Skurriles Bewerbungsvideo für Google:"Ich habe einen Schnurrbart - also verdiene ich den Job"

Matthew Epstein will unbedingt einen Job bei Google. Weil er auf seine herkömmlichen Bewerbungen keine Antwort bekam, klebte er sich einen falschen Schnurrbart an, zog die Hosen aus und drehte ein Bewerbungsvideo. Wie Google darauf reagierte, überraschte auch ihn selbst.

Maria Holzmüller

"Ich bin ein Mann mit einem Schnurrbart, der selbst Engel zum Weinen bringt" prahlt Matthew Epstein in einem kurzen Video auf seiner Webseite, während er in Anzug und Krawatte einem antiken Ohrensessel lümmelt und ein Glas Brandy in der Hand schwenkt. Wen das interessieren soll? Google. Denn genau dort möchte Marketing-Experte Epstein einen Job. Unbedingt. Nur deshalb drehte der seinen vierminütigen Film und richtete eine eigene Webseite ein: googlepleasehire.me

Inzwischen interessiert der ungewöhnliche Bewerbungsfilm nicht nur Google, sondern Menschen auf der ganzen Welt. Innerhalb von sechs Tagen wurde das Video bereits mehr als 300.000 Mal abgerufen. Der exzentrische Typ mit dem buschigen Schnurrbart, der im Film in weißen Boxershorts aber mit Sakko an seinem Schreibtisch sitzt und über sich selbst spricht ("Das tue ich besonders gern") fasziniert nicht nur Personaler. Erst am Ende des Films löst er einen Teil seines Geheimnisses: Der buschige Schnurrbart ist eine Fälschung, aber: "Eines kann ich Euch versichern, Google - ich bin ein echter Marketingexperte".

Dass er die Massen erreicht, hat Epstein mit seiner Kampagne bewiesen. Fans aus der ganzen Welt wünschen Ihm auf Facebook, Twitter oder per E-Mail Glück - und auch Google hat inzwischen angerufen.

Zwei Stunden vor seinem wichtigsten Vorstellungsgespräch findet der einfallsreiche Bewerber trotzdem noch Zeit für ein kurzes Gespräch über Skype - um die Geschichte hinter seiner PR-Aktion zu erzählen. Gar nicht so einfach, klingelt doch allein innerhalb von 15 Minuten mehrmals sein Handy, der Twitter-Alarm piept und eine E-Mail nach der anderen trudelt ein.

sueddeutsche.de: Herzlichen Glückwunsch Herr Epstein, Ihre ungewöhnliche Bewerbung schlug ja richtig ein.

Matthew Epstein: Ja, ich bin auch noch völlig baff. Gerade erst habe ich einer brasilianischen Zeitung ein Interview gegeben - und schon bekomme ich unzählige E-Mails aus Brasilien. Dabei muss ich mich jetzt dann eigentlich auf mein Vorstellungsgespräch mit Google vorbereiten.

sueddeutsche.de: Hatten Sie sich zuvor schon auf regulärem Weg bei Google beworben?

"Bitte stellt mich ein"

Epstein: Nein, bislang habe ich mich immer bei kleineren Unternehmen beworben. Zuletzt habe ich 20 Bewerbungen rausgeschickt - und keine einzige Antwort bekommen. Noch nicht einmal eine Absage. Also wurde mir klar, dass ich mit einer herkömmlichen Bewerbung in diesen Krisenzeiten keinen Job bekommen würde.

Matthew Epstein

Inszeniert sich in seinem Bewerbungsvideo mit falschem Schnurrbart selbst: Matthew Epstein.

(Foto: googlepleasehire.me)

sueddeutsche.de: Wie kam Ihnen dann die Idee zu googlepleasehire.me?

Epstein: Nachdem keine meiner Bewerbungen zum Erfolg führte, war ich so verzweifelt, dass ich einfach nur hoffte, irgendjemand möge mich einstellen. Als ich mich die Worte "bitte stellt mich ein" sagen hörte, habe ich einfach mal nachgeschaut, ob die Seite googlepleasehire.me noch verfügbar war . Ohne groß nachzudenken habe ich mir die Adresse gesichert.

sueddeutsche.de: Warum ausgerechnet Google?

