Arbeitslosengeld:Vollzeit zählt

Auch nach Teilzeitjobs kann man volles Arbeitslosengeld erhalten.

Rolf Winkel

Eigentlich hatte Elvira S. einen Vierzig-Stunden-Job. Dann reduzierte die Rechtsanwaltsgehilfin aus Gera ihre Arbeitszeit auf 25 Stunden - "um den Job zu retten", wie sie sagt. Trotzdem wurde sie kurz darauf entlassen. Kleiner Trost: Das Arbeitslosengeld wird auf Basis ihres früheren Verdienstes mit voller Arbeitszeit berechnet. Damit fällt das Arbeitslosengeld fast so hoch aus wie ihr letztes Gehalt als Teilzeitkraft.

Der Grund: Im Arbeitsförderungsrecht gibt es eine wenig bekannte Bestandsschutzsicherung für Beschäftigte, die in Teilzeitarbeit gewechselt sind. Danach zahlt die Behörde denjenigen, die ihre Stundenzahl im Betrieb reduzieren und dann den Job verlieren, so viel Arbeitslosenunterstützung, als hätten sie bis zuletzt die längere Arbeitszeit beibehalten. Das bestimmt Paragraf 131, Absatz 2, des dritten Sozialgesetzbuchs. Im Jahr 2005 wandert diese Regelung in den neuen Paragrafen 130, Absatz 2, bleibt jedoch inhaltlich unverändert.

Das Gesetz belohnt jedoch keine Mini-Arbeitszeitverkürzungen. Die Beschäftigungszeit muss um mindestens fünf Stunden pro Woche reduziert worden sein. Zudem muss sie um mehr als ein Fünftel unter einer vergleichbaren Vollzeitbeschäftigung liegen. Und: Innerhalb der letzten 42 Monate muss mindestens sechs Monate lang die Beschäftigung mit der längeren Wochenarbeitszeit ausgeübt worden sein. Diese sechs Monate dürfen nicht aus mehreren Zeiträumen zusammengestückelt werden. Man muss also mindestens ein halbes Jahr lang ununterbrochen länger gearbeitet haben.

Ein Beispiel: Wer vor seiner Arbeitslosigkeit drei Jahre lang einen 30-Stunden-Job hatte, vorher aber sechs Monate lang ununterbrochen Vollzeit mit der in seinem Betrieb geltenden 37,5-Stunden-Woche gearbeitet hat, erfüllt alle genannten Voraussetzungen. Das Arbeitslosengeld wird dann auf Grundlage der vorherigen Vollzeitbeschäftigung berechnet.

Wer sich auf diese Bestandsschutzsicherung berufen kann, muss sich allerdings darum kümmern, dass er bei der Arbeitsagentur tatsächlich zu seinem Recht kommt: Standardmäßig berechnen die Ämter die Stütze nämlich auf Grundlage des Einkommens der letzten zwölf Monate vor der Arbeitslosmeldung. Deshalb sollte man ausdrücklich auf die frühere Tätigkeit mit längerer Arbeitszeit und höherer Entlohnung hinweisen - am besten durch ein kurzes Begleitschreiben zum Antrag auf Arbeitslosengeld.

Außerdem sollte man einen Blick auf die Arbeitsbescheinigung für die Behörde werfen. Der Arbeitgeber wird dort zu Abweichungen bei den Dienstzeiten in den letzten 42 Monaten des Beschäftigungsverhältnisses befragt. In den Personalabteilungen der Unternehmen weiß man jedoch oft gar nicht, welche Bedeutung diese Frage hat und spart sich deshalb diese Angaben - zum Nachteil der Entlassenen.

Wichtig ist noch: Vollzeit-Arbeitslosengeld gibt es nur für Erwerbslose, die künftig auf dem Arbeitsmarkt für eine Vollzeit-Beschäftigung zur Verfügung stehen. Wer nur eine Teilzeit-Tätigkeit sucht, muss mit weniger Geld auskommen. Diese gesetzliche Regelung ist nicht nur für Arbeitslose wichtig, sondern auch für Beschäftigte, die zwar ihre Arbeitszeit verkürzen, sich jedoch weiterhin volle Arbeitslosengeld-Ansprüche erhalten möchten. Denn nach drei Jahren mit reduzierter Arbeitszeit muss mindestens ein halbes Jahr mit Vollzeit-Beschäftigung zwischengeschaltet werden. Andernfalls zählt das Einkommen bei der verkürzten Arbeitszeit. Die Stütze fällt entsprechend niedriger aus.

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