Auslandserfahrung:Studieren in Großbritannien

Die Insel ist das beliebteste Ziel für deutsche Studenten, die es ins europäische Ausland zieht.

Jan Friedmann

Hochschulsystem

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Fester Bestandteil des britischen Universitätslebens: das Ruderrennen Oxford gegen Cambridge

Britische Wissenschaftler werden nach ihren amerikanischen Kollegen am meisten in Publikationen zitiert. Im Verhältnis zu seiner Einwohnerzahl gewinnt Großbritannien die meisten Wissenschaftspreise. Kein Wunder, dass die Insel beliebt ist: Hierhin zieht es mehr deutsche Studenten als in jedes andere europäische Land. Die Universitäten von Oxford, Cambridge und St. Andrews sind weltberühmt. Aber auch andere Hochschulen genießen einen ausgezeichneten Ruf.

Englische, schottische, walisische und nordirische Studenten beginnen früher mit dem Studium als ihre deutschen Kommilitonen: Mit 18 bis 19 Jahren, der Aufschub durch Wehr- oder Zivildienst fällt weg. Der überwiegende Teil begibt sich bereits nach dem ersten berufsqualifizierenden Abschluss, dem "Bachelor's Degree", ins Berufsleben. Nur etwa ein Viertel strebt einen höheren Abschuss an, etwa den Master of Arts (MA), den Master of Science (MSc) oder den Doctor of Philosophy (PhD).

Individuelle Betreuung wird auf der Insel großgeschrieben. Die Lehrenden sind fast immer für ihre Studenten ansprechbar. Dafür ist das Hochschulsystem verschulter und die Wahlmöglichkeiten geringer als in Deutschland. Zu den Seminaren werden meist "tutorials" angeboten, in denen Studenten höherer Semester den Seminarstoff mit den Teilnehmern durchgehen.

Das akademische Jahr ist traditionell in Trimester, so genannte "terms" eingeteilt: der "Autumn Term" geht von Oktober bis Dezember, der "Spring Term" von Januar bis April und der "Summer Term" von Mai bis Juni/Juli.

Bewerbung

Wer nur eine begrenzte Zeit an einer britischen Universität studieren will, schickt seine Bewerbung direkt an den "Admissions Officer" der Universität seiner Wahl. Für Teilnehmer an Mobilitätsprogrammen übernimmt dies in der Regel die Heimatuniversität oder der Stipendiengeber. Dem Antrag sollte eine Auflistung der bisherigen Studienleistungen vorliegen, so dass der Bewerber in das für ihn geeignete Jahr eingestuft werden kann.

Einen anderen Weg gehen Bewerber, die ihr ganzes Studium in Großbritannien verbringen wollen. Sie richten ihren Antrag an den "Universities and Colleges Admissions Service" (UCAS), eine Art britischer ZVS. Für den UCAS gelten folgende Fristen: Erster Dezember bis 15. Oktober des Vorjahres für Oxford und Cambridge, erster Dezember bis 15. Dezember für alle anderen Universitäten.

Anders als in Deutschland gibt es in Großbritannien keinen Rechtsanspruch auf einen Studienplatz. Die Zulassungsvoraussetzungen variieren von Hochschule zu Hochschule und von Fach zu Fach. Zusätzlich wird meist ein erfolgreich bestandener Sprachtest verlangt.

Das britische System ist nach dem "Credit Accumulation and Transfer Scheme" (Cats) modular aufgebaut, das dem "European Credit Transfer System" (ECTS) entspricht. Die Anerkennung von Studienleistungen ist in der Regel kein Problem. So steigen deutsche Studenten nach ihrer Zwischenprüfung normalerweise im dritten Jahr ein, Master/Magister und Doktor werden in der Regel gegenseitig anerkannt. Der Bachelor-Abschluss wird in Deutschland allmählich bekannt, seit es auch hierzulande BA-Studiengänge gibt.

Universitäten in Großbritannien verlangen Studiengebühren. Deutsche werden wie alle anderen EU-Angehörigen als "Home Students" behandelt und müssen wesentlich weniger bezahlen als etwa Gaststudenten aus den USA. Die "tuition fees" können teilweise oder ganz erlassen werden, wenn das Jahreseinkommen der Eltern einen gewissen Grenzwert nicht überschreitet.

Alltag

Für deutsche Studenten sind die Lebenshaltungskosten in Großbritannien sehr hoch. Pro Woche sollten mindestens 500 Mark eingeplant werden, in London, Oxford und Cambridge etwa 650 Mark. Dazu kommen die Studiengebühren, Bücher und Arbeitsmaterialien. Das Wohnen in Wohngemeinschaften, das sogenannte "flat-sharing" ist in Großbritannien sehr weit verbreitet. Die Miete wird in der Regel pro Woche bezahlt; langfristige Mietverträge sind eher unüblich.

Zimmeranzeigen finden sich an schwarzen Brettern in Universitätsinstituten und Cafés oder in Zeitungen. Die Wohnheime ("Halls of Residence", "Residential Colleges") sind nicht wesentlich billiger als Zimmer auf dem privaten Wohnungsmarkt, haben aber ein bestimmtes Kontingent an Plätzen für ausländische Studenten reserviert.

Eine zentrale Rolle im studentischen Leben spielen die "student unions", studentische Vereinigungen, die ein Haus auf dem Campus unterhalten und dort Speisen und Getränke zu studentenfreundlichen Preisen anbieten. Sie organisieren Abendveranstaltungen und kümmern sich um die Einführung der Erstsemester in der sogenannten "fresher's week". Wichtig ist auch die Tradition der Abschlussfeiern, bei denen die Studenten Talar und Barett tragen.

Die Eliteuniversitäten Oxford und Cambridge sind in "Colleges" unterteilt, die als Mini-Universitäten eine weitreichende Autonomie genießen. Ein typisches College beherbergt einige Hundert Studenten, hat eine eigene Bibliothek und Privaträume für die Dozenten. Die Studenten nehmen ihre Mahlzeiten gemeinsam in der "hall" ein und feiern in der College-eigenen Kneipe. Einen hohen Status im College hat der Sport, insbesondere Rudern, Cricket und Rugby. Es werden aber auch Theaterkurse und Musikunterricht angeboten.

Gewöhnungsbedürftig sind für deutsche Studenten die Öffnungszeiten der "Pubs": die Glocke läutet bereits um 23 Uhr zur "last order".

Adressen

The British Council, Germany Hardenbergstraße 2010623 BerlinTel: (030) 311099-0Fax: (030) 311099-20

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