Epstein: Ich will für ein Unternehmen arbeiten, das Millionen von Menschen erreicht und wo ich mit meiner Arbeit das Leben meiner Freunde berühre. Ich selbst benutze alle Google-Produkte, alle meine Freunde nutzen Google, die halbe Welt nutzt Google. Ich habe gar nicht erst nach facebookpleasehire.me oder ähnlichen Adressen gesucht. Der zweite Grund war: In der Position, in der Google sich gerade befindet, können sie es sich leisten, die besten und die schlauesten Bewerber einzustellen. Und ich will mich mit lauter intelligenten Leuten umgeben. In gewisser Weise ist mein Ziel, der dümmste Mensch im Raum zu sein. Bei Google könnte mir das gelingen.

sueddeutsche.de: Warum der Schnurrbart? Warum die Boxershorts?

Epstein: Die Idee mit dem Schnurrbart und den Boxershorts hatte ich schon vor zwei Jahren. Damals habe ich überlegt, wie ich mich als Marke aufbauen könnte. Um mich herum hatten alle Leute professionelle Fotos, teure Anzüge - sie sahen irgendwie alle gleich aus. Also überlegte ich, wie ich mich von der Masse abheben könnte: Ohne Hosen und mit Schnurrbart war ich mir sicher, dass ich auffallen würde. Also hab ich meine persönliche Marke einfach in das Video einfließen lassen. Und die Leute scheinen Menschen ohne Hose zu mögen.

sueddeutsche.de: In dem Video stolzieren Sie durch luxuriös ausgestatte Räume. Wo entstand der Film?

Epstein: Das Video wurde in der Ivy Hall, einer historischen Villa in Atlanta gedreht. Die Leute dort habe ich so lange angebettelt, bis sie mir die kurzen Dreharbeiten erlaubten. Aber ich erzähle natürlich gerne, dass das mein Haus ist.

sueddeutsche.de: Das Video wurde mit ziemlich großem Aufwand gedreht. Was haben Sie sich davon erhofft?

Nichts als ein egoistisches Video

Epstein: Ich wollte schon, dass das Video viral wird - ich hätte es toll gefunden, wenn tausend Leute es angeklickt hätten. Inzwischen sind es schon über 300.000; Dass die ganze Welt jetzt ein Video sieht, das ursprünglich nur die Google-Personalabteilung sehen sollte, ist natürlich toll. Ich stellte den Film um neun Uhr abends online. Bevor ich ins Bett ging, hatte das es auf Facebook an die 100 Likes und ein paar Tweets. Am nächsten Morgen stand ich auf und fand mich auf vielen Webseiten wieder - das Video ist über Nacht geradewegs explodiert.

sueddeutsche.de: Wie lange hat es gedauert, bis Google sich gemeldet hat?

Epstein: Ich habe sofort zahlreiche Jobangebot bekommen. Google meldete sich aber erst drei Tage später bei mir - genau wie Amazon und Microsoft. Lustig war jedoch, dass Google mein Video überhaupt nicht erwähnt hat im Gespräch. Bislang wollten sie nur wissen, was ich bisher gemacht habe, was ich mir von Google erhoffe - und heute Nachmittag habe ich das erste richtige Vorstellungsgespräch am Telefon. Wenn das gut läuft, werde ich wohl zu einem persönlichen Gespräch eingeladen. Auch Microsoft und Amazon haben sich schon bei mir gemeldet. Und jede Menge Google-Mitarbeiter, die mir Erfolg wünschen.

sueddeutsche.de: Wie reagieren andere Jobsuchende auf Ihre Kampagne?

Epstein: Das ist eigentlich das Schönste an der Aktion: Ich habe bislang über 1000 E-Mails aus der ganzen Welt bekommen, viele schreiben, ich hätte sie inspiriert und ermutigt, ebenfalls für ihren Traumjob zu kämpfen. Dabei habe ich doch eigentlich nur ein ganz egoistisches Video gemacht, um mir selbst einen Job zu besorgen.

Wie erfolgreich sein Vorstellungsgespräch mit Google war, will Matthew Epstein in den kommenden Tagen auf seinem Blog verkünden.

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