Ausländische Fachkräfte:Gesucht: Akademiker für Deutschland

War eine freie Stelle zu besetzen, mussten Arbeitsagenturen bislang erst nach einem geeigneten deutschen Bewerber suchen, bevor eine ausländische Fachkraft den Job bekam. In einigen Berufen soll sich das jetzt ändern.

Roland Preuß

Die Bundesregierung will mehr ausländische Akademiker ins Land holen und dafür den Arbeitsmarkt für Zuwanderer weiter öffnen. Trotz der Bemühungen um Arbeitslose, pausierende Mütter und ein späteres Rentenalter werde man in Deutschland nicht genügend Fachkräfte finden, sagte der Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, Gerd Hoofe, auf einer Tagung des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg. "Zuwanderung muss dies unterstützen." Deshalb "sollten wir die Vorrangprüfung in Mangelberufen aussetzen", sagte Hoofe.

Ausländische Fachkräfte: Auf der Hannover Messe werden Ingenieure gesucht - ausländische Fachkräfte sollen künftig schneller berücksichtigt werden.

Auf der Hannover Messe werden Ingenieure gesucht - ausländische Fachkräfte sollen künftig schneller berücksichtigt werden.

(Foto: ddp images/AP/Joerg Sarbach)

Die Vorrangprüfung schreibt den Arbeitsagenturen vor, bei einer unbesetzten Stelle erst nach einem geeigneten Deutschen oder EU-Bürger zu suchen, ehe sie einem anderen Ausländer erlaubt, die Stelle anzunehmen. Fachleute kritisieren diese Prüfung als aufwendig und langwierig. Nun sollen die Unternehmer solche Zuwanderer ohne Prüfung anstellen können, die in Berufen arbeiten, in denen die Bundesagentur für Arbeit einen Engpass sieht. Als Beispiele nannte Hoofe Maschinenbauer, Fahrzeugbauer und Elektroingenieure. Auch bei Ärzten sei dies denkbar.

Hoofes Ministerium stellt derzeit ein Gesamtkonzept der Bundesregierung gegen Fachkräftemangel fertig, die Abstimmung mit anderen Ministerien ist dem Staatssekretär zufolge weitgehend abgeschlossen. Das Papier soll Ende Juni vom Kabinett gebilligt werden. Ein erster Entwurf des Konzepts, der Mitte Mai bekannt wurde, beschrieb vor allem den erwarteten Rückgang des Potentials an Arbeitskräften bis 2025 um 6,5 Millionen Menschen und was der Staat bereits dagegen unternimmt: So wird etwa die Kinderbetreuung ausgebaut, um Müttern die Rückkehr in den Job zu erleichtern.

Nun haben sich die Ministerien offenbar auf neue Maßnahmen geeinigt, um den Fachkräftemangel durch Zuwanderung zu lindern. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) spricht sich ebenso wie die FDP seit längerem für attraktivere Zuwanderungsregeln für Qualifizierte aus, stößt dabei aber auf Widerspruch aus der CSU und Teilen der CDU.

Als zweite konkrete Maßnahme ist geplant, stärker um Ausländer zu werben, die an deutschen Hochschulen studieren. Sie sollten länger als bisher im Land bleiben dürfen, um nach einer Arbeitsstelle zu suchen, sagte Hoofe. Bislang erhalten die Jungakademiker nach ihrem Abschluss hierfür ein Jahr Zeit. Laut Bundesarbeitsministerium bleiben von jährlich 21000 solcher Absolventen lediglich ein Viertel in Deutschland, andere Länder erreichen deutlich höhere Quoten. "Wir versäumen es, die Menschen im Land zu halten, weil wir nicht attraktiv genug sind", sagte Hoofe.

Der Migrationsexperte Herbert Brücker warnte auf der Tagung davor, Zuwanderung als Allheilmittel gegen eine alternde Gesellschaft zu sehen. Weil auch Zuwanderer alterten, verschiebe man das Problem lediglich nach hinten. Die Sehnsucht der Unternehmer nach qualifizierten Mitarbeitern ließe sich durch Zuzügler allerdings am wirksamsten ausgleichen, jedoch seien hierfür jedes Jahr eine Million Zuwanderer nötig - eine Zahl, die Hoofe angesichts der politischen Widerstände, die es heute schon gibt, mit einer langanhaltenden Lippenschürze quittierte.

Immerhin konnten die IAB-Forscher mit einer positiven Zahl aufwarten: Die Menschen, die nach Deutschland einwandern, sind immer besser qualifiziert. Hatten im Jahr 2003 nur knapp 20 Prozent der Migranten einen Hochschulabschluss, so stieg der Wert seit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes im Jahr 2005 rapide von 25,7 Prozent auf mehr als 41 Prozent im Jahr 2007. Die Einwanderer bringen damit im Durchschnitt eine höhere Bildung mit als die heimische Bevölkerung.

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