Arbeitsrecht:Lkw-Fahrer darf nach Drogenkonsum fristlos gekündigt werden

  • Eine Firma kündigt ihrem angestellten Lkw-Fahrer fristlos, nachdem er privat mit Drogen am Steuer erwischt worden war.
  • Der Mann klagt - und bekommt von zwei Instanzen recht. Beide halten eine ordentliche Kündigung für ausreichend.
  • Der Arbeitgeber will das nicht hinnehmen und geht in Revision. Mit Erfolg.

Von Matthias Kohlmaier

Der Fall

"Wer wissentlich unter Alkohol- und/oder Drogeneinfluss am Straßenverkehr teilnimmt, gehört bestraft." So steht es im Straßenverkehrsgesetz unter Paragraf 24a. Einen Berufskraftfahrer hat das vermutlich nicht sonderlich bekümmert, als er 2014 unter Einfluss von Crystal Meth in seinem privaten Wagen unterwegs war. Er geriet in eine Polizeikontrolle, verlor seinen Führerschein - und zwei Wochen später auch seinen Job.

Denn am Tag nach besagter Polizeikontrolle hatte er sich um vier Uhr morgens wieder hinter das Steuer seines Lastwagens gesetzt. Als sein Arbeitgeber von dem positiven Drogentest erfuhr, kündigte er dem Mann fristlos. Was im ersten Moment gerechtfertigt klingt, war jedoch juristisch vorerst nicht haltbar. Der geschasste Fahrer klagte und zwei Instanzen stellten fest, dass die fristlose Kündigung unverhältnismäßig gewesen sei und das Arbeitsverhältnis noch etwa fünf weitere Wochen, bis zum Ende der regulären Kündigungsfrist, bestanden habe.

Gegen diese Entscheidung wendete sich der Arbeitgeber mit seiner Revision vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG).

Die Streitfrage

Darf ein Gericht - im Zweifel für den Angeklagten - davon ausgehen, dass ein positiv auf Crystal Meth Getesteter die Droge erstmals genommen hat und nicht in dem Maß fahruntüchtig gewesen ist, dass er eine Gefahr für die Umwelt dargestellt hätte? Oder kürzer: Darf ein Arbeitgeber einen Lkw-Fahrer, der Drogen konsumiert, fristlos feuern?

So argumentierten Kläger und Beklagte

Der Arbeitgeber sagt, es wäre für ihn unverantwortlich gewesen, einen potenziell Drogenabhängigen weiterhin als Fahrer zu beschäftigen. Nach dem positiven Drogentest habe er nicht nur Angst vor Vertragsstrafen durch Geschäftspartner, sondern auch vor dem Verlust von Aufträgen haben müssen.

Im Urteil der Vorinstanz, des Landesarbeitsgerichts (LAG) Nürnberg, wird noch ein weiterer Punkt thematisiert. Demnach wollte der Fahrer nicht an einer vorgeschriebenen Gesundheitsuntersuchung der Berufsgenossenschaft teilnehmen - aus Angst, auch hier bei einem Bluttest aufzufliegen. Dazu die unabsichtlich komische Formulierung aus dem LAG-Urteil: "Der Kläger habe im Hinblick darauf, dass er Drogen in sich hineingezogen habe, darum gebeten, nicht zu einer solchen Untersuchung gehen zu müssen."

Kurzum: Die Firma wollte den Mann keinen Tag länger beschäftigen und hält die fristlose Kündigung aufgrund der Fakten nach wie vor für richtig.

Der Kläger sieht das anders. Er beruft sich darauf, dass er während seines Arbeitsverhältnisses nur dieses eine Mal Drogen genommen habe. Außerdem sei seine Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt gewesen und gefährdet habe er daher auch niemanden. Zwei Gerichte sind diesen Argumenten gefolgt und haben die fristlose Kündigung als nicht rechtens bewertet.

Das Urteil

Tatsächlich wendet sich das Bundesarbeitsgericht mit seiner Entscheidung gegen die beiden Vorinstanzen. Das LAG habe "bei der vorzunehmenden Interessenabwägung die sich aus der Einnahme von Amphetamin und Methamphetamin für die Tätigkeit eines Berufskraftfahrers typischerweise ergebenden Gefahren nicht hinreichend gewürdigt". Es sei nicht relevant, ob und in welchem Maß der Fahrer bei den Fahrten um den 13. Oktober 2014 fahruntüchtig gewesen sei.

Heißt: Die Klage des Ex-Angestellten wird abgewiesen und die fristlose Kündigung ist damit rechtens.

Das sagt der Arbeitsrechtexperte

Der Düsseldorfer Rechtsanwalt Daniel Hautumm beurteilt das Urteil so:

"Es hätten hier einige Fakten, etwa die relativ kurze Kündigungsfrist, für eine ordentliche Kündigung und damit eine Bestätigung des LAG-Urteils gesprochen. Das Bundesarbeitsgericht hat sich aber dafür entschieden, die tatsächliche und weiterhin mögliche Verkehrsgefährdung, die von dem Mann ausgeht, als so stark zu beurteilen, dass es dem Arbeitgeber nicht mehr zumutbar war, den Fahrer weiter zu beschäftigen. Damit ist eine fristlose Kündigung die logische Folge."

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