ARD-Doku "Papa, trau Dich!":Vater, Kind, Kündigung?

Papa trau Dich!; "Papa trau dich!"

Vätergruppe in der ARD-Doku Papa, trau Dich!

(Foto: NDR)

Noch immer gehen kaum Väter in Elternzeit - und wenn doch, dann meist nur für die obligatorischen zwei Monate. Rita Knobel-Ulrich hat für die ARD-Dokumentation Papa, trau Dich! Väter begleitet, die bei der Betreuung ihrer Kinder Verantwortung übernommen haben. Was sie aus diesen Begegnungen über Männer, Frauen und Familien gelernt hat, erzählt sie im Interview.

Interview von Matthias Kohlmaier

SZ.de: Frau Knobel-Ulrich, warum wollten Sie eine Doku über Väter in Elternzeit drehen?

Rita Knobel-Ulrich: Wir haben im vergangenen Jahr einen Film über Frauen gemacht, die es oft schwer haben, Kind und Karriere zu verbinden. Dafür hatte ich ein Paar getroffen, das ganz selbstverständlich gesagt hat: Wir teilen uns die Kindererziehung und treten dafür beide im Job kürzer. Einige Zeit später meldete sich das Ehepaar wieder bei mir und erzählte, dass der Mann seinen Job verloren habe. Begründung: Er kümmere sich zu sehr um seine Familie und speziell die Kinder.

Ein fragwürdiger Kündigungsgrund.

Nachdem der Mann einmal früher das Büro verlassen hatte, um sein krankes Kind aus der Kita abzuholen, hat sein Chef wohl auch gesagt: "Dafür haben Sie doch eine Frau!" Wenig später folgte die Kündigung. Auch wegen dieses Falles habe ich begonnen, zur Rolle der Väter bei der Kinderbetreuung zu recherchieren. Eben weil wir in unserer Gesellschaft das Thema Erziehung noch immer sehr stark auf die Rolle der Mutter reduzieren.

Sie haben Väter aus verschiedenen Berufen, vom Banker bis zum Bauarbeiter, während ihrer Elternzeit begleitet. Wie haben Sie die Männer erlebt?

Viele sind etwas unsicher in diese vermeintliche Frauenwelt getappt, wussten nicht, was eigentlich auf sie zukommt. Obwohl viele Männer den Schritt in die Elternzeit als Aufbruch empfanden und von Familie und Freunden Lob bekamen, gab es auch immer wieder kritische Stimmen. Da fragt die Mutter ihren Sohn: "Kannst du dir das überhaupt leisten, mein Junge?" Für mich war es überraschend, dass Väter in Elternzeit auch heute noch in vielerlei Hinsicht als Exoten wahrgenommen werden.

Was waren die größten Sorgen der Männer vor und während der Elternzeit?

Das waren schon berufliche Existenzängste. Einen Mann haben wir zu einer Beratungsstelle begleitet, wo er sich erkundigte, ob er direkt nach der Probezeit im neuen Job denn gleich Elternzeit beantragen könne. Ist mein Job sicher? Müssen die Kollegen dann meine Arbeit mache? Solche Sorgen wurden auch von anderen Vätern geäußert.

"Väter sind meist entspannter"

Und wie sind die Väter dann in der Elternzeit mit Kind und Haushalt zurechtgekommen?

Die Unsicherheit war natürlich zu Beginn groß. Schaffe ich es, das Kind zu versorgen und nebenbei zu kochen, zu bügeln, aufzuräumen? Wobei man auch anmerken muss, dass die Rolle als Hausmann und Vater für die meisten Männer tatsächlich völliges Neuland war, in dem sie sich erst mal zurechtfinden mussten.

Nach Ihren Erfahrungen: Ist es noch immer ein Tabu-Thema, wenn Väter bei ihrem Kind zuhause bleiben wollen?

Absolut, das zeigen ja schon die Zahlen. Nur etwa 27 Prozent der Väter nehmen das Elternzeit-Minimum von zwei Monaten in Anspruch, gerade mal sieben Prozent bleiben länger des Kindes wegen zuhause - ein verschwindend kleiner Teil. Bei den Frauen dagegen sind es 90 Prozent.

Ihr Film deutet an, dass die geringe Quote der Väter in Elternzeit nicht ausschließlich berufliche Gründe hat. Welche Rolle spielen die Frauen beziehungsweise Mütter dabei?

Tatsächlich reklamieren ganz viele Frauen die Kinderbetreuung für sich. Ich habe mehrere Männer gefragt, ob sie sich hätten vorstellen können, die Elternzeit mit ihren Frauen 50:50 zu teilen. Viele haben geantwortet, dass das für sie durchaus eine Möglichkeit gewesen wäre - die Frauen aber kein Interesse daran hatten. Manche Frauen wollen ganz offenbar die Hoheit über das Kinderbett ungern abgeben.

Die Frauen haben in den angesprochenen Fällen den Wunsch der Väter nach einer längeren Elternzeit also nicht unterstützt.

Das kann man so sagen. Selbst bei hochqualifizierten und intelligenten Frauen ist das offenbar häufig der Fall. Mit der Folge, dass viele dieser Frauen in ihrem Beruf Jahre verlieren, später oft nur noch Teilzeit arbeiten und eben nicht mehr die große Karriere machen.

Das klassische und vermeintlich überholte Rollenverständnis lebt also immer noch?

Ja, leider. Und das, obwohl die Männer aus dem Film allesamt ihren Job als Vater gut erledigt haben. Sie gehen die Kinderbetreuung anders an als Frauen, aber bestimmt nicht schlechter. Väter sind meist entspannter, was dem Kind auch nicht schadet.

Das klingt so, als würden Sie sich mehr Väter in Elternzeit wünschen und mehr Frauen, die sie in der Entscheidung unterstützen.

Viele Unternehmen haben erkannt, dass sie mehr Familienfreundlichkeit, bessere Vereinbarkeit von Kind und Karriere bieten müssen, um gute junge Angestellte nicht zu verlieren. Ich sehe in dieser Entwicklung eine große berufliche Chance für die Frauen - wenn sie in der Lage sind, die Bereitschaft ihrer Männer für mehr Kinderbetreuung anzunehmen. Und dass die Elternzeit den Vätern und der Beziehung zu ihren Kindern gut tut, ist ja sowieso klar.

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