Abfindungen:Versüßte Kündigung

Verhandeln Firma und Ex-Mitarbeiter die Höhe der Abfindung, geht es oft zu wie auf einem Basar. Welche Rechte Gekündigte haben - und wie sie möglichst geschickt verhandeln.

Wer sich mit seiner Kündigung nicht abfinden will, tut es nach einer Abfindung dann oft doch. Genau das ist der Sinn der Sache: Die Abfindung macht es dem Arbeitnehmer leichter, den Betrieb zu verlassen, in dem ihn der Arbeitgeber nicht mehr haben will oder brauchen kann. Und sie mildert die Folgen, wenn jemand unter Umständen sogar kurzfristig seinen Job verliert.

"Sie hat eine Überbrückungs-, Ausgleichs- und Entschädigungsfunktion", erklärt Martina Perreng, Arbeitsrechtsexpertin beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) in Berlin. "Einen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung gibt es aber nicht", schränkt Perreng ein.

Abfindung als Standardlösung

Dass jede Kündigung durch einen "goldenen Handschlag" abgefedert wird, wäre wohl auch zu schön, um wahr zu sein. Einfach gesagt sind Abfindungen die Standardlösung für das Dilemma eines Arbeitgebers, der Mitarbeitern kündigen möchten, aber keinen stichhaltigen Grund dafür hat.

"Bei groben Pflichtverletzungen gibt es natürlich keine Abfindung", erläutert Jobst-Hubertus Bauer, Arbeitsrechtler in Stuttgart. Anders ist die Sachlage, wenn der Mitarbeiter aus Sicht des Arbeitgebers zwar keine Spitzenkraft ist, aber sich nichts arbeitsrechtlich Relevantes zuschulden kommen lässt: "Auch wenn jemand wenig Initiative zeigt, Fehler produziert und schlechte Arbeit macht, ist es schwer, ihm zu kündigen."

In solchen Fällen bleibe dem Arbeitgeber wenig übrig, als eine "einvernehmliche Lösung" zu finden - und das heißt im Klartext, eine Abfindung zu zahlen. Oft komme der Arbeitgeber von sich aus auf den Mitarbeiter zu. "Das geht dann zu wie auf dem arabischen Basar. Der Arbeitgeber darf nicht von vorneherein zu viel bieten, der Arbeitnehmer verlangt üblicherweise mehr", hat Bauer beobachtet.

50 Millionen Euro für Wiedeking

Die Höhe der Abfindung hängt von den Chancen des Arbeitgebers ab, die Kündigung durchzusetzen. "Je besser sie sind, umso weniger wird er anbieten", sagt Bauer. Nur äußerst selten geht es dann um solche Dimensionen wie in dem Fall von Wendelin Wiedeking, den Bauer jüngst rechtlich vertreten hat. Der Porsche-Chef hat schließlich von seinem Arbeitgeber 50 Millionen Euro zugesprochen bekommen.

Für gewöhnliche Arbeitnehmer hat auch die Wirtschaftslage einen erheblichen Einfluss auf die Verhandlungen: "Bei geringer Arbeitslosigkeit stehen die Chancen auf eine schnelle Einigung besser", sagt Bauer.

Auf der nächsten Seite: Wie die Faustformel für die Berechnung einer Abfindung lautet - und warum sich künftig immer mehr Unternehmen vor Gericht einfinden dürften.

Wiedersehen vor Gericht

Faustformel als grobe Orientierung

Wenn der Arbeitnehmer fürchten muss, längere Zeit keine neue Stelle zu finden, dürfte das aus seiner Sicht notwendig machen, etwas mehr zu bekommen. "Für viele Firmen gibt es aber auch eine Schmerzgrenze, gerade für Mittelständler oder kleinere Betriebe", sagt Bauer. Die Zahl der Fälle, bei denen sich beide Seiten nicht einigen und die deshalb vor Gericht landen, dürfte deshalb zunehmen.

Eine gesetzliche Regelung zur Höhe der Abfindung gibt es nicht: "Was letztendlich dabei herauskommt, hängt von der Verhandlungssituation ab", erklärt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht in Köln. Die Faustformel lautet zwar "ein halbes Monatsgehalt pro Jahr der Betriebszugehörigkeit", aber das kann nur eine grobe Orientierung sein.

Mündliche Abmachungen sind nicht bindend

Realistischerweise sei von einer Spannbreite zwischen 0,2 und drei Monatsgehältern auszugehen - "drei Monatsgehälter sind allerdings schon sehr ambitioniert." Unterschiede gibt es auch zwischen einzelnen Branchen.

Und auf noch etwas sollten Arbeitnehmer besser achten: Mündliche Abmachungen über die Abfindung sind eine schöne Sache, aber auf sie ist kein Verlass. "Wirksam ist der Vertrag nur, wenn er schriftlich geschlossen wird", erläutert Bauer.

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