Auslandsstudium:Mehr Feingefühl  für andere Kulturen

Um ihr Gastland wirklich kennenzulernen, sollten MBA-Teilnehmer dort mehrere Monate verbringen.

Protokolle von Bianca Bär

Internationalität zeichnet den MBA aus. Eine MBA-Klasse vereint stets Vertreter einer Vielzahl von Nationen. Viele Programme bieten außerdem Module im Ausland an. Schließlich ist interkulturelle Kompetenz gefragt in der globalisierten Business-Welt, wo die Zusammenarbeit in kulturell gemischten Teams gang und gäbe ist. Doch die Bandbreite reicht von einwöchigen Kurzaufenthalten bis zu mehrmonatigen Auslandssemestern. Wie sollten Auslandsaufenthalte im MBA-Programm konzipiert sein, damit die Studierenden davon profitieren?

Petra Kreis-Hoyer, Prodekanin Lehre an der EBS Universität für Wirtschaft und Recht, hat darauf eine klare Antwort. "Ein Auslandsmodul sollte mindestens ein Semester dauern." Nur so könnten die Studenten die angemessene Sensibilität für kulturelle Unterschiede entwickeln. "Sie brauchen Zeit. Zum einen, um die Impressionen, die auf sie einprasseln, einzuordnen und zu verstehen. Zum anderen, um sich umfassend mit den Studenten und Dozenten des Gastlands auszutauschen." Bei einem ein- bis zweiwöchigem Aufenthalt kratzen die Teilnehmer nach Ansicht von Kreis-Hoyer nur an der Oberfläche.

Dennoch werden solche Kurzaufenthalte häufig angeboten, gerade in Teilzeit-MBA- und EMBA-Programmen. "Wer berufsbegleitend studiert, kann selten ein halbes Jahr pausieren, um im Ausland zu studieren", sagt Tim Metje, Assistent der Geschäftsführung der HHL Leipzig. Dennoch möchten auch sie nicht darauf verzichten, die Hochschul-, Arbeits- und Alltagskultur eines fremden Landes kennenzulernen. Voraussetzung dafür, dass dies im Rahmen eines Kurzaustauschs gelinge, sei gute Planung. "Der Aufenthalt sollte eine gesunde Mischung aus Unterricht und Firmenbesuchen beinhalten."

Neue Naturkulisse in Singapur mit Mammutbäumen aus Stahl

Ob man in Europa bleibt, in die USA oder nach Asien geht: Neue Impulse bringt ein in den MBA integriertes Auslandsmodul. Die Gardens by the Bay in Singapur.

(Foto: dpa-tmn)

Da dabei jedoch oft die ganze Gruppe eines MBA-Jahrgangs zusammen verreise, bezweifelt Kreis-Hoyer die Effizienz solcher Kurzzeitprogramme: "Wer an eine Gasthochschule wechselt, sollte dort noch niemanden von der Heimatuniversität kennen." Günstiger sei es, wenn man als Einzelperson ins Ausland gehe. "So lernen die Studierenden am besten, sich zu integrieren und sich selbst zu organisieren." Allerdings sei es gar nicht so leicht, genügend Plätze für Austauschstudierende zu finden. "Gerade amerikanische Business Schools verzichten häufig darauf, ihre Studenten ins Ausland zu schicken, und nehmen im Gegenzug auch kaum jemanden auf", gibt Metje zu bedenken.

Wer einen Studienplatz im Ausland ergattert, lernt auch ein anderes Hochschulsystem kennen. "Die Gastuniversität setzt unter Umständen ganz andere Schwerpunkte als die Heimatuniversität", erklärt Kreis-Hoyer. An der EBS-Universität orientiere sich der erste Teil des Studiums an klassischen BWL-Fächern, wie Finanzen oder strategisches Management. Im Ausland können sich die Teilnehmer in einer bestimmten Fachrichtung spezialisieren.

Start als Unternehmerin

"Wäre ich nicht für ein halbes Jahr nach Südafrika gegangen, hätte ich meine Masterarbeit früher abgeben und mein Studium früher abschließen können. Aber die zusätzliche Lebenserfahrung war mir mehr wert als ein schneller Wiedereinstieg ins Berufsleben. Die Entscheidung hat heute weitreichende Konsequenzen: Ich habe nach meinem Abschluss im März das Unternehmen Kale&Me gegründet, das frisch gepresste Obst- und Gemüsesäfte vertreibt. Die Idee dazu entstand bei einer Saft-Kur in Kapstadt. Das war das Positive am Auslandssemester: Ich hatte mal mehr Zeit, konnte mich einfach treiben lassen und Dinge ausprobieren. Seit Beginn meines MBA-Studiums war ich nämlich rund um die Uhr beschäftigt gewesen.

Auslandsstudium: Annemarie Heyl, 28, MBA-Absolventin der HHL Leipzig, Auslandssemester an der Stellenbosch University in Südafrika.

Annemarie Heyl, 28, MBA-Absolventin der HHL Leipzig, Auslandssemester an der Stellenbosch University in Südafrika.

Aber ich schätzte auch den fachlichen Austausch. Ich war zwar schon vorher häufig im Ausland, aber während des Austauschsemesters im Bachelor war die Universität eher Nebensache. Und bei beruflichen Auslandsaufenthalten habe ich nie erfahren, wie meine ausländischen Kollegen an Probleme herangehen. Bei meinen Kursen in Stellenbosch hatte ich dagegen die Möglichkeit, mich mit meinen Kommilitonen umfassend über unsere unterschiedlichen Erfahrungen im Arbeitsleben auszutauschen.

