Abfindung:So versilbern Sie sich den Abschied

Lesezeit: 4 min

Entschädigung für den Jobverlust: Wer einige Dinge beachtet, kann von der Kündigung zumindest finanziell profitieren. (Foto: schwede-photodesign - Fotolia)

Job weg, Taschen voll? Ganz so einfach ist es leider nicht, denn Arbeitnehmer haben keinen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung. Mit der richtigen Taktik lässt sich dennoch einiges holen. Was Betroffene beachten müssen.

Von Catrin Gesellensetter

Das deutsche Abfindungsgesetz ist eine feine Sache. Die Gewissheit, im Fall einer Kündigung ein hübsches Sümmchen zu erhalten, hat schon vielen Beschäftigten den Nachtschlaf gerettet - und das, obwohl die Regelung einen recht massiven Schönheitsfehler hat: Es gibt sie nämlich gar nicht.

"Entgegen einem verbreiteten Vorurteil kennt das deutsche Arbeitsrecht weder ein spezielles Abfindungsgesetz noch sieht es im Fall einer Kündigung stets einen Anspruch auf Abfindung vor", erläutert Stephan Altenburg, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus München.

Mit anderen Worten: Wer seinen Job verliert, bekommt längst nicht immer - und schon gar nicht automatisch - ein Bündel Geld mit auf den Weg. Hoffnungslos ist die Lage trotzdem nicht. Mit der richtigen Taktik lässt sich die Freigiebigkeit des Arbeitgebers durchaus steigern. Was Betroffene wissen sollten.

Warum gibt es keinen fixen Anspruch auf Abfindung?

Schuld ist der sehr weit gehende Kündigungsschutz, den deutsche Arbeitnehmer genießen. Unternehmen, die einen Mitarbeiter loswerden wollen, brauchen nach dem Gesetz klar definierte Gründe. Deren Vorliegen kann der Betroffene gerichtlich überprüfen lassen mit einer Kündigungsschutzklage. Die jedoch kann nur auf zweierlei Weise enden: Entweder das Gericht erklärt den Rauswurf für unwirksam. Dann darf der Arbeitnehmer seinen Job behalten und braucht keine Abfindung. Oder die Kündigung ist rechtens. Dann ist der Jobverlust zu akzeptieren - auch ohne finanzielle Kompensation.

Wann können Arbeitnehmer dennoch auf eine Zahlung hoffen?

Die (oft schwierig zu beantwortende) Frage, ob der Rauswurf im konkreten Fall zulässig war, wird nicht in jedem Verfahren abschließend geklärt. Häufig einigen sich die Parteien auf einen Vergleich: Der Arbeitgeber verpflichtet sich darin, seinen früheren Mitarbeiter für den Verlust des Arbeitsplatzes zu entschädigen. Im Gegenzug akzeptiert dieser die Kündigung. Eine Lösung, die für beide Seiten Vorteile bringt: Das Unternehmen kauft sich vom Risiko eines langwierigen Prozesses frei, der Arbeitnehmer muss nicht zu einem Chef zurück, der ihn nicht mehr haben will.

"Der Anteil derer, die per Kündigungsschutzklage tatsächlich ihre alte Stelle zurückwollen, liegt im einstelligen Prozentbereich", so die Erfahrung von Frauke Biester, Fachanwältin für Arbeitsrecht aus Düsseldorf. "In den übrigen Fällen geht es nur noch ums Geld."

Müssen Beschäftigte stets klagen, um eine Abfindung zu erhalten?

In der Regel ja. Allerdings gibt es Sonderkonstellationen. Mitunter enthalten Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen spezielle Regelungen zum Thema Abfindung. Gleiches gilt für Sozialpläne, die zum Beispiel bei Umstrukturierungen ausgehandelt werden.

Weiterer Sonderfall: Nach Paragraf 1a des Kündigungsschutzgesetzes haben Arbeitnehmer, die von vornherein auf eine Klage gegen eine betriebsbedingte Kündigung verzichten, Anspruch auf Abfindung in Höhe eines halben Monatsverdienstes pro Beschäftigungsjahr. Das Geld gibt es allerdings nur, wenn der Unternehmenschef bereits im Kündigungsschreiben klarmacht, dass er sich aus betrieblichen Gründen von dem Mitarbeiter trennen muss und dass dieser die Abfindung nur beanspruchen kann, wenn er die dreiwöchige Klagefrist verstreichen lässt. "In der Praxis ein eher seltener Fall", erklärt dazu der Münchner Arbeitsrechtsexperte Altenburg.

