Arbeitsalltag:Schleimer kommen weiter

Donald Trump

Das gefällt dem Chef: Reihum versicherten die Minister dem Präsidenten, wie sehr sie ihn verehren. So weit muss man als Mitarbeiter nicht gehen.

(Foto: Andrew Harnik/AP)

Die Minister von Donald Trump wurden ausgelacht, als sie sich beim Lobpreisen ihres Chefs förmlich überboten. Dabei können sich Arbeitnehmer an ihnen ein Beispiel nehmen - sofern sie das Lob dosiert einsetzen.

Von Larissa Holzki

Ein kleiner Donald Trump steckt in jedem: Menschen finden es schön, wenn ihnen geschmeichelt wird. Für ein bisschen Zuneigung sehen sie auch darüber hinweg, dass der Schmeichler ein egoistisches Ziel verfolgen könnte. Wer Karriere machen will, kann sich deshalb ein Beispiel an den Ministern des amerikanischen Präsidenten nehmen, die kürzlich zum ersten Mal zusammentrafen und sich in Lobpreisungen ihres Chefs förmlich überschlugen.

Schmeicheln und loben gehören zu den erfolgreichsten Strategien, um andere zu beeinflussen. Für das Berufsleben erforscht das die Wirtschaftspsychologie. Verschiedene Studien zeigen: Menschen, die Vorgesetzten und Personalern interessiert zuhören, zustimmend zunicken und zeigen, dass sie sie wertschätzen, werden eher eingestellt, bekommen ein höheres Gehalt und bessere Beurteilungen.

Natürlich zahlt kein Chef bewusst für Komplimente. Doch wenn der Arbeitnehmer ihm angenehm auffalle, ihn bestärke und so seine Stimmung erhelle, vergrößere das dessen Bereitschaft, von den eigenen Vorstellungen abzuweichen, sagt Gerhard Blickle. Als Professor leitet er die Abteilung für Arbeits-, Organisations- und Wirtschaftspsychologie der Uni Bonn. Vorschläge eines schmeichelnden Angestellten werden demnach weniger kritisch beäugt, die ein oder andere unerfüllte Voraussetzung in einer Stellenbeschreibung findet der Entscheider nicht mehr schwierig.

Ob die Wertschätzung durch den Bewerber oder Arbeitnehmer ernst gemeint oder geheuchelt ist, spiele für den Erfolg keine Rolle, sagt Blickle: "Hauptsache, es kommt authentisch rüber." Entscheidend ist dafür die Sicht des Betrachters, und der sei bei der Bewertung besonders großzügig. Das heißt: Während der unbeteiligte Zuhörer eine Lobeshymne schon als peinlich empfindet, fühlt sich der Adressat dabei noch wohl. "Aus der Perspektive desjenigen, der im Mittelpunkt steht, kann man nicht viel falsch machen - die meisten Leute sind ziemlich empfänglich dafür, gelobt zu werden", sagt Blickle.

Während die Deutschen traditionell nur selten loben, ist es für Donald Trump und seine Minister kulturelle Normalität: "Wenn du nichts Nettes über jemanden zu sagen hast, sag lieber gar nichts" - das berühmte Zitat aus dem Disney-Film "Bambi" haben viele Menschen in den Vereinigten Staaten verinnerlicht.

"Während Beobachter ein Lob als überzogen empfinden, denkt der Narzisst, er habe es verdient."

Dass Donald Trump mit selbstzufriedenem Lächeln dabei zusieht, wie seine Minister sich in ihren Anbiederungen zu übertreffen versuchen, lässt sich damit allein allerdings nicht erklären. Auch in amerikanischen Medien wurde diskutiert, dass die Trump-Lobgesänge den Gipfel der Peinlichkeit erreicht hätten.

Donald Trump sei jemand, der ein außerordentliches Bedürfnis danach habe, dass Leute positiv über ihn reden, "ein Narzisst", sagt Blickle. "Während Beobachter ein Lob als wirklich überzogen empfinden, denkt der Narzisst, er habe es wirklich verdient." Da kann der Schleimanteil noch so hoch sein: Der Narzisst fühlt sich in seiner Sicht der Dinge schlicht bestätigt. Wenn den US-Ministern etwas an ihren Ämtern liegt, haben sie sich mit ihrem verbalen Kniefall lehrbuchartig verhalten.

Menschlich mag man ihnen Heuchelei vorwerfen können. Doch die Rollenverteilung drängt sie auch ein bisschen dazu. In seiner Position als US-Präsident ist Donald Trump auf Ergebenheit angewiesen. "Es ist entscheidend, dass ihm als Alphatier Tribut gezollt wird, auch wenn der bloß geheuchelt ist", sagt Blickle. Das wiederum ist in vielen hierarchisch organisierten Unternehmen ähnlich.

Deutsche Arbeitnehmer können deshalb von den US-Ministern lernen. Wer nach oben strebt, sollte seinem Chef so viel Anerkennung geben, wie es diesem angenehm ist und die Vorstellung von seiner eigenen Rolle verlangt - wahrscheinlich entspricht sie nicht der eines amerikanischen Superpräsidenten. Wirtschaftspsychologe Uwe Kanning von der Hochschule Osnabrück schätzt, dass die meisten Führungskräfte in Deutschland sich als "nüchterne Entscheidungsträger" und "Macher" sehen.

"In der Regel dürfte Einschleimen im Beruf nur dann etwas bringen, wenn derjenige, bei dem man sich einschleimt, den Manipulationsversuch nicht als solchen bemerkt", sagt Kanning - das kann neben dem Vorgesetzten natürlich auch ein Geschäftspartner sein. Das Schleimen müsse also subtil geschehen. Das heißt: "Nicht die Krawatte loben, sondern in Diskussionsrunden zustimmend nicken, sich insgesamt als ähnlich darstellen, auch wenn es um Hobbys oder Weltanschauung geht." Wer gut ist im Lesen von Gesichtern und dem Empfangen subtiler Signale, hat dabei Vorteile. Manche Menschen wüssten intuitiv, wer mehr Zuspruch sucht, wann der richtige Zeitpunkt ist und wie viel Lob der andere sich zugesteht, sagt Gerhard Blickle. Bei allen anderen helfe nur üben. Zum Beispiel mit einem selbstgewählten Mentor und Berater, den man in diesen Dingen für kompetent hält.

Wer seinen Vorgesetzten vor einem größeren Publikum lobt, gilt schnell als Arschkriecher

Karriereberaterin Kristina Erhart empfiehlt, Anerkennung unter vier Augen auszusprechen: "Wenn man sich in größerer Runde von den anderen abhebt und den Chef lobt, wirkt das eindeutig wie Schleimen", sagt Erhart. Und das Lob sollte sich immer im beruflichen Kontext bewegen. "Sie fahren ein tolles Auto. Waren Sie beim Friseur? - das kommt fadenscheinig rüber, davon rate ich ab", sagt sie.

Als Einflussstrategie funktioniere Lob am besten, wenn es möglichst allgemein gehalten sei, sagt der Psychologe Blickle. Auch das haben die US-Minister gut vorgemacht. "Wenn jemand die wundervolle Zusammenarbeit lobt, dann geht das schneller ins Hirn, als wenn er beteuert, der dritte Absatz auf Seite 24 eines neuen Gesetzes sei besonders gut gelungen", erklärt er. Bis man alle Regeln des subtilen Anbiederns beherrsche, riskiere man jedoch, dass man bei Arbeitgebern und Kollegen "eher als Arschkriecher denn als charming boy" gelte.

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