Das Problem dabei war allerdings, dass nur sehr wenige Business Schools anderer Länder ihre MBA-Studenten ins Ausland schicken. In meinen Kursen saßen 40 MBA-Studenten von der Stellenbosch University selbst. Hinzu kamen 25 Austauschstudenten, unter denen ich jedoch die einzige MBA-lerin war. Alle anderen waren Masterstudenten Anfang 20, ohne Berufserfahrung. Mit ihnen konnten wir nicht auf gleichem Niveau diskutieren.

Die Kursinhalte und die Professoren in Stellenbosch fand ich dagegen großartig. In Deutschland liegt der Fokus noch stark auf der Vermittlung von Theoriewissen. Aber der MBA lebt eigentlich davon, Soft Skills auszubauen - wie emotionale Intelligenz oder interkulturelle Kompetenz. Da können wir noch einiges lernen."

Praxisnaher Counselling-Kurs

"Ich bin ein internationaler Typ. Ich bin in Indien geboren, aber in Dubai aufgewachsen. Vor dem MBA-Studium an der EBS Wiesbaden habe ich in Indien und Großbritannien studiert und gearbeitet. Deutschland war das vierte Land, in dem ich gelebt habe. Aber ich wollte noch mehr internationale Erfahrungen sammeln.

Daher habe ich mich für ein Auslandssemester in den USA entschieden. Meine Wahl fiel auf die Pepperdine University im Bundesstaat Kalifornien, in erster Linie aufgrund ihrer guten Kontakte zur Medienbranche. Ich wollte die Zeit dort vor allem dafür nutzen, meine Netzwerke auszubauen. Dass ich dabei auf einem wunderschönen Campus mit Blick auf den Pazifik landete, war ein positiver Nebeneffekt.

Auslandsstudium: Ramu Nair, 30, MBA-Absolvent der EBS Wiesbaden, Auslandssemester an der Pepperdine University in Malibu, USA.

Ramu Nair, 30, MBA-Absolvent der EBS Wiesbaden, Auslandssemester an der Pepperdine University in Malibu, USA.

Doch der Weg an die Pepperdine University war sehr langwierig. Zuerst ließ die offizielle Zulassung auf sich warten. Erst danach konnte ich das Studentenvisum beantragen. Es kostete mehrere Hundert Dollar. Außerdem brauchte ich eine internationale Versicherung und musste beweisen, dass ich meinen Aufenthalt in den USA selbst finanzieren konnte. Ich bin es gewohnt, Visa zu beantragen. Aber für jemanden, der diese Prozedur nicht kennt, ist sie wahrscheinlich abschreckend.

Doch die Mühe hat sich gelohnt. Zum einen fand ich es sehr interessant, wie praxisorientiert die Kurse in den USA sind. Bei einem Counselling-Kurs mussten wir mit echten Kunden zusammenarbeiten. Und ich habe diese besondere Arbeitsmentalität der US-Amerikaner kennengelernt. Der Slogan "Work hard, play hard" trifft es ziemlich genau.

Im August hatte ich meine Abschlussfeier und suche nun einen Job. Geografisch gebunden bin ich nicht. Ich musste mich schon in so vielen Kulturen zurechtfinden, daher passe ich mich schnell an."

Gelungener Kompromiss

"Zwei Länder auf einen Streich habe ich während meines Auslandsmoduls kennengelernt. Zunächst verbrachte ich sechs Wochen an der ESSEC Business School in Paris. Zusammen mit meinen MBA-Kommilitonen der französischen Partnerhochschule studierte ich danach sieben Wochen lang am zweiten Campus von ESSEC in Singapur. Der integrierte Asienaufenthalt war ein Grund dafür, dass ich mich für das Austauschprogramm mit dieser Business School entschieden hatte. Außerdem interessiert mich Frankreich als wichtiger Wirtschaftspartner Deutschlands sehr.

Auslandsstudium: Diana Maurizio, 31, MBA-Studentin an der Mannheim Business School, Auslandssemester an der ESSEC Business School in Paris und in Singapur.

Diana Maurizio, 31, MBA-Studentin an der Mannheim Business School, Auslandssemester an der ESSEC Business School in Paris und in Singapur.

(Foto: OH)

Durch die Zweiteilung sind die Aufenthalte allerdings etwas kurz ausgefallen. Gerade Singapur hat mich wegen der Lebensqualität und der Freundlichkeit der Menschen positiv überrascht. Ich wäre gern länger geblieben. Doch hatte ich von vornherein den Plan, nach dem Master in Deutschland zu arbeiten. Da die Mannheim Business School regelmäßig Firmenpräsentationen anbietet, wollte ich nicht zu viele Gelegenheiten zum Kontakteknüpfen verpassen. Daher war das Two-in-One-Auslandsmodul ein guter Kompromiss. Zum Glück verlief auch die Organisation reibungslos. Zurück in Deutschland musste ich kein Fach wiederholen, verlor also keine Zeit.

Gewonnen habe ich ein Gespür für den Umgang mit kulturellen Besonderheiten. Missverständnisse werden sich wohl nie von vornherein komplett vermeiden lassen. Aber viel wichtiger ist es, Unterschiede zu erkennen sowie zu erklären. Und die Konsequenzen des eigenen Handelns besser einschätzen zu können. Diese Kompetenzen werden in jedem international tätigen Unternehmen gebraucht.

Gerade habe ich meine Masterarbeit abgegeben und werde zunächst für ein deutsches Unternehmen im Inland arbeiten. Es würde mich aber reizen, später noch mal beruflich ins Ausland zu gehen."

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