Arbeitsverträge:Verhandlungssache

Wenn sich im Einstellungsgespräch Personaler und Bewerber gegenübersitzen, sind sie keine gleichwertigen Verhandlungspartner. Kandidaten haben weniger Einfluss auf ihren Arbeitsvertrag als sie denken.

Die Erkenntnis ist ernüchternd. Ganz gleich, wie gut sich ein Bewerber auf das Vorstellungsgespräch vorbereitet oder wie geschickt er argumentiert, um ein bisschen mehr Geld oder Freiheit herauszuholen - am Ende muss er sich meistens doch mit dem Angebot zufriedengeben, das ihm vorgesetzt wird. "In der Regel sind Bewerber gezwungen, die im Vertrag vorgelegten Arbeitsbedingungen zu akzeptieren", sagt Professor Heide Pfarr, Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung.

Arbeitsvertrag, iStock

Arbeitsvertrag: Die Verhandlung über Details ist für Bewerber oft ernüchternd.

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Das Institut hat mehr als tausend Personalverantwortliche aller Wirtschaftszweige und Betriebsgrößen danach befragt, wie sehr sie auf Änderungswünsche von Bewerbern eingehen. Das Ergebnis: Nicht-Akademiker schaffen es nur selten, ihre Wünsche durchzusetzen. Immerhin konnten Bewerber mit Fachhochschul- oder Universitäts-Abschluss in 43 Prozent der Betriebe erfolgreich über ihre Anstellungsbedingungen verhandeln. Doch auch hier zeigte sich ein gutes Drittel der Personalchefs kompromisslos und stimmte kein einziges Mal einer Änderung des Vertrages zu. "Die These, dass sich im Einstellungsgespräch zwei gleichwertige Verhandlungspartner gegenübersitzen, ist damit widerlegt", sagt Pfarr.

Standardverträge werden nur ungern aufgeschnürt

Ganz oben bei den Änderungswünschen steht laut Studie das Gehalt. Danach kämen alle anderen Fragen von der Arbeitszeit bis hin zum Dienstwagen. Erstaunlicherweise haben Bewerber in Kleinbetrieben mehr Chancen auf einen Verhandlungserfolg als in einem Großunternehmen. Akademiker haben in 73 Prozent der befragten Großbetriebe verschwindend geringe Aussichten, dass auf ihre Vorstellungen eingegangen wird. Der Grund: Großbetriebe halten sich nach Einschätzung des WSI häufig an Standardverträge, die nur ungern aufgeschnürt würden. Außerdem seien sie in der Regel tarifgebunden.

Von dem Vorschlag, arbeitsrechtliche Vorschriften wie den Kündigungsschutz zugunsten von "freiwilligen Vereinbarungen" zu schwächen, hält die Arbeitsrechtlerin Pfarr wenig. Sie gingen offensichtlich von unrealistischen Voraussetzungen aus. "Die meisten Beschäftigten dürften wenig Chancen haben, sich frei zu entscheiden."

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