Ausbildung:Reisende Organisationstalente

Reiseleiter machen Urlaub von Beruf. Das kann ganz schön harte Arbeit sein.

Die Freude am Reisen zum Beruf zu machen, stellen sich viele als angenehmen Broterwerb vor. Hinter der sonnigen Fassade verbirgt sich aber oft ein harter Job. "Reiseleiter betreuen eine Gruppe während der ganzen Reise", erklärt Margaretha Grattenthaler vom Deutschen Reisebüro und Reiseveranstalter Verband in Berlin. Das beginne in der Regel schon beim Reiseantritt in Deutschland.

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Reiseleiter müssen erkennen, welche Erwartungen die Reiseteilnehmer haben.

Vom Badeurlaub bis zur Safari

Die in dem Beruf geforderten Tätigkeiten seien sehr unterschiedlich. Bei manchen Veranstaltern führen Reiseleiter Jeep-Safaris durch Großwildparks oder Bergwanderungen in Nepal. Bei anderen sind sie für die Abwicklung von Badeferien in großen Urlaubsgebieten zuständig.

Grattenthaler zufolge rekrutieren Veranstalter Reiseleiter aus verschiedenen Berufen. "Für die Kinder- und Jugendbetreuung werden in der Regel Erfahrungen aus pädagogischen und sozialen Berufen vorausgesetzt."

Der Reiseveranstalter TUI mit Sitz in Hannover ist auch offen für Bewerber aus der Hotel- und Tourismusbranche. Außerdem seien Quereinsteiger gefragt. Birgit Pelzer, die bei der TUI Service AG in Altendorf bei Zürich für die Einstellung von Reiseleitern zuständig ist, achtet bei Bewerbern besonders auf Sprachkenntnisse: Englisch, Spanisch, Französisch, Italienisch und Portugiesisch zählten in der Branche zu den wichtigsten Sprachvoraussetzungen.

Beim Studienreisenveranstalter Studiosus in München sind Unternehmenssprecher Klaus Dietsch zufolge "Akademiker mit sozialer Kompetenz" gefragt. Dazu gehörten etwa Philologen, Kunsthistoriker und Archäologen. Für den wachsenden Markt der Fernost- und Südostasienreisen würden zudem Japanologen, Sinologen und Ethnologen gesucht. Letztlich müsse der Reiseleiter Pädagoge, Historiker und Geschichtenerzähler in einer Person sein.

Neues Personal suchen die Veranstalter immer. "Die Reiseleitung ist ein Sammelbecken für arbeitslose Akademiker", sagt Thomas Staender vom Verband der Studienreiseleiter in München. Die meisten arbeiteten nur so lange in der Reisebranche, bis sie eine feste Stelle beziehungsweise freiberufliche Aufgaben in ihrem Spezialgebiet gefunden haben.

Organisationstalente gefragt

Ob Studien-, Abenteuer-, Jugend- oder Sportreisen: Reiseleiter müssen Organisationstalente sein. Sie planen zum Beispiel Ausflüge, buchen Mietwagen und schaffen Abhilfe bei Reklamationen. Unterwegs sind sie für den Zeitplan verantwortlich.

Praktisches Wissen über das Urlaubsgebiet ist besonders wichtig: Fahrtstrecken und Öffnungszeiten von Sehenswürdigkeiten müssen sie kennen. Auch Fragen nach dem nächsten stillen Örtchen sollten sie beantworten können.

Thomas Staender warnt daher vor falscher Eitelkeit. Vor allem müsse ein Reiseleiter Dienstleister sein. Gerade für Studienreisen treffe das zu. "Die Zeiten, in denen Studienreisen als rollende Volkshochschulen fungierten, sind vorbei", sagt der 46-Jährige, der früher selbst Studienreisen nach Schweden, Spanien und Südostasien geführt hat und heute noch Spezialtouren leitet. "Reiseleiter müssen erkennen, welche Erwartungen und welche Vorbildung in der Gruppe vorhanden sind."

Ausbildung "on the job"

Ein anerkanntes Berufsbild des Reiseleiters gibt es in Deutschland nicht. Auch eine Ausbildung ist nicht vorgeschrieben. Reiseleiter lernen ihr Handwerk in der Regel "on the job". Thomas Staender zufolge, der auch für einzelne Veranstalter als Berater und Trainer die Aus- und Weiterbildung von Reiseleitern vornimmt, gibt es nur eine Hand voll Veranstalter in Deutschland, die ihren angehenden Reiseleitern die Grundlagen des Berufs in betriebsinternen Schulungen beibringen.

Daher sind Naturtalente gefragt. Sie sollten laut Staender psychologisches Geschick und gute Nerven haben. Feierabend sei in der Regel erst nach dem Essen mit der Gruppe. Selbst erfahrene Reiseleiter müssten dann aber oft noch das Besichtigungsprogramm beziehungsweise die Führungen für den kommenden Tag durchdenken.

So kämen oft Arbeitstage von mehr als zwölf Stunden zusammen. Reiseleiter verbrächten außerdem oft mehr als 100 Tage im Jahr im Hotel und müssten Zeitverschiebungen und ungewohnte Klimaverhältnisse erdulden.

Dennoch fehlen tarifliche Bestimmungen für Reiseleiter. Das Honorar für Berufseinsteiger liegt Staender zufolge zwischen 100 und 120 Euro pro Reisetag. Er rät Neulingen, auf die üblichen Leistungen zu achten: "Alle seriösen Reiseveranstalter übernehmen die Kosten für Flug, Unterkunft und Verpflegung." Auch eine Auslandskrankenversicherung und Spesen sollten in den vertraglichen Vereinbarungen enthalten sein.

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