Aufstieg ins Topmanagement:"Junge, bist Du überhaupt noch neugierig?"

Wenn Headhunter Spitzenjobs neu besetzen sollen, durchforsten sie nicht nur die zweite Führungsebene im Unternehmen. Personalberater Heiner Thorborg erklärt, nach welchen Regeln die Positionen ganz oben vergeben werden.

Christine Demmer

Wenn Headhunter Spitzenjobs neu besetzen sollen, durchforsten sie zuerst die zweite Ebene im Unternehmen - sollte man zumindest annehmen. Wieso das nicht immer der Fall ist, erklärt Heiner Thorborg, Personalberater in Frankfurt.

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Für die einen geht es ganz nach oben, die anderen bleiben, wo sie sind: Die zweite Führungsebene ist nicht immer die klassische Durchgangsstation für den Aufstieg ins Topmanagement.

(Foto: dpa)

SZ: Ist die zweite Führungsebene die klassische Durchgangsstation für den Aufstieg ins Topmanagement?

Thorborg: Bei Konzernen eindeutig ja. Große Firmen entwickeln ihre Nachwuchsführungskräfte selbst, dafür gibt es definierte Karrierepfade. Bei mittelständischen Unternehmen lautet die Antwort: nein. Der Mittelstand kann nicht auf Jahre hinaus Talente vorhalten, weil gute Leute nur eine beschränkte Verweildauer in einer Position akzeptieren. Sie wollen schnell aufsteigen. Wenn im Mittelstand also eine Spitzenposition zu besetzen ist, muss man am Markt suchen.

SZ: Kommen Manager auf der zweiten Ebene in mittleren Unternehmen grundsätzlich nicht für ranghöhere Positionen in Betracht?

Thorborg: Die zweite Ebene ist durchaus ein Rekrutierungspool, aber selten für Spitzenjobs, die im eigenen Hause zu besetzen sind. Wenn ich jemand für die erste Ebene suche, prüfe ich natürlich auch interne Kandidaten auf der nächsttieferen Führungsstufe. Häufig bittet mich mein Klient auch darum, einen eigenen Mann gegenüber externen Kandidaten zu benchmarken. Um sicherzugehen, dass der interne Kandidat der beste ist, lässt das Unternehmen dann eine saubere externe Suche vornehmen.

SZ: Wie lange darf ein Manager auf der zweiten Ebene verharren, ohne dass er als nicht mehr beförderungswürdig gilt?

Thorborg: Das kommt ganz darauf an, was er in und aus seiner Position gemacht hat. Ohne inhaltliche Veränderungen ist nach etwa acht Jahren eine Grenze erreicht, an der er sich fragen lassen muss: Junge, bist du überhaupt noch neugierig, was es sonst noch gibt? Daneben kommt es auch auf das Metier an. Wer eine technische Leitung mit permanenten Anforderungen an Innovationen innehat, kann acht Jahre lang jeden Monat etwas Neues lernen. Aber von jemandem, der seit acht Jahren das Controlling leitet, würde ich sagen, er oder sie ist nicht sonderlich mit Ehrgeiz gesegnet.

SZ: Halten Sie Führungskräfte auf der zweiten Ebene für eine verkannte Elite?

Thorborg: Das ist Quatsch. Auch hier sind nicht alle top, auch hier gibt es viel Mittelmaß. Heutzutage ist alles transparent, jeder kann jeden beurteilen. Wenn jemand gut ist, dann sieht man das, und wenn jemand nicht gut ist, dann sieht man das auch. Das gilt übrigens auch für alle anderen Führungsstufen.

SZ: Wer hat die besseren Karten: der interne Hierarchie-Nachrücker oder derjenige, der von der zweiten Ebene eines anderen Unternehmens kommt?

Thorborg: Beide haben noch nicht gezeigt, dass sie es können, sondern nur, dass sie Anlass geben, das anzunehmen. Den Internen kennt man, er hat den Platzvorteil. Den Externen kennt man nicht. Er mag der Richtige sein, aber er kann es nicht beweisen. Also sucht man dann eher auf der Vorstandsebene oder in der Geschäftsleitung eines kleineren Unternehmens, ob es externe Kandidaten gibt, die besser sind als der interne Aspirant. Insofern wird der interne Kandidat auf der zweiten Ebene meist mit einem Externen von der ersten Ebene verglichen.

SZ: Ist das fair?

Thorborg: Fair enough. Die Auftraggeber wollen eben sicherstellen, dass sie nach bestem Wissen und Gewissen den besten Kandidaten bekommen.

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