Grundsätzlich sind die Beträge frei verhandelbar. Als Faustregel gilt jedoch: Je besser die Erfolgsaussichten des Arbeitnehmers im Kündigungsschutzprozess, desto höher ist meist die Bereitschaft des Arbeitgebers, für die Abfindung etwas tiefer in die Tasche zu greifen. "Wenn die Chancen im Prozess etwa fifty-fifty stehen, ist ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr ein üblicher Kompromiss", sagt Rechtsanwältin Biester. "Wer mehr will, muss gute Argumente haben."

Meist beeinflussen zudem das Alter des Gekündigten, seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt und die Dauer der Betriebszugehörigkeit die Höhe der Abfindung. Betagtere Mitarbeiter, die jahrzehntelang für ein Unternehmen gearbeitet haben, dürfen daher mehr erwarten als ein Mittzwanziger, der im zweiten Berufsjahr gekündigt wird.

Wie viel ist ein Monatsgehalt?

Diese Frage wird immer dann zum Problem, wenn ein Arbeitnehmer neben seinem Fixgehalt auch variable Vergütungsbestandteile bezogen hat. "In diesen Fällen müssen die Parteien verhandeln, ob und in welchem Umfang zum Beispiel Boni, Tantiemen oder Provisionen bei der Berechnung der Abfindung zu berücksichtigen sind", erläutert Rechtsanwalt Altenburg.

Gerade um Letztere werde in der Praxis oft heftig gestritten - vor allem, wenn der Mitarbeiter für die Dauer der Kündigungsfrist freigestellt sei, also gar keine Möglichkeit mehr habe, erfolgsabhängige Zuschläge zu erwirtschaften. "Manchmal lässt sich dieser Konflikt lösen, indem man die Provisionen des Mitarbeiters in den zwei Jahren vor Ausspruch der Kündigung als Berechnungsbasis heranzieht", so der Experte. "Am Ende entscheidet aber hier das individuelle Verhandlungsgeschick."

Schmälert die Abfindung den Anspruch auf Arbeitslosengeld?

Normalerweise nicht. Wenn sich der scheidende Kollege seinen Job allerdings vor Ablauf der Kündigungsfrist abkaufen lässt - also gegen Zahlung einer Abfindung eher geht, als er müsste, können sich Veränderungen ergeben. "In diesen Fällen gehen die Arbeitsagenturen davon aus, dass die Abfindung eine Kompensation für die verkürzte Kündigungsfrist ist, und lassen den Anspruch auf Arbeitslosengeld erst einmal ruhen", sagt Biester.

Anders als bei einer Sperrzeit bedeutet das aber nicht, dass der Erwerbslose insgesamt weniger Geld vom Amt bekommt. Der Beginn der Zahlung des Arbeitslosengeldes wird lediglich nach hinten verschoben.

Wie viel bekommt das Finanzamt?

Abfindungen müssen in voller Höhe versteuert werden. Oft lässt sich die Belastung aber über die sogenannte Fünftelregelung mildern. Dabei wird in einem ersten Schritt die Einkommenssteuer für das reguläre Jahreseinkommen errechnet. Schritt zwei rechnet ein Fünftel der Abfindung zum Einkommen hinzu - und ermittelt auf diese Summe die Steuer. Die Differenz der beiden Summen ergibt nun die Steuer für ein Fünftel der Abfindung. Das Fünffache dieser Differenz bildet also die Steuer für die gesamte Abfindung. Ein recht komplexes Verfahren, von dem aber zumindest niedrigere Einkommen profitieren können. "Arbeitnehmer, die ohnehin den Spitzensteuersatz zahlen, haben durch die Fünftelregelung hingegen keine Vorteile", so Rechtsanwalt Altenburg.

© SZ vom 14.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Manager-Typologie
:So nicht, Chef!

Er kritisiert Sie vor versammelter Mannschaft, auf sein Wort ist kein Verlass? Oder lässt Ihr Chef alles schleifen und tut so, als wäre er Ihr bester Freund? Vom Tyrannen bis zum Kumpel-Typ - ein Überblick über die häufigsten Chef-Typen und wie man mit ihnen umgeht.

Von Sibylle Haas, Hannah Wilhelm und Verena Wolff

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: