Anne-Marie Slaughter im Interview:"Frauen glauben nicht, dass die Männer das mit den Kindern hinkriegen"

Anne-Marie Slaughter im Interview: "Ich wäre vermutlich lieber für eine Arbeit in der Außenpolitik bekannt geworden", sagt Anne-Marie Slaughter.

"Ich wäre vermutlich lieber für eine Arbeit in der Außenpolitik bekannt geworden", sagt Anne-Marie Slaughter.

Die amerikanische Politologin Anne-Marie Slaughter spricht in der SZ über die Planbarkeit von Kind und Karriere und über weiblichen Sexismus.

Von Alexandra Borchardt

Anne-Marie Slaughter hatte einen Chefposten im Außenministerium von Hillary Clinton, doch sie stieg aus, um sich besser um ihre Familie kümmern zu können. Einer ihrer Söhne im Teenager-Alter machte damals schwere Probleme. Für die Zeitschrift The Atlantic schrieb sie schließlich einen Artikel über die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und wurde dadurch weltbekannt.

"Ich wäre vermutlich lieber für eine Arbeit in der Außenpolitik bekannt geworden", sagt Anne-Marie Slaughter im Interview mit der SZ. "Andererseits ist Außenpolitik elitär. Es gibt nichts dort, mit dem sich Millionen Menschen identifizieren können."

"Natürlich startet man mit der Absicht, alles sollte 50:50 geteilt werden"

Inzwischen hat ihr Ehemann eine Führungsrolle in der Familie übernommen. "Ich bekam größere Karrierechancen als mein Mann. Natürlich startet man mit der Absicht, alles sollte 50:50 geteilt werden, aber nehmen wir an, es kommt anders: Wer wird mehr daheim bleiben, umziehen, auf Teilzeit gehen, so dass der andere eine tolle Beförderung akzeptieren kann?" Über solche Dinge sollten Paare frühzeitig sprechen, so Slaughter.

Das Problem sei allerdings vor allem der Kapitalismus, der sich nicht mit dem Familienleben vertrage. "Ich lehne die Kultur des Geldes und der ununterbrochenen Arbeit ab. Wenn jemand sagt, "Ich arbeite rund um die Uhr", wird das positiv gesehen." Niemand würde sagen: "Was, Sie haben Kinder und arbeiten rund um die Uhr, was ist los mit Ihnen?"

Es reiche nicht mehr aus, wenn Väter ihre Kinder ernähren, "sie sollen sie auch großziehen", sagt Anne-Marie Slaughter. Gleichzeitig betont sie, dass es in Amerika einen weitverbreiteten weiblichen Sexismus gebe. "Frauen glauben nicht, dass die Männer das mit den Kindern hinkriegen. Sie sind nicht bereit, die Herrschaft zu Hause abzugeben." Sie selbst wollte lange, dass ihr Mann zwar Zeit investiert, sie dabei aber trotzdem der wichtigste Elternteil bleibe. "Aber wenn ich die bessere Karriere habe, kann ich nicht der wichtigste Elternteil sein."

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