Ängste im Berufsalltag:Mut tut gut - auch im Vorstellungsgespräch

Ein Termin beim zornigen Chef oder eine Präsentation vor dem Vorstand: Im Berufsalltag jagen uns zahlreiche Situationen Angst ein. Führungskräfte-Trainerin Bettina Stackelberg verrät, wie man negative Gefühle bekämpft und sich dabei nichts anmerken lässt.

Stefan Schröter

Wer geht schon gerne ins Bewerbungsgespräch? Und mal ehrlich - wer fühlt sich wohl in den Anfangstagen im ersten Job? Alles ist neu und fremd, überall lauern Fallstricke. Selbst für Altgediente haben es viele Situationen noch immer in sich. Bettina Stackelberg zeigt in ihrem Buch "Angstfrei arbeiten. Selbstbewusst und souverän im Job" (Verlag C. H. Beck, 2010), wie man sich Ängsten am besten stellt. Die Germanistin und Autorin gibt Seminare für Teams und Führungskräfte.

Schwimm-WM 2011

Wie ein Sprung ins kalte Wasser: Im Beruf dürfen wir uns von abschreckenden Situationen nicht einschüchtern lassen.

(Foto: dpa)

SZ:Wie nervös darf man bei einem Bewerbungsgespräch sein?

Stackelberg: Gute Personaler wissen, dass Bewerber in der Regel nervös sind. Das dürfen sie auch sein, denn es geht schließlich um etwas. Nervosität ist ja ein Zeichen von Konzentration und Ernsthaftigkeit.

SZ: Dennoch: Was hätten Sie für Tipps, damit man beim Bewerbungsgespräch entspannter ist?

Stackelberg: Man sollte seine Nervosität nicht dadurch steigern, dass man versucht, sie krampfhaft zu verbergen. Das sieht das Gegenüber sowieso. Es ist viel besser, die Flucht nach vorne zu ergreifen und die Nervosität charmant anzusprechen. Ein guter Personaler bringt im Zweifelsfall Verständnis dafür auf. Ein anderer Tipp: Das Atmen nicht vergessen, vor allem das ruhige Ausatmen. Das kann sonst die Stimme negativ beeinflussen. Auch die Hände sollten nicht nervös unterm Tisch rumspielen, sondern auf den Tisch gelegt werden, um so dagegenzusteuern.

SZ: Was sind das für Ängste, die bei einem Vorstellungsgespräch aufkommen?

Stackelberg: Gerade Berufseinsteiger neigen zu einem ungesunden Perfektionsdrang. Wenn ich diesen Anspruch habe, dann steht mir meine Nervosität garantiert im Weg. Ich plädiere dafür, den Unterschied zu machen: Will ich der Beste sein, oder will ich mein Bestes geben? Die zweite große Angst, die ich in Gesprächen immer erlebe, ist die vor "bösen" Personalern. In der Regel aber würde ein Personaler den Teufel tun, den Bewerber fertigzumachen. Er will ihn kennenlernen, herausfinden, ob er zur Stelle passt, und deswegen fragt er auch mal ein bisschen unbequemer nach.

SZ: Sie schreiben, dass alle in einem Unternehmen, vom Sachbearbeiter bis zum Chef, unter Ängsten leiden können. Warum sind die so verbreitet?

Stackelberg: Das hat mehrere Gründe. Zum einen weil unsere Arbeitswelt schnelllebiger und Arbeitsplätze unsicherer geworden sind. Zum anderen nehmen Ängste zu, wenn man sich ihnen nicht stellt. Wir leben in einer Gesellschaft, die nach außen angstfrei zu sein hat.

SZ: Was sind typische Mitarbeiter-Ängste?

Stackelberg: Ich erlebe in Gesprächen sehr häufig ein unreflektiertes Verhältnis zu den eigenen Stärken - nach dem Motto: Oh Gott, alle anderen Kollegen sind besser! Was aber nicht stimmt. Das steigert sich bis zu Versagensängsten. Oft sehe ich in Seminaren auch eine Angst vor dem Nein-Sagen: Ich muss alles, was mir gesagt wird, erfüllen, denn sonst verliere ich meinen Job. Dadurch setzen sich die Betroffenen unter Druck und merken vielleicht gar nicht, dass sie längst ausgenommen werden.

SZ: Glauben Sie, dass solche Ängste im Berufsalltag berechtigt sind?

Stackelberg: Wenn sie uns krank machen, sind sie unberechtigt. Natürlich gibt es auch Betriebe, wo Chefs mit Angst operieren. Da muss man sich jedoch sagen: Entweder ich brauche diesen Job, dann schimpfe ich aber nicht mehr und lege mir ein dickes Fell zu. Oder ich versuche einen neuen Job zu finden, weil ich an dem bisherigen zugrunde gehe.

SZ: Wie kann ich es schaffen, dieser Situation zu entkommen, ohne den Job zu wechseln?

Stackelberg: Mit Mut. Wenn ich merke, dass mir etwas nicht mehr gut tut, muss ich überlegen, woran das liegt, und versuchen, das zu ändern. Außerdem hilft es, darüber zu reden und zu sehen, dass es anderen ähnlich geht.

SZ: Woran merkt man, dass man sich nicht mehr selbst helfen kann?

Stackelberg: Wenn ich anfange, mich im Kreis zu drehen, und Reden keine Erleichterung mehr verschafft. Es gibt auch körperliche Anzeichen: Wenn ich nicht mehr schlafen kann, einen nervösen Magen habe oder schnell ungehalten reagiere.

SZ: An Ihrer Pinnwand steht "Der Weg ist da, wo die Angst ist". Warum ist Ihnen dieser Spruch so wichtig?

Stackelberg: Wir neigen dazu, der Angst aus dem Weg zu gehen. Sie holt uns aber immer wieder ein und will uns etwas Wichtiges sagen. Deshalb ist es besser, sie anzunehmen und hinzuhören.

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