpöhler moniert, dass es in Brandenburg nicht einmal eine landesgesetzliche Grundlage für die Zugangsbeschränkungen zum Master gebe. Ihm geht es aber auch ums Grundsätzliche. "Die Ambitionen der Hochschulen und der Ministerien, Studenten rauszufiltern, sind gewaltig", beklagt der Jurist, der Studenten bundesweit auch schon in Prozessen gegen Studiengebühren zur Seite stand.

Achelpöhler beruft sich auf die im Grundgesetz verankerte Berufsfreiheit. Aus dieser hatte das Bundesverfassunggericht einst, in seinem berühmten Numerus-clausus-Urteil von 1972, abgeleitet, dass Zulassungsbeschränkungen nur zulässig sind, wenn die Hochschulen ihre Kapazitäten voll ausschöpfen. Eine Notengrenze, die allein dazu dient, schlechte Bewerber abzuwehren, sei deshalb unzulässig, argumentieren nun die Studentenvertreter.

Master nur als Zusatzangebot

Die Kultusminister und die Hochschulen stehen dagegen auf dem Standpunkt, dass ja bereits der Bachelor ein berufsqualifizierender Abschluss sei. Sie nennen ihn einen "Regelabschluss", was impliziert, dass der Master nur als Zusatzangebot für bestimmte Absolventen zu betrachten ist. So gesehen wären die Notenvorgaben beim Übergang in Master-Angebote nicht mit dem Numerus clausus für Studienanfänger zu vergleichen.

Notengrenze für schlechte Bewerber

Aus der Freiheit der Berufswahl folge schließlich auch nicht, dass jeder Bürger studieren dürfe; ein Hauptschulabsolvent werde nicht zum Studium zugelassen, denn es zählt das Abitur (oder Vergleichbares wie ein Meisterbrief). Und bei den neuen Studienabschlüssen gebe es eben neue Kriterien. Im Master-Versuchsaufbau reicht das Abitur dann nur noch bis zum Bachelor